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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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traditioneller Kunst und Kunsthandwerk.‹ Das ist mal eine Dissertation, die Einsatz erfordert.«
    Es schmeichelte Sami, dass er das Thema ihrer Doktorarbeit kannte. »Ich hoffe auf ein wenig Erleuchtung und Hilfe von Ihnen, während ich hier bin.«
    »Deswegen bin ich ja da – allerdings auch, um meine eigene Arbeit über die Felsbilder voranzutreiben. Eine sagenhafte Welt wartet hier auf Sie, Sami. Und in Bridget und Goonamulli haben wir wunderbare Führer. Genauer gesagt, philosophische, kulturelle und spirituelle Führer. Vermutlich wären wir ohne Goonamulli hier im Busch allerdings auch komplett verloren. Gehen wir zum Frühstück.« Er begann, »On the Bonnie, Bonnie Banks of Loch Lomond« zu spielen, und schritt voran. Als sie am Baumstamm vorbeikamen, schnappte Sami sich Handtuch und Kleidung. Rakka folgte ihnen behutsam – sie hatte entschieden, dass der Mann nicht bedrohlich war.
    Als Palmer das Lager erreichte, beendete er das Lied mit einem schwungvollen Akkord. Bridget und Goonamulli waren mittlerweile auch wach und das Wasser im Topf kochte auf einem Feuer. Gideon und sein Großvater grinsten breit, Bridget applaudierte. »Was für ein Auftritt, Palmer. Du schießt mal wieder den Vogel ab. Wo kommst du jetzt her? Bist du gelaufen, Fahrrad oder Auto gefahren, geflogen oder auf einem Kamel geritten?«, fragte sie. »Bei dir weiß man nie.«
    Während die anderen sich begrüßten, ging Sami sich ankleiden.
    »Eben jetzt komme ich auf meinen zwei linken Füßen. Das Auto hat gestern Abend so gegen zehn den Geist aufgegeben.« Der Wissenschaftler legte den Dudelsack ab und kauerte sich ans Feuer. »Anders ausgedrückt, ich bin völlig erledigt. Was gibt’s zum Frühstück?«
    Gideon reichte ihm einen Becher. »Trink einen Tee. Großvater hat Buschbrot gebacken.«
    »Soweit ich mich erinnere, würde Goonamullis Buschbrot sogar einem Flusspferd im Halse stecken bleiben. Ach, gib her.«
    »Wir haben auch Koteletts und Tomaten«, meinte Gideon.
    »Später müssen wir dein Auto holen«, sagte Bridget. »Goonamulli ist der beste Buschmechaniker.«
    »Ich glaube, es kriegt nicht genug Saft. Hat irgendwas mit der Kraftstoffleitung zu tun. Aber ich habe lauter Leckereien auf dem Rücksitz – alle deine Lieblingssachen, Goonamulli: eingemachte Rote Bete, Sirup, Erdnüsse.«
    »Fein«, sagte Bridget, und der alte Mann nickte zum Dank.
    Palmer trank seinen Tee und sah zu Samis Zelt. »Und, wie kommt die Prinzessin aus der akademischen Welt zurecht?«
    »Prima. Denk dran, sie ist erst gestern angekommen. Heute Vormittag nehmen wir die Schlucht in Angriff.«
    Goonamulli sprach leise. »Sie gehen in Geist-Heimat.«
    Überrascht sahen Palmer und Bridget den alten Mann an. »Du magst es nicht, wenn Weiße dorthin gehen«, sagte Bridget.
    »Sie hat gleiche Verwandtschaft. Sie eine von uns. Offenbar ohne zu wissen. Sie kommen hierher für Arbeit mit dir, aber sie muss ihre Geschichte lernen. Ich das träumen. Gestern Nacht«, sagte er, und sie widersprachen ihm nicht.
    »Na ja, dann hoffen wir mal, dass die Kleine anders ist«, meinte Palmer. »Diesen Nachwuchswissenschaftlern wird immer schlecht, oder sie bekommen es mit der Angst zu tun, oder sie langweilen sich. Viele schreiben ihre Doktorarbeit nie zu Ende. Das ist eine ziemliche Durststrecke – erst die Forschung, dann das Schreiben.«
    Bridget sah hinüber zu Sami, die nun in Shorts, T-Shirt und Wanderschuhen mit Rakka zum Feuer kam. »Weißt du, ich glaube, die hier ist anders.«
     
    Bei ihrem ersten Besuch in Broome war Lily zu der Überzeugung gelangt, dass der alte Teil der Stadt ein wunderbares Pflaster war, um Menschen zu beobachten. Im Lauf der Jahre merkte sie, wie dieses einfache Vergnügen sie immer mehr fesselte. Ihre anfängliche Verlegenheit, wenn jemand sie beim Anstarren ertappte, hatte sie rasch überwunden. Ein entspanntes Lächeln war bisher noch immer mit einem Lächeln erwidert worden. Die Vermischung der Ethnien, die verschiedenen Hautfarben, Kleidungsstile, Sprachen und Akzente sowie die Art, wie die Menschen sich bewegten und miteinander umgingen, wenn sie sich grüßten, bereicherten jeden Besuch in Broome.
    Überall erinnerten Dinge an Broomes Vergangenheit. Hier wurde Lily bewusst, dass sie sich am Rand befand – des Indischen Ozeans und damit auch am Rand des Kontinents. In der einen Richtung lag, gar nicht so weit entfernt, Asien, und in der anderen Richtung gähnte die unendliche Weite des Outback. Noch weiter entfernt war »der

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