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Die Peperoni-Strategie

Die Peperoni-Strategie

Titel: Die Peperoni-Strategie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Weidner
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für die Abteilung. Eines Nachts schreckt unser Mann allerdings aus dem Schlaf hoch, weil er von einem Satz träumte, der wie in großen Werbelettern immer wieder vor ihm auftaucht: »Bei gleicher Qualifikation werden Frauen bevorzugt!« Schlagartig wird ihm klar, dass seine Kronprinzenrolle durch die Neue akut gefährdet ist, denn die ist mindestens gleich qualifiziert. Und Charme hat sie auch! Unser Mann grübelt die ganze Nacht über Wege aus diesem Dilemma. Er will Kronprinz bleiben. Er will den besser bezahlten Job des Seniors haben, denn er ist ehrgeizig, hat eine anspruchsvolle Frau und ist Mitglied in einem teuren Golfclub! Gegen 4 Uhr morgens hat er die Lösung. Er entscheidet sich dafür, ihr – mit der er sich ansonsten blendend versteht – einen Forschungsauftrag zu erteilen, den noch keiner gelöst hat, weder in Deutschland noch in den USA. In jedem Leitungsmeeting fragt unser Abteilungsleiter in der Pause dezent die Neue – aber so, dass es alle gerade noch mithören können – wie weit sie denn sei. Ihre ehrliche Antwort: »Das hab ich noch nicht gelöst.« Drei Wochen zieht sich dieses Spiel hin. Danach hat die Neue ihren Spitznamen im Leitungsgremium weg: »Frau Hab-ich-noch-nicht«. Als potenzielle Führungskraft wird sie entsprechend nicht mehr gehandelt, und es überrascht kaum, dass unser Mann und nicht sie die nächste Durchstarterstelle bekommt – bei ihrem Image!
     
    Wenn Sie plötzlich vor Aufgaben stehen, die Sie einfach nicht lösen können – obwohl Sie fachlich sehr versiert sind –, dann lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob Sie nicht gerade mundgerecht als Opfer zubereitet werden. Was können Sie dagegen tun? Bleiben wir bei unserem Beispiel: Wie hätte unsere junge Doktorin cleverer reagieren können?
    Es gibt einen alten Therapeutensatz: »Wenn du nicht mehr weiter weißt, frage deinen Klienten!« Übertragen auf unsere |166| unlösbare Forschungsaufgabe heißt das, dass Frau Doktor hätte irritiert sein müssen, dass sie diese Aufgabe bei ihrer Intelligenz nicht in den Griff bekommt. Aber statt Selbstzweifel aufzubauen und ehrgeizig das Problem im Alleingang lösen zu wollen, hätte sie erfahrene Kollegen anrufen und sie nach Lösungsansätzen fragen können. Diese Externen hätten wahrscheinlich am Telefon laut gelacht, weil ihnen die Unlösbarkeit aufgefallen wäre, und gefragt, wer ihr denn den Job angedreht hat. Mit diesem Background-Wissen wäre sie in die nächste Leitungskonferenz gegangen und hätte den Direktor gefragt, ob er ihr eine Arbeitsbeschäftigungsmaßnahme zugewiesen hätte. Der Direktor, der diese Art von Machtspielchen für Zeitverschwendung hält und hasst, hätte verneint und daraufhin höchstwahrscheinlich den aufstrebenden Abteilungsleiter zu einem strengen Vater-Sohn-Gespräch gebeten …
    Die Konzentration auf das 3-Prozent-Defizit
    Diese Strategie ist sehr effizient, denn sie kann die Betroffenen sehr irritieren und verunsichern, während man selbst mit Weitsicht brilliert. Diese Strategie beinhaltet, dass Sie sich ausschließlich auf die, auch nebensächlichsten, Fehler der Gegenspieler konzentriert. Viele Leistungsorientierte glauben, nur durch Kompetenz überzeugen zu können. Das ist natürlich nicht falsch: Kompetenz, Fachwissen und Qualität bilden unbestreitbar die Basis für jeden Aufstieg. Viele Menschen glauben weiterhin, dass man ihre Qualität erkennt (das ist richtig) und sie entsprechend fördert (das stimmt nicht). Viele Durchsetzungsschwache sind beseelt von einem ausschließlichen Glauben an Qualität und Substanz. Sie erliegen dem sogenannten Dornröschen-Komplex, wollen also lieber »wachgeküsst« werden als |167| selbst auf ihre Qualitäten hinzuweisen. Das ist naiv und kann machtstrategisch unangenehme Folgen haben: Wenn Machtspieler wissen, dass Sie sehr kompetent sind, werden sie sich noch mehr Mühe geben, Sie kleiner zu halten, als sie selber sind. Machtspieler schätzen schlaue Menschen – aber kompetenter sollten sie nicht sein und womöglich zur Konkurrenz werden. Diese potenziellen Nebenbuhler werden daher angegriffen. »Präventive Einflussreduzierung« nennt sich das.
    Sehr geeignet für eine derartige Attacke sind Meetings, in denen Ihr anvisiertes Opfer eine Präsentation abliefert, die zu 97 Prozent Spitze ist, hervorragend ausgearbeitet und begründet. Sie sollten sich davon aber nicht irritieren lassen. Beißen Sie sich unbeirrt ausgerechnet an den 3 Prozent der Darlegungen fest, die nur durchschnittlich

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