Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
offen. »Elf Jahre. Er ist ein verknöcherter Akademiker, der zurück an seine Universität in Amerika gegangen ist. Mein Mann war hauptsächlich ein Vater auf Distanz. Und ich denke, er war mehr an staubigen alten Folianten als an einer energiegeladenen Teenagertochter interessiert, sosehr er sich auch Mühe gegeben hat.«
    »Sie ist hitzig. Und bestimmt eigensinnig«, stimmte Tim zu. »Vielleicht hätte sie als Teenager einen starken Vater gebraucht.«
    »Na ja, in gewissem Maße hat sie den über zehn Jahre lang in einem sanften, liebevollen Mann gehabt, mit dem ich danach zusammengelebt hatte. Auch wenn dieser Mann die Geschäftswelt nie ganz ausblenden konnte.« Lily sah so traurig aus, dass Tim sanft fragte: »Was ist geschehen?«
    »Er starb vor ein paar Jahren. Recht unvermittelt, nicht lange, nachdem ich zum ersten Mal hier gewesen war. Das ist noch ein Grund, warum mich nichts mehr in Sydney hält.«
    »Verstehe. Lily, vielleicht ist das auch ein weiterer Grund, warum Sie in diese Perlenfarm einsteigen wollen. Sie brauchen etwas im Leben, das Ihnen sehr wichtig ist, das Ihnen Halt gibt. Wenn Sie die Pros und Kontras gegeneinander abwägen, dann versuchen Sie, die Gefühle außen vor zu lassen!«
    »So was kann auch nur ein Mann sagen, Tim! Unsinn«, sagte Lily wegwerfend. »Wenn ich mich nicht mit Leib und Seele diesem Geschäft verschreiben möchte, dann ist es das auch nicht wert.«
    »Also, das ist eine ziemlich weibliche Herangehensweise!« Er leerte sein Bier. »Sieht aus, als würden die Leute an Bord gehen.«
    »Halten Sie mich auf dem Laufenden. Und denken Sie dran, ich werde eine Weile in der Red Rock Bay außer Reichweite sein!« Sie umarmte Tim flüchtig. »Nichts wie ran an den Feind!«
    Tim hob den Daumen, schulterte seinen kleinen Rucksack und ging zum Abflugschalter. Was für eine ungewöhnliche Geschäftsbeziehung sie doch hatten, dachte er. Lily war mindestens zwanzig Jahre älter als er, und doch fühlte er sich mit ihr ausgesprochen wohl. Er mochte sie sehr, und sein Instinkt sagte ihm, dass dies eine ausgezeichnete Partnerschaft werden würde.
     
    Rosie saß in ihrer winzigen Galerie auf dem Boden und verpackte ein Rindenbild in Noppenfolie, um es einem Kunden zu senden. Da kam Farouz mit einem zusammengerollten Betttuch unter dem Arm herein. »Hallo, Farouz, wie geht’s?«, begrüßte sie ihn heiter und ließ sich die Überraschung über seinen Besuch nicht anmerken. »Sag nicht, du willst ein Kamelgemälde?«
    Farouz deutete zur Begrüßung eine höfliche Verbeugung an. »Nein, aber wenn du oder einer deiner Künstler je ein Kamel als Modell braucht – ich habe außerordentlich günstige Tarife.« Sie lachten beide, und Farouz setzte sich ihr gegenüber auf den Boden. »Ich habe etwas, das dich vielleicht interessiert. Seit meiner ersten Expedition in den Busch wollte ich es dir längst gebracht haben. Du weißt doch, in der Trockenzeit suche ich nach Kamelen.«
    »Halten sich die Preise für unsere Kamele auf dem Markt im Mittleren Osten?«, fragte Rosie. »Das ist schon merkwürdig, dass australische Kamele in alle Welt gehen!«
    »Es gibt viele merkwürdige Dinge im Leben.«
    »Wohl wahr. Also, was wolltest du mir zeigen?«
    Er löste behutsam die Schnur der dicken Rolle und rollte das Laken wie ein Teppichhändler auseinander. Rosie fielen Farbe, Thema und Gestaltung sofort ins Auge. Was sie sah, unterschied sich völlig von der Kunst, die sie aus der Kimberley-Region kannte. Neugierig beugte sie sich vor und nahm die Bilder nacheinander auf, um sie genauer zu betrachten. Unter der letzten Leinwand lagen mehrere Knüpfarbeiten. »Phänomenal«, hauchte sie und fuhr mit der Hand über die oberste Arbeit. »Was haben sie verwendet? Wolle?«
    »Vor Ort vorkommende Fasern, auch Kamelhaar.«
    Rosie schwieg, während sie diese ungewöhnlichen Kunstwerke auf sich wirken ließ. »Da sind Naturfasern, lokaler Ocker und andere Farben, teilweise eine stilisierte Form indigener Arbeit. Dieses Motiv hier in der Mitte … das ist mir vertraut. Es ist alles sehr schön. Wer um alles in der Welt macht so was? Wie lautet die Geschichte dazu?«
    Farouz fuhr mit den Fingern die Muster auf dem dicken Teppich nach. »Ach, dahinter steckt eine große Geschichte«, meinte er lächelnd.
    »Du kennst sie?« Rosie warf noch einen Blick auf den Teppich. »Ehrlich gesagt, sieht das sehr persisch aus.«
    »Eine Gruppe von Frauen draußen in der Wüste stellt sie her. Sag mir, was du davon hältst. Kannst

Weitere Kostenlose Bücher