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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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ist.«
    Nun war Madschnun ein Dichter mit großer Begabung, doch niemand wusste oder verstand das. Seine Leidenschaft für Leila war so groß, dass die Leute glaubten, er sei des Wahnsinns. Daher änderten Leilas Eltern ihre Meinung und nahmen Leila von ihm weg. Madschnun war verzweifelt. Er streifte durch die Stadt und fragte jedermann, wo er sie finden könne.
    Niemand wollte es ihm sagen, bis er eines Tages einen Mann mit einem Kamel traf, der ihm sagte, er sei auf dem Weg zu Leilas Eltern. Madschnun bat ihn, Leila eine Botschaft zu überbringen. Er ging neben dem Mann her und sprach davon, wie sehr er Leila liebe. Dafür brauchte er so lange, dass sie einhundert Meilen gelaufen waren und den Ort erreicht hatten, an dem Leila lebte. Der Kamelmann sagte Madschnun, er solle sich in einer verfallenen Moschee außerhalb der Stadt verstecken, und er werde Leila sagen, wo Madschnun sei.
    Obwohl die Eltern Leila im Haus festhielten, gelang es dem Kameltreiber, ihr zuzuflüstern, dass Madschnun in der Nähe und vor Liebe zu ihr ganz schwach sei. Daher ließ sie ihm durch ihre Dienerin Essen bringen. Als die Dienerin zur Moschee kam, näherte sich ihr ein fetter Mann. »Ich habe hier dieses Essen für Madschnun.«
    »Das bin ich«, erwiderte der Mann, und er nahm das Essen. Jeden Tag sandte Leila Madschnun zu essen. Der wurde selbst immer schwächer, während der fette Mann immer dicker wurde. Endlich fragte Leila: »Warum schickt Madschnun mir keine Botschaft?«
    Die Dienerin erwiderte: »Er ist zu fett.«
    Leila fragte, ob bei der Moschee vielleicht noch ein Mann sei, und die Dienerin sagte: »Ja. Da ist ein bleicher Dichter außer dem Mann, der das Essen nimmt.«
    »Das ist der falsche Mann. Morgen nimmst du nur ein Messer mit und bittest Madschnun um einige Tropfen seines Bluts für Leila, die krank sei.«
    Und so tat die Dienerin am nächsten Tag, aber der fette Mann weigerte sich und sagte: »Der arme Junge da ist Madschnun.« Als Madschnun Leilas Bitte hörte, hieb er nach seinem Arm, sodass Blut floss. Es lief an seinem Arm hinab und troff auf die weißen Blumen, die vor der Moschee wuchsen, und färbte sie rot.
    Leila sandte eine letzte Botschaft – Madschnun solle sie in der Wüste treffen. Er ging hin und wartete wie eine Statue, die Augen fest auf den Horizont gerichtet. Endlich kam sie zu ihm und sagte: »Madschnun, ich bin hier.«
    Er nahm ihre Hände, presste sie an seine Brust und sagte: »Leila, du wirst mich doch nicht mehr verlassen?«
    »Madschnun, ich konnte nur für kurze Zeit hinausschlüpfen. Wenn ich länger fortbleibe, werden meine Leute mich suchen, und dein Leben ist nicht mehr sicher.«
    »Mein Leben ist mir gleich«, rief er. »Du bist mein Leben! O bleib doch, verlasse mich nicht mehr.«
    »Ich werde zurückkehren und bei dir sein, das verspreche ich«, sagte Leila. Doch die Dienerin erzählte Leilas Eltern, sie habe Madschnun getroffen, und sie schlossen ihre Tochter ein. Leila kehrte nicht zurück.
    Madschnun, der schon so lange von seinem eigenen Fleisch und Blut gezehrt hatte, konnte sich nicht mehr aufrecht halten. Er fiel rücklings gegen einen Baumstamm und blieb so liegen. Er lebte nur noch von der Hoffnung. Die Jahre vergingen, und Madschnuns Körper war der Kälte, der Hitze und dem Regen ausgesetzt. Seine Hände, die die Zweige hielten, wurden selbst zu Zweigen, sein Körper wurde ein Teil des Baumes.
    Eines Tages gelang es Leila, sich allein davonzustehlen und Madschnun zu suchen. Sie hatte nur noch die eine Hoffnung, dass sie ihr Versprechen der Rückkehr einlösen könnte. Als sie die Stelle suchte, an der sie ihn verlassen hatte, traf sie einen Holzfäller, der sagte zu ihr: »Geht nicht dort entlang. Dort lebt ein Geist.«
    Leila fragte: »Was für ein Geist?«
    »Er ist ein Baum und zugleich ein Mann. Als ich mit meinem Beil einen Ast dieses Baumes schlug, hörte ich ihn mit einem tiefen Seufzer sagen: ›Ach Leila.‹«
    Diese Worte rührten Leila unbeschreiblich. Als sie zu der Stelle kam, sah sie, dass Madschnun zu einem Baum geworden war. Sie rief: »Madschnun!«
    »Leila!«
    »Ich bin hier, wie ich dir versprochen hatte, liebster Madschnun.«
    Er erwiderte: »Ich bin Leila.«
    »Nein, ich bin Leila. Sieh mich an.«
    Madschnun fragte: »Bist du es wirklich? Nun denn, wenn ich nicht Leila bin, dann bin ich tot.«
    Als Leila diese seine vollendete Liebe sah, konnte sie keinen Augenblick weiterleben. Sie rief Madschnuns Namen, fiel nieder und starb am Fuß des Baums. Und

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