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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Vergnügen und Freude hinter sich zu lassen, wurde ihr die Stichhaltigkeit von Indiks Zweifeln bewusst, und ihr Unterfangen fühlte sich fadenscheinig an. Was hoffte sie eigentlich zu erreichen, selbst wenn sie aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz ihren Bruder fände? Und dennoch hatten sie, erinnerte sie sich, in Inneil einen Sieg errungen. Nur hatte sie nicht gewusst, dass ein Sieg so bitter schmecken konnte.

 
     
Die Schauspieler
    Hems Mund war so trocken, als wäre er voller Sand. Gleichzeitig schien sein Magen sich mit kaltem Wasser gefüllt zu haben, und er glaubte, er müsste sich übergeben. Auch seine Beine wollten offenbar den Dienst verweigern und fühlten sich wie zwei steife Holzklumpen an, deren einziger Zweck darin bestand, ihn lotrecht zu halten.
    Neben ihm berührte Hekibel in der muffigen Enge des Wagens mitfühlend seinen Arm. »Dein Text ist: >Herr, der Feind ist in Sicht.<«, flüsterte sie. »Du brauchst ihn nur zu sagen. Laut.«
    Hem nickte stumm und versuchte, sein blankes Grauen zu verbergen. Er war nicht sicher, ob seine Stimme mitspielen würde. Er hörte Karim, der in Hochform war, und sein Stichwort - auf das hin von ihm erwartet wurde, auf die Bühne zu rennen und seine dringende Botschaft zu verkünden - nahte unangenehm rasch. »Jetzt!«, sagte Hekibel und gab ihm einen kleinen Schubs. Hem wankte wie von selbst durch den Vorhang und versuchte, sich an Karims Anweisungen zu erinnern: Starr nicht auf deine Füße, Junge, sieh mich an. Lass das Kinn hoch erhoben. Und um des Lichts willen, nuschel nicht.
    Das Kinn hoch erhoben lassen. Hem stolperte auf die Bühne und brachte irgendwie seinen Text hervor. Er sorgte sich so sehr darüber, dass ihn niemand hören würde, dass er ihn regelrecht brüllte, und zum Glück passte sein panisches Geschrei genau zum Inhalt seiner Botschaft, wenngleich er aus dem Augenwinkel ein recht belustigtes Grinsen Salimans bemerkte, der links von Karim stand und einen gleichmütigen Wachmann spielte; wenn dieser nicht benötigt wurde, schlug er zudem die Trommeln.
    »In Sicht, Junge? Bist du sicher?«, fragte Karim.
    »Ja«, krächzte Hem und vergaß prompt den Rest seines Textes, der heißen sollte: »Ja, Herr, sie kommen durch den Wald.«
    Saliman füllte die Pause, bevor sie zu lang wurde. »Kommen sie etwa durch den Wald?«, fragte er.
    »Der Wald!«, rief Karim aus, stürzte sich in seine nächste Rede und winkte Hem wie ein König mit der Hand hinfort. Hem schlich durch den Vorhang zurück und wünschte, die Erde würde sich auftun, um ihn zu verschlingen. Er hatte nur zwei Sätze gehabt und einen davon völlig vergessen. Wie konnte er so dumm sein? Karim würde ihn umbringen …
    Zurück in der Sicherheit des Wagens, drückte Hekibel seine Hand. »Du warst gut«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Und Saliman ist hervorragend eingesprungen. Das hat niemand bemerkt.« Dann kam ihr eigenes Stichwort, und sie fegte hinaus auf die Bühne -mit beneidenswert hoch erhobenem Kinn.
    Hem ließ sich auf ein Kissen plumpsen und atmete ein paarmal durch, bis das Zittern seines Körpers nachließ. Ein Schauspieler zu sein erwies sich als deutlich schwieriger, als er es sich vorgestellt hatte. Dies war sein dritter öffentlicher Auftritt, und er bekam es einfach nicht richtig hin, wenngleich er diesmal wenigstens nicht gestolpert und von der Bühne gefallen war… Unterwegs zu proben, war etwas völlig anderes, als vor einem bunten Publikum aus neugierigen Dorfbewohnern aufzutreten. Es war durch und durch nervenaufreibend, besonders, da sich das Publikum gänzlich von dem in Til Amon unterschied. Dort hatten die Menschen aufmerksam gelauscht, und kaum jemand hatte während der Vorstellung geredet. Hier schien ein Schauspiel als Gelegenheit für angeregte Unterhaltungen zu gelten, und selbst Karims beeindruckendes Wirken dämpfte den Lärm der Zuseher nur geringfügig.
    Hem lauschte den Texten und Liedern auf der Bühne eingehend. Er durfte nicht den Faden verlieren; gegen Ende des Stückes sollte er mit einer Krone auf die Bühne laufen. Einen panischen Augenblick konnte er sie nicht finden, aber natürlich befand sie sich genau dort, wo Hekibel sie hingelegt hatte. Er ergriff sie und umklammerte sie krampfhaft. Wenigstens brauchte er bei seinem nächsten Auftritt nichts zu sagen, und danach wäre das Stück zu Ende.
    Erwartete auf den Trommelwirbel, der sein Erscheinen ankündigte. Diesmal gelang ihm eine überzeugende Leistung. Er kniete sich vor Karim, ohne über etwas

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