Die Perlenzüchterin
reagierte, wenn auch benommen. Er war kaum bei Bewusstsein, konnte aber etwas Wasser schlucken. Schwach und zittrig streckte er Bobby eine Hand entgegen. Der nahm sie. »Alles in Ordnung, Kumpel, das wird schon wieder. Wir haben den Doc gerufen, sie ist bestimmt bald hier. ’n ziemlich heißer Doc noch dazu. Eine richtig nette Lady … blond, wie Sie.«
Als Kevin aus dem Wagen stieg, warf Bobby ihm einen besorgten Blick zu. »Haben Sie sie erreicht?«
»Ja. Aber wo zum Teufel sind wir?«
»Lassen Sie mich mit ihnen reden. Machen Sie hier weiter. Geben Sie ihm noch mehr Wasser … aber nicht zu viel auf einmal. Er atmet nur schwach.«
Kevin kniete sich in den Staub und hob den Kopf des Mannes an. Blutunterlaufene Augen starrten ihm ausdruckslos entgegen. Kevin zwang sich zu einem breiten Lächeln. »Tag, Matthias. Ich bin Kevin. Sie haben einen kleinen Spaziergang gemacht, was?«
»Ja«, bekam der heraus.
»Sie hätten sich klarmachen sollen, dass Sie hier nicht einfach auf Walkabout gehen dürfen. Das können hier nur die Aborigines, Kumpel.«
Bobby beendete das Gespräch und legte das Radiotelefon zurück. »Tragen wir ihn ins Auto. Wir haben Glück, die Fliegenden Ärzte haben ein Flugzeug ganz in der Nähe. Sie sollten in etwa einer Stunde hier sein.«
»Wie sollen sie uns hier draußen finden? Und wo sollen sie landen?«, fragte Kevin leicht skeptisch.
»Ich musste die Zeit totschlagen, als ich bei meinem Taxi festsaß. Da habe ich nachgesehen, wo ungefähr wir gestrandet sind. Wir sind nur circa fünf Kilometer von der so genannten Hauptstraße weg. Die finden uns. Fahren wir zurück zur Straße, da können sie besser landen.«
Kevin fuhr vorsichtig, aus Rücksicht auf den Mann, der neben Bobby auf dem Rücksitz zusammengesackt war. In den frischen Reifenspuren zurückzufahren, war nicht schwer. Sobald sie den Wohnwagen sahen, betätigte Kevin die Hupe, doch Bette hatte sie schon längst kommen hören. Sie war unendlich erleichtert, dass die beiden Männer zurück waren, und als sie Matthias sah, stürzte sie in den Wohnwagen, um ihren Erste-Hilfe-Kasten zu holen. Bobby holte eine Matte aus dem Kofferraum des Taxis und breitete sie unter der Zeltplane aus. Bald reagierte der Gerettete, zunächst nur ganz vage, aber es war ein gutes Zeichen. Er brachte sogar ein Lächeln zustande, als Bette sich um den schweren Sonnenbrand in seinem Gesicht kümmerte.
»Aloe-Vera-Salbe«, erklärte sie ihm, »fantastisch bei Sonnenbrand, und Ihrer ist ganz schlimm.« Sie erkannte mit einem Blick, dass ihr Erste-Hilfe-Kasten nicht die nötigen Medikamente zu bieten hatte.
Als die Fliegenden Ärzte sie gefunden hatten, war Matthias zwar bei Bewusstsein, doch es ging ihm noch sehr schlecht. Das Flugzeug schlitterte in einer kontrollierten, aber holprigen Landung über die unbefestigte Straße. Eine Frau mit einem Arztkoffer sprang heraus, sobald die Propeller stillstanden.
Nach einem kurzen Bericht von Bobby und einem knappen Nicken zu den Leans untersuchte sie Matthias und gab ihm eine Spritze. »Starke Dehydratation, Schädigung der Haut durch Sonnenbrand, Herz noch nicht wieder hundert Prozent, aber er sollte in Ordnung kommen. Sauerstoff haben wir an Bord; er fliegt mit uns zurück nach Broome.«
»Danke, Doc. Schade, dass er das Rennen verpasst!«, sagte Bobby.
Die Ärztin lächelte nicht. »Das ist typisch für euch aus Broome. Kommen Sie, helfen Sie uns, ihn an Bord zu bringen.«
Als sie die Bahre in das leichte Flugzeug hoben, versuchte Matthias, sich aufzusetzen.
»Meine Tasche, meine Sachen … ich muss los …«, keuchte er.
»Geht in Ordnung, Kumpel. Ich nehme alles für Sie mit nach Broome. Kommen Sie erst mal auf die Beine. Morgen oder übermorgen sehen wir uns bestimmt schon wieder, keine Sorge.«
Matthias sträubte sich, so gut er konnte. »Die Bradley-Farm, muss da hin …«
Doch der Pilot schlug die Tür zu, ehe Matthias noch mehr sagen konnte, und das Flugzeug startete.
»Was machen Sie mit dem Taxi?«, fragte Kevin. »Sie können gerne mit uns fahren. Wir wollen auch zu diesem großen Rennen auf der Bradley-Farm. Danach fahren wir zurück nach Broome. Wir wollen den Winter da verbringen.«
»Das wird Ihnen gefallen! Danke für das Angebot, aber ich leih mir lieber nur etwas Proviant und Wasser von Ihnen, wenn ich darf, und dann warte ich auf meinen Cousin. Kann ich ihn und Mr. Choy noch mal von Ihrem Radiotelefon aus anrufen? Ich möchte ihnen nur kurz sagen, was los ist.«
Der Anruf
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