Die Peperoni-Strategie
Kantine über das »dumme Gerede des Chefs/ der Chefin« herziehen. Das ist psychologisch erleichternd für den Kritisierten, weil sich sicher irgendeiner am Tisch finden wird, der ihm Recht gibt – vielleicht auch nur, um in Ruhe essen zu können. Fakt ist aber: Die Wirkung des Feedbacks ist bereits nach dem Essen verpufft! Das ist unerfreulich. Wählen Sie darum grundsätzlich nachhaltig wirksame Zeiten für Feedback-Gespräche!
Meisterlich bedient das ein kaufmännischer Leiter: Der bittet zu Feedback-Gesprächen nur nach 19.15 Uhr. Er ist dafür berühmt-berüchtigt, dass er bei widerständiger Haltung des Gegenübers seine Vorstellungen präzise und in aller Ruhe immer wieder erläutert. Vor 20.30 Uhr ist man selten wieder aus der Firma heraus. Seitdem dies bekannt wurde, ist die
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Einsicht der Mitarbeiter groß, den Argumentationen des Leiters zügig zu folgen: »Vorauseilende Zustimmungsbereitschaft« nennen sie das.
Auch im Forschungsalltag ist ein gutes Timing die halbe Miete, wenn es um die fristgerechte Erledigung lästiger Aufgaben geht:
Nehmen wir die Vorsitzende eines Forschungsausschusses. Sie sammelt die Exposés der Kollegen, um diese der Präsidialverwaltung vorzulegen. Immer wieder ärgert sie sich über die professoralen Fristüberschreitungen, die es ihr fast unmöglichen machen, diese Aufgabe pünktlich zu erledigen. Besonders stört sie, dass die Unpünktlichkeit ihrer Professoren an ihr hängen bleiben kann. Daher überlegt sie sich eine neue Zeitstrategie. Sie nennt sie »das sonntägliche 8.30-Uhr-Feedback«:
Punkt 8.30 ruft sie am Sonntagmorgen die überfälligen Professoren an, um sie an die Exposéabgabe zu erinnern. Die Angerufenen sind durchweg überrascht – gelinde gesagt. Manche fallen vor Schreck aus dem Bett, bei anderen hört sie das Fluchen des Ehepartners, der ebenfalls vom Klingeln des Telefons aus den Träumen gerissen wurde. Bei Dritten spricht sie auf den Anrufbeantworter (»Was für ein schöner Morgen, ich komme gerade vom Joggen und dabei fiel mir ein, bei Ihnen nachzufragen, ob …«), bevor sie diese direkt auf dem Handy anruft.
Auf das Ergebnis ihrer Erinnerungstelefonate ist die Vorsitzende recht stolz: Nach nur zwei Sonntagen schnellte die Quote der pünktlichen Abgaben auf über 90 Prozent! In der Wissenschaft spricht man in diesem Fall elegant vom Wecken einer sekundären Abgabemotivation.
Die cholerische Inszenierung
Die cholerische Inszenierung kann in großen zeitlichen Abständen angewandt werden, um die eigene kommunikative »Ge fährlichkeit « |174| beziehungsweise Unberechenbarkeit unter Beweis zu stellen. Bevorzugt wird der künstliche cholerische Ausbruch in Momenten inszeniert, in denen die Gefahr droht, dass das Team sich nicht mehr so gut kontrollieren lässt oder Teammitglieder womöglich aufmüpfig werden. Ihre professionelle Inszenierung muss echt wirken: Eindrucksvoll ist, wenn Ihre Halsschlagader anschwillt, zumindest aber sollte Ihr Gesichtsausdruck mehr als verärgert wirken. Werden Sie lauter oder zischender, schlagen Sie mit der Hand krachend auf den Tisch – während Sie innerlich distanziert über einen Kinobesuch am heutigen Abend nachdenken. Das nennt man »professionelle Distanz«. Sie tun so »als ob«. Sie sind nicht wirklich emotional berührt, inszenieren aber den großen Wutausbruch und eine astreine Konfrontation, weil Sie wissen, dass Umstände, wegen denen Ihr Team unruhig wird, unbedingt vom Tisch müssen, damit Sie später nicht wirklich verärgerte, schlaflose Nächte durchwachen. Die cholerische Inszenierung ist in diesem Sinne ein »präventives Einschüchterungsritual«, mit dem Sie widerspenstige Teams auf Linie bringen. Allerdings sollten Sie diese Inszenierung nur sporadisch anwenden, da ansonsten der Eindruck entsteht, dass Sie hysterisch oder chronisch cholerisch sind.
Meisterlich inszeniert das ein leitender Potsdamer Regierungsdirektor: Er bittet seinen Kontrahenten, im Meeting neben ihm Platz zu nehmen, überschreitet dabei Nähe und Distanz und pflegt – wenn er die Rolle »Ich rege mich auf« spielt – verärgert mit der flachen Hand so geschickt auf den Konferenztisch zu schlagen, dass sein Wasserglas umkippt und sich der Inhalt auf Papiere und Beine des Kontrahenten ergießt. Damit dies besser gelingt, hat seine Chefsekretärin ein sektkelchartiges Trinkglas besorgt, das sowieso auf wackligem Bein steht. Das nennt man gelungene Vorzimmerfürsorge!
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