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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Anhänger an einer Kette hingen, in einen Ring gefasst oder zu einer schlichten Kette aufgereiht waren. Für die Frauen, die sie geschenkt bekamen, sich selbst schenkten oder deren Erbstück sie waren, waren sie so kostbar wie die Perle des Maharadschas. Niemals verloren Perlen ihre Schönheit, ihre Anziehungskraft als »Tränen des Mondes«.
    Seit Lily die Halskette mit dem Anhänger im Nachlass ihrer Mutter entdeckt hatte, übten Perlen eine Faszination auf sie aus. Je mehr sie nun von Besuch zu Besuch über die Vergangenheit wie auch die Gegenwart erfuhr, desto stärker wurde in ihr der Wunsch, sich weiter in dieses faszinierende Geschäft zu vertiefen. Denn ein Geschäft war die Perlenfischerei, auch wenn Leidenschaft unbedingt dazu gehörte. Die Produktion von Autos, Keksen, Computern, was auch immer, konnte nicht mithalten mit der Magie einer mit Seepocken besetzten Perlauster, in deren Fleisch sich eine perfekte, strahlende Perle verbarg.
    Das Geräusch des Rasenmähers, den Blossom anwarf, riss Lily aus ihrer Traumwelt.
     
    Nachdem sie den Tag damit verbracht hatte, sich auf ihre Umgebung einzustellen, saß Sami mit untergeschlagenen Beinen am Lagerfeuer. Sie fühlte sich fehl am Platze und war mehr als nervös. Die anderen saßen ruhig da, aßen von Blechtellern und tranken schwarzen Tee aus Bechern. Sie warf noch einen Blick auf ihre vom Feuer beleuchteten Gefährten. Goonamulli, der rangälteste Hüter dieses Landes, mochte an die siebzig sein, mit ergrauendem Haar und strenger Miene. Sein Englisch war schwer zu verstehen, doch seine Kleidung verblüffte Sami: Jedes einzelne Kleidungsstück wies ein Logo eines Sportvereins auf. Unter seiner abgetragenen Baseballkappe lugten drahtige Locken hervor. Gideon, sein Enkel im Teenageralter, »lernte das Gesetz«. Er war ehrerbietig und schüchtern und mied den direkten Blickkontakt mit Sami.
    Bridget, ihre Beraterin in Kulturfragen, die im Fachbereich Anthropologie an der Curtin-Universität in Perth arbeitete, war in dieser Umgebung ganz entspannt. Dies war das Land ihrer Vorfahren. Sie war eine von ihnen, konnte sich aber dennoch mit Sami über Freud und Leid des Akademikerlebens austauschen. Bridget war vierzig, geschieden, hatte dunkle Augen und drückte sich sehr klar aus. Inoffiziell war sie im Lager, um Sami in ihrer Welt zu begrüßen. Offiziell würde sie die Fotos machen, mit denen die verschiedenen Schauplätze, die sie besuchen wollten, dokumentiert wurden.
    »Es ist ein faszinierender Ort, einige der Galerien sind ziemlich umstritten«, brach Bridget das Schweigen.
    »Warum denn?«, fragte Sami nach.
    Bridget dachte einen Augenblick nach. »Ich lasse dich lieber deine eigenen Schlüsse ziehen. Sprich mit Palmer darüber, er hat ein paar interessante Theorien. Unsere Leute sind damit nicht unbedingt einverstanden. Aber es ist eine interessante Debatte.«
    »Wann kreuzt Dr. Palmer denn auf?«
    »Mal sehen, er ist launisch. Ein bisschen unberechenbar, aber auf vielen Gebieten außerordentlich gebildet. Sein Spezialgebiet ist Archäologie, aber der Anthropologie und der Umwelt gilt sein besonderes Interesse. In mancher Hinsicht hat er etwas von einem Renaissancemenschen. Er kann einerseits richtig anpacken und dann wiederum eine fantastische Vorlesung oder einen tollen Vortrag halten. Aber ich glaube, er ist eher draußen im Busch zu Hause als in den heiligen Hallen der Gelehrsamkeit.« Sie wandte sich an den alten Mann. »Palmer ist ein guter Mann, was, Goonamulli?«
    Der brummte: »Manchmal er erzählt gute Geschichten. Manchmal er erzählt Quatsch … Universitätsgeschwätz.«
    Bridget lachte. »Da hast du’s. Palmer in zwei Sätzen.«
     
    Rakka schlief dicht bei Sami, und sie war dankbar für den warmen Körper neben sich. Die Hündin hob in dieser Nacht mehrmals den Kopf und knurrte leise. Sami vermutete Tiere in der Nähe und tätschelte Rakka beruhigend den Kopf. Der Lagerplatz war zwar abgeschieden und schlicht, aber komfortabel. Gideon hatte sich als Letzter aufs Ohr gelegt und zuvor noch ein Holzscheit aufs Feuer geworfen, das nun sanft glimmte. Die vier hatten sich mit ihrem Bettzeug rund ums Lagerfeuer gruppiert, ein Stück entfernt von ihren drei kleinen Zelten und dem behelfsmäßigen Schattenunterstand mit Klapptisch und –stühlen. Ganz in der Nähe gab es einen Fluss, doch Sami hatte zum Waschen und Zähneputzen einen Eimer Wasser benutzt, den Gideon ihr gebracht hatte. Etwas weiter entfernt befand sich hinter einigen dichten

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