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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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gesagt hatte, sie wäre wie der Namenlose.
    Cadvan lauschte ihr schweigend und schattete mit einer Hand die Augen ab. »Ich weiß nicht, wie ich dir Trost spenden soll, Maerad«, meinte er, als sie verstummte. »Ich denke, deine Angst ist berechtigt. Was du sagst, ängstigt sogar mich. Dennoch darfst du nicht vergessen, dass du Maerad von Pellinor und auch die Feuerlilie bist. Du bist Hems Schwester, du bist meine teure Freundin, und wenn die Dinge halbwegs normal stünden, wärst du lediglich eine gewöhnliche Bardin, die verspätet ihr Studium der Überlieferungen Annars beginnt. Du musst dich daran erinnern, wie sehr du es magst, bei Sonnenschein in einem Garten zu sitzen und eine Birne zu essen.«
    Maerad lachte ob dieses unerwarteten Ratschlags auf. »Eine Birne essen?«, sagte sie. »Nun, ja, ich mag Birnen tatsächlich … aber was hat das mit irgendetwas anderem zu tun?«
    Cadvan lächelte sie durch das Zimmer hinweg an. »Maerad, je länger ich dich kenne, desto weniger sicher bin ich mir über irgendetwas. Aber ich bin bereit, mein Leben darauf zu verwetten, dass der Namenlose niemals in einem Garten sitzt, Obst isst und den Sonnenschein genießt. Ich denke, er hat seit langem vergessen, was solch schlichte Freuden bedeuten. Die Gesellschaft wahrer Freunde, der Geschmack guten Essens, die Blüten im Frühling, all die gewöhnlichen Dinge, die den Sinn und die Beschaffenheit des Lebens ausmachen - ihm bedeuten sie nichts. Er verabscheut alles, was vorübergehend ist, alles, was mit dem verstreichenden Tag vergeht, weil nichts davon ewig währt. Wenn er tatsächlich wie du ist, hat er die blinde Raserei des Kosmos gesehen; aber im Gegensatz zu dir begehrt er deren Unendlichkeit und Macht. Er will so endlos wie die Sterne sein, sich jedoch gleichzeitig an sich selbst klammern. Allerdings hat er in seinem Trachten nach dieser Unsterblichkeit alles verworfen, woraus eines Menschen Selbst besteht. Das hat er getan, als er seinen Namen abschüttelte. Die Dinge, die am meisten zählen, sind zerbrechlich und sterblich, doch genau aus diesem Grund verachtet er sie. Und so hat er gar nichts …«
    Cadvan verstummte, trat ans Fenster und starrte auf Inneil hinaus. Maerad schwieg und grübelte über seine Worte nach.
    »Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich auszudrücken versuche«, gestand Cadvan schließlich. »Ich vermute, was ich meine, ist: Du magst vieles sein, aber keine dieser anderen Kräfte, ganz gleich, wie außergewöhnlich sie sein mögen, können den Umstand auslöschen, dass du auch eine gewöhnliche junge Frau bist.« »Noch nicht«, erwiderte Maerad und dachte daran zurück, wie sie sich in reines Feuer verwandelt hatte, in etwas, das überhaupt nicht mehr sie war, und wie sie völlig vergessen hatte, wer sie eigentlich war. »Aber ich weiß nicht… Ich fürchte mich davor, dass ich völlig verschwinden könnte, dass ich so wie der Namenlose mein Selbst vergessen könnte …«
    »Wenn du dich davor fürchtest, musst du mit aller Willenskraft dagegen ankämpfen.« Cadvan drehte sich um und schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Maerad. In Wahrheit habe ich keine Ahnung, wovon ich da rede. All das übersteigt mein Wissen.«
    »Meines auch«, gab Maerad trocken zurück.
    Sobald Maerad in der Lage war, einen ganzen Tag außerhalb des Bettes zu verbringen, schritt ihre Erholung rasch fort, und sie und Cadvan begannen darüber zu reden, Inneil zu verlassen. Beide wussten, dass sie es sich kaum leisten konnten, Zeit zu verlieren, dennoch weigerte Cadvan sich, ihren Aufbruch auch nur in Erwägung zu ziehen, bis er völlig sicher war, dass es Maerad wieder uneingeschränkt gut ging. Trotz des Gefühls der Dringlichkeit, das in ihr schwelte, begehrte Maerad nicht allzu sehr dagegen auf; sie wusste, dass der Weg vor ihnen beschwerlich und sie stark dafür sein musste. Obendrein empfand sie es in Wahrheit als angenehm, Zeit mit ihren Freunden zu verbringen und durch die Straßen von Inneil zu schlendern, auch wenn es zumeist regnete. Bei solchen Spaziergängen kamen ständig Männer und Frauen auf sie zu, ergriffen ihre Hand und sprachen ihr stockend ihren Dank aus. Sie versuchte, so liebenswürdig wie möglich darauf zu antworten, kam jedoch nie ganz über ihre Verlegenheit hinweg.
    Hin und wieder, mal inmitten eines leutseligen Abendessens mit anderen Barden, mal, wenn sie vor einem Gebäude stehen blieb, das sie durch eine auffallend schöne Meißelei ansprach, mal, wenn sie betrachtete, wie das Licht

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