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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Ich
bezweifle stark, dass er sich für den Neffen seiner Frau starkmachen würde. Was
Herakles betrifft, so sind Nearchos und ich bekanntlich Griechen, unsere
Meinung fällt bei den Makedonen also nicht ins Gewicht, aus den schon genannten
Gründen. Ptolemaios allerdings ist einer der sieben Königlichen Leibwächter. Er
verfügt unter den Offizieren über eine große Anhängerschaft, wenn auch nicht in
dem Maß wie Perdikkas.“
    Alles lief auf Herakles hinaus. Er war der älteste Sohn des
Königs, er war der am wenigsten „persische“ und verfügte über den größten
Anhang unter den maßgeblichen Leuten. Und er war der einzige potenzielle Erbe,
der bereits geboren war. Wenn der König jetzt sterben sollte, würde Herakles
nach menschlichem Ermessen sein Nachfolger werden. Doch die Macht läge in den
Händen von Perdikkas und den anderen machtgierigen Offizieren. Sollte
Paruschjati später tatsächlich einen Sohn bekommen, wäre sein Leben vom
Augenblick seiner Geburt an in Gefahr – oder sogar noch früher. Doch wenn es
ihr gelang, zum König vorzudringen, wenn sie ihn warnen, sein Leben retten
konnte, würde es keinen Machtkampf und kein Blutvergießen geben. Und wenn der
König dann lang genug leben würde, bis ihr Sohn erwachsen war … nun, dann
wussten nur die Götter, welches Schicksal sie ihm bestimmt hatten. Doch deren
Pläne waren für die Menschen unergründlich, wie sehr sie sich auch bemühten,
sie in Erfahrung zu bringen ...
    Eumenes’ Räuspern riss sie aus ihren Gedanken. „Dass
Stateira ihre Schwangerschaft offiziell bekannt gegeben hat, war möglicherweise
ein Fehler.“ Überrascht blickte Paruschjati auf. Sein Gesichtsausdruck hatte
sich verändert, er wirkte ernst und angespannt, nicht so blasiert wie sonst.
„Wenn die maßgeblichen Leute sich auf einen ihnen genehmen Kandidaten einigen
und wenn es ihnen gelingen sollte, ihn in der Heeresversammlung durchzusetzen …
nun, Stateira wäre gut beraten, sich und ihren potenziellen Sohn rechtzeitig in
Sicherheit zu bringen.“
    Der Kanzleichef sah Paruschjati jetzt völlig ungekünstelt
an, und sie begriff, worauf er hinauswollte: Er redete nicht nur von Statira.
Es war eine Warnung an sie persönlich. Auch sie hatte einen Fehler gemacht, als
sie den Ninmach-Tempel besucht und den Spekulationen über ihre Schwangerschaft
neue Nahrung gegeben hatte.
    „Ich danke dir für deinen guten Rat“, sagte sie zweideutig
und erhob sich.
    Er stand ebenfalls auf. „Ich hoffe, meine Ausführungen waren
dir von Nutzen.“
    Einen kurzen Augenblick spielte sie mit dem Gedanken,
Eumenes um Hilfe zu bitten. Trotz seiner offensichtlichen Komplexe verfügte er
über großen Einfluss. Falls der König tatsächlich langsam vergiftet wurde, dann
gehörte er zu den wenigen Menschen, die etwas dagegen unternehmen konnten. Doch
was, wenn Ephippos’ Informant recht hatte und Eumenes selbst zu den
Verschwörern gehörte? Dann brachte Paruschjati sich in große Gefahr und vergab
zugleich jede Chance, den König zu warnen. Nein, es war zu riskant. Peukestas
hatte ihr versprochen, ihr am nächsten Morgen Zutritt zum König zu verschaffen.
Das war im Moment die beste Chance, die sie hatte.
    „Eigentlich sind Makedonen und Perser einander nicht so
unähnlich, wie man immer denkt“, sagte sie. „Jedenfalls nicht, was die
Thronfolge betrifft. Auch bei uns hat sich letztlich meist der Stärkste
durchgesetzt. Mein eigener Vater ist das beste Beispiel dafür. Doch als er
starb, setzten die ‚maßgeblichen Leute‘ einen Strohmann auf den Thron, von dem
sie annahmen, dass er leicht zu handhaben war. Auch ihnen war egal, wer unter
ihnen König war. Wir wissen, wie das geendet hat.“
    „Das wissen wir allerdings“, erwiderte Eumenes, und ganz
plötzlich stand Besorgnis in seinem Gesicht. Das wunderte sie, denn bisher
hatte sie nicht den Eindruck gehabt, dass er sich besonders um die Makedonen
und die Zukunft ihres zusammengeraubten Reiches sorgte.
    Als
Eumenes Paruschjati hinausbegleitete, herrschte vor dem Eingang großer Andrang,
denn dort wartete noch immer ihr Gefolge, zusammen mit den Schreibern, die
Eumenes hinausgeschickt hatte. Doch unmittelbar an der Tür hatte sich eine
Gruppe makedonischer Offiziere etabliert, mit ungehaltenen Gesichtern, weil man
sie hatten warten lassen. Paruschjati erkannte Peukestas, Peithon und Seleukos
sowie einen hohen Phalanx-Offizier namens Attalos. Bei ihnen befanden sich
einige weiß gekleidete Männer mit Seherbinde und Stab,

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