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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Wagen
    Hem hatte es satt zu laufen. Seit geraumer Zeit, die sich wie fünf-zigjahre anfühlte, hatte er täglich auf dem Boden geschlafen und war frierend und steif beim ersten Licht der Morgendämmerung erwacht, um den ganzen nächsten Tag wieder zu laufen. Obendrein handelte es sich um kein gewöhnliches Gehen. Er und seine Gefährten, Saliman von Turbansk und Soron von Til Amon, stolperten durch eine unwirtliche, sumpfige Landschaft, und sie woben ständig Banne Glimmerschleier, Schattenlabyrinthe, Schilde -, um sich vor etwaigen Kundschaftern oder Patrouillen der Schwarzen Armee zu verbergen. So vor sich hinzuschleichen, war erschöpfend. Er hatte es satt, sich von Nüssen, Dörrobst und Pökelfleisch zu ernähren. Er hatte alles satt.
    Mit Gedankensprache teilte Hem seine Gefühle Irc mit, der weißen Krähe, die als sein ständiger Begleiter auf seiner Schulter kauerte. Abgesehen davon, dass dies die einzige Möglichkeit war, mit Irc zu sprechen, bot sie den Vorteil, dass die anderen ihn nicht hören und tadeln konnten.
    Wenn wir in Til Amon eintreffen, sagte Hem, werde ich einen ganzen Tag lang schlafen. Nein, zuerst werde ich essen. Eine große, eine riesige Mahlzeit. Am Spieß gebratenes Lamm, vor Saft triefend, dazu geröstete Rüben, Karotten und Zwiebeln. Und Gewürzäpfel. Allein beim Gedanken daran lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Und dann werde ich schlafen. Und niemand wird mich wecken, bis ich aufwachen will.
    Irc legte den Kopf schief und musterte ihn mit einem Auge. Du bist ein Faulpelz, erwiderte er. So schlimm ist es nicht. Wenngleich ein wenig frisches Fleisch schon köstlich wäre.
    Du hattest gestern eine Jungtaube, gab Hem zurück. Und hast sie nicht geteilt! Irc ließ keine Reue erkennen. Ihr hättet sie übers Feuer gehalten und dadurch verdorben, erklärte er. Und überhaupt, sie war sehr dürr. Es hat gerade für mich gereicht.
    Ach, das verstehst du nicht, sagte Hem. Du bist nur eine dumme Krähe. Flieg weg. Du bist zu schwer.
    Irc sträubte das Gefieder, ein Zeichen seiner Kränkung. Ich bin eine sehr kluge Krähe, widersprach er. Ich bin der Bote des Königs. Und ich habe dich aus Dagra gerettet.
    Das ändert nichts daran, dass du der lästigste Vogel bist, den ich je kennen gelernt habe, murrte Hem.
    Irc zwackte Hem scharf ins Ohr, stieß sich von seiner Schulter ab und schwang sich gen Himmel. Hem seufzte ungeduldig und bedauerte sofort, was er gesagt hatte. Es tut mir leid!, rief er. Ich hab das nicht so gemeint, Ire! Ich bin bloß müde, das ist alles.
    Irc erwiderte nichts. Hem beobachtete ihn, bis er außer Sicht geriet. Später würde er schon zurückkommen, wahrscheinlich nachdem er ein wenig gejagt hatte, und vielleicht würde er Hem bis dahin vergeben haben. Oder auch nicht, je nachdem. »Hast du den Vogel beleidigt?«, fragte Saliman hinter ihm.
    »Der ist schon beleidigt, wenn man sich nicht ständig vor ihm verbeugt«, gab Hem gereizt zurück. »Jeden Tag wünschte ich, Ara-kin hätte ihn nie zu einem Boten ernannt. Seitjenem Augenblick bezahle ich dafür.«
    Saliman, ein dunkelhäutiger Barde aus Turbansk und Hems Lehrmeister, lachte. »Du und jeder Vogel, der ihm begegnet«, sagte er. »Andererseits wäre das Leben weit langweiliger, wenn du nicht Irc zum Zanken hättest. Sei guten Mutes, Hem. Es ist nicht mehr so weit bis nach Til Amon.« Er deutete auf einen Berg, der sich vor ihnen erhob. »Höchstens noch ein paar Tage, würde ich sagen, so das Licht will. Bisher hatten wir Glück. Ich denke, wir sind der Schwarzen Armee weit voraus, falls sie tatsächlich beabsichtigt, so weit in den Süden Annars zu marschieren.«
    Hem nickte. Er wusste, dass Saliman recht hatte; sie hatten Glück gehabt. Nachdem er und Irc aus den Glandugir-Hügeln nach Sjug’hakar Im, zu jenem albtraumhaften Lager zurückgestolpert waren, wo Kindsoldaten für die Schlacht ausgebildet wurden, und sich mit Saliman getroffen hatten, waren sie - sehr zu Ircs Missfallen - kurz zu den Barden in den Höhlen von Nal-Ak-Burat zurückgekehrt. Dort musste Hem eine unangenehme Unterhaltung mit Hared über sich ergehen lassen, der - trotz der Ergebnisse von Hems Ungehorsam fuchsteufelswild über seine Befehlsverweigerung in Sjug’hakar Im war. Hem jedoch war nach allem, was er durchgemacht hatte, vor allem nach der zermürbenden Reise quer durch Den Raven in dem fruchtlosen Versuch, seine Freundin Zelika zu retten, nicht in der Stimmung, sich schelten zu lassen. »Ich habe Dinge herausgefunden, die ihr

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