Die Perlenzüchterin
was?«, bemerkte Tim. Er ließ sich mit einem alkoholarmen Bier nieder und hob sein Glas. »Auf Sie. Danke fürs Herfahren. Es ist schön, verabschiedet zu werden. Ich reise ja immer allein.«
»Also, eine zehnminütige Fahrt bringt mich wirklich nicht um. Ich habe gedacht, wir müssten noch Hunderte von Punkten besprechen. Aber abgesehen davon, dass ich hoffe, Sie haben bei Ihrer Rückkehr das Geld sozusagen in der Tasche, fällt mir jetzt nichts ein.«
»Lily, ich werde die Star Two als gute Investitionsmöglichkeit empfehlen. Bei der Entscheidung spielen viele Faktoren eine Rolle, aber wir können das Geschäft durch verschiedene Maßnahmen mitgestalten. Da ist die Unternehmensbewertung, Ihre Zustimmung, dass Sie mitmachen, die Marktforschung, all das. Am Telefon klangen die Investoren sehr positiv, aber …« Er spielte mit dem Serviertablett auf dem Tisch.
»Aber was?«
»Es hat keinen Sinn über ungelegte Eier zu spekulieren – oder über ungeerntete Perlen. Doch nach meinen bisherigen Erfahrungen mit diesen beiden Männern machen sie das Geschäft, wenn sie einmal gesagt haben, dass sie interessiert sind.« Er stellte die Bierflasche ab und sah Lily aufmerksam an. »Ich halte Sie auf dem Laufenden, aber ich werde so rasch wie möglich eine Rückmeldung von Ihnen brauchen, wie Sie über die Bedingungen und das Geschäft denken. Ja, ja, ich weiß, wie Sie im Augenblick denken, aber da liegen noch Hürden vor uns.«
»Sie meinen Finanzberatung, juristische Beratung und so weiter«, meinte Lily.
»Das ›und so weiter‹ bedeutet Ihre Tochter. Ich möchte nicht erleben, dass Sie nur deshalb nicht weitermachen wollen, weil Samantha die Sache missbilligt.«
»Das ist nicht fair, Tim«, hielt Lily ihm vor. »Meine Tochter will mich nur schützen. Das hat sie Ihnen doch gesagt: Sami will nur nicht, dass ich mein Sparschwein plündere. Bestimmt sieht sie alles ganz anders, wenn sie erst die Farm und ihr Potenzial gesehen und die familiäre Verbindung akzeptiert hat.«
»Es ist bereits ein rentabler Betrieb. Wir sind hier nicht die edlen Ritter, die irgendeinen alten Knacker retten, der den Wert seines Besitzes nicht kennt.«
»Da stimme ich Ihnen zu. Dave scheint mir ein kluger Kopf zu sein. Er hat bloß nicht mehr die Energie, die Lust oder das Geld, um etwas zu ändern«, meinte Lily.
»Ich denke, er arbeitet nach dem Prinzip, wenn etwas funktioniert, sollst du nichts daran ändern. Nach meinen Gesprächen mit ihm glaube ich allerdings, dass er vor Jahren einer von den ganz Großen werden wollte. Er hat sogar angedeutet, er hätte eine größere Rolle spielen können, wenn die Dinge anders gelaufen wären. Näher hat er das nicht ausgeführt, und ich habe den Wink verstanden, dass ich meine Nase da nicht reinstecken soll.«
»Glauben Sie, es gab da ein Problem? Vielleicht sollte ich mal vorsichtig nachfragen? So etwas müssen wir wissen!«
»Ich bezweifle, dass es wichtig ist, Lily. Es war irgendwas Persönliches, würde ich sagen. Wie war das noch mal mit dem Vermischen von Arbeit und Privatem?« Er zog eine Augenbraue hoch, dann trank er einen großen Schluck Bier.
»Hmm. Zum Glück sind wir zwei nur Freunde und es gibt keine familiäre oder engere emotionale Bindung. Ich könnte mir zum Beispiel nicht vorstellen, mit Dale zusammenzuarbeiten.«
Tim wäre beinahe herausgerutscht, das könne er auch nicht, nachdem er Geschichten über Dales plumpe Vorgehensweise auf einigen Baustellen gehört hatte. Vorsichtig fragte er: »Wie wichtig ist Dales Zustimmung zu dem Projekt?«
Lily begriff, was er eigentlich meinte. »Keine Sorge, Tim. Ich schätze Dales Ratschläge, seine Gesellschaft und Freundschaft, aber meine Entscheidungen treffe ich allein. Abgesehen von Sami lebe ich schon sehr lange allein. Zu lange vermutlich …« Sie hielt inne. »In meinem Alter ist es wahrscheinlich albern zu erwarten, dass ein gut aussehender Prinz auf seinem weißen Ross angeritten kommt und mich mitnimmt. Aber verdammt noch mal, man darf ja wohl noch träumen!«
»Wir träumen alle, Lily. Sicher, wir wollen Geld verdienen, aber am Ende ist die Liebe doch das, was zählt, und die zu finden, wird immer schwieriger. Ich habe meinen Teil Herzschmerz abbekommen. Was ist mit Ihnen? Waren Sie lange mit Samis Vater verheiratet?« Über so persönliche Dinge hatten sie bisher noch nie gesprochen, und der laute, überfüllte Biergarten eines Flughafens war an sich auch nicht gerade der ideale Ort dafür.
Lily war dennoch ganz
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