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Die Peperoni-Strategie

Die Peperoni-Strategie

Titel: Die Peperoni-Strategie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Weidner
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dem Fenster und teilt dann zur Überraschung aller mit: »Ich erinnere mich genau, im Mai ’96 hatten wir eine ähnliche Situation. Bestes Wetter am Morgen und nachmittags faustdicke Hagelkörner …« Die Teilnehmer schauen noch irritierter. Nur der Chef – nach außen ungerührt – lächelt innerlich: Sein Leutnant funktioniert noch. Er verteidigt selbst irrationale Wetterhypothesen. Der Chef nennt diese eingestreuten Behauptungen »Versuchsballons«. Sein Leutnant sieht das klarer. Er spricht vom »Loyalitätstest«.
     
    Sind Sie nicht sicher, ob Ihre Leutnants Ihnen noch loyal folgen, sollten Sie ähnliche irrationale Hypothesen aufstellen und abwarten, wer Ihnen zustimmt und wer nicht. Erstere sind Ihnen treu ergeben, und das sollten Sie ruhig würdigen. Als kritische Ratgeber in Umbruchsituationen taugen diese Loyalen natürlich nichts. Aber dafür gibt es ja hoch bezahlte Unternehmensberater.
    |134| Mitläufer, Isolierte und Dyaden:
die durchsetzungsschwache Basis jedes Unternehmens
    Die
Mitläufer
sind die zahlenmäßig größte Gruppe der Mitarbeiter. Sie genießen die Protektion der Mächtigen, denn sie funktionieren. Genauer: Sie machen einfach das, was man von ihnen erwartet. Sie reden engagiert mit – wenn es um unwichtige Dinge geht. Sie scheuen sich vor Verantwortung, wollen nicht ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, wollen nicht anecken und passen sich daher dem Mainstream des Unternehmens an. Sie interessieren sich für Gerüchte und sind offen für Vorurteile. Das bringt sie in ihrer Karriere zwar nicht weiter, gibt ihnen aber das Gefühl mitzureden. Gehört wird aber selten auf sie. Das erwarten sie auch nicht. Die Kommunikation dieser Mitarbeiter findet weniger im offiziellen Rahmen statt, ist aber räumlich leicht zu orten: Sie sammeln sich zum kollegialen Austausch sehr gerne um Kaffeemaschinen, in Raucherecken oder in hoch frequentierten Fluren, eben dort, wo die informelle Kommunikation stattfindet. Manche Führungskraft, die diese Mitarbeiter dort engagiert debattieren hört, fragt sich, warum dieses Engagement nie im Meeting zu vernehmen ist. Aber das hat Prinzip. Man nennt es »Engagement in der Bedeutungslosigkeit«. Ein Markenzeichen der Mitläufer. Diese suchen natürlich auch persönliche Vorteile im Kompromiss und können dabei mit der ganzen Verhaltensweisenpalette von Ehrlichkeit, Einfühlsamkeit bis zum aalglatten »Einschleimen« aufwarten. Sie sind machtflexibel, das heißt, dass sie jeder Führungskraft dienen können, unabhängig von deren Leitungsphilosophie. Sie liefern ihre Arbeit korrekt ab, tendieren zum Dienst nach Vorschrift und haben ihr Hauptaugenmerk auf die Familie oder Hobbys gerichtet. Diese Mitarbeiter machen nichts kaputt und reißen |135| auch nichts raus. Sie sind im positiven Sinne Durchschnitt, fühlen sich damit wohl und bilden in ihrer Masse die Basis jedes Unternehmens.
    Die meisten Teams, Abteilungen oder Arbeitsgruppen verfügen auch über
isolierte Persönlichkeiten
. Dies sind Mitarbeiter, die durch ihr Auftreten oder ihr Äußeres irgendwie aus dem Rahmen des Unternehmens herausfallen. Sie haben kaum Privilegien. Ihre Meinung interessiert nicht, auch wenn man sie in der Regel ausreden lässt. Selbst ihre produktivsten Anregungen werden nicht wahrgenommen, da jeder Gruppenteilnehmer die Redezeit des Isolierten als willkommene Auszeit betrachtet und seinen privaten Gedanken nachgeht. Sollte der Isolierte dieses Gewähren-Lassen missverstehen und seine Rede über Gebühr fortsetzen, wird man Wege finden, ihn abzuwürgen. Vermutlich wird ein Meetingteilnehmer abrupt eine Kaffeepause vorschlagen und alle werden dieser Anregung folgen – zur Verblüffung des Isolierten. Natürlich wird nach der Pause dem Betreffenden nicht noch einmal das Wort erteilt. Mitarbeitern, denen dies widerfährt, sollte klar sein, dass nur noch ein Teil ihres Gehaltes leistungsbezogen ist und der Rest als Schmerzensgeld eines Outsiders zu betrachten ist!
    Dyaden
haben es unwesentlich besser. Dyaden treten im Doppelpack auf. Man versteht darunter zwei statusniedrige Kollegen, die sich gegenseitig stützen. Sie können sich auf ihr gegenseitiges Wohlwollen verlassen. Dieses basiert auf Sympathie. Dyaden fallen im Unternehmen auf, weil sie häufig miteinander telefonieren, obwohl ihre Büros nebeneinander liegen, fast immer zusammen in der Kantine essen und – wenn es ganz schlimm kommt – auch noch am Wochenende gemeinsam zum Kegeln gehen. Sie schrecken nicht davor zurück,

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