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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Jolaos den Becher hereintrug, lag plötzlich eine Spannung in der
Luft – man konnte sie fast mit Händen greifen. Ich war so irritiert, dass ich
nicht auf den König achtete, als er trank, sondern auf die anderen Gäste. Ich
blickte von einem Gesicht zum anderen. Zuerst konnte ich mir nicht erklären,
was ich in ihnen sah. Dann brach der König zusammen, und ich verstand. Nie
werde ich ihre Gesichter vergessen! In einigen las ich Erleichterung, in
anderen Schuld oder Furcht, aber keines zeigte Besorgnis oder auch nur Überraschung.“
    „Willst du damit sagen“, sagte Paruschjati langsam, „die
anderen Gäste wussten, was geschehen würde?“
    „Alle mit Ausnahme von Proteas. Er war der Einzige, der
erschrocken wirkte. Ich kenne Proteas, er ist nicht helle genug, um so etwas
vorzutäuschen. Die anderen wussten Bescheid! Ich bin überzeugt, dass sie alles
arrangiert haben. Medios hatte die Aufgabe, den König in die Falle zu locken,
und Jolaos gab das Gift in den Wein.“
    „Wenn alle an dem Abend unter einer Decke steckten, wie
kommt es dann, dass du dabei warst?“
    „Nur durch Zufall. Mein Freund und ich waren schon ziemlich
angeschlagen, als wir dem König und seiner Gesellschaft über den Weg liefen.
Sie waren auf dem Weg zu Medios. Alexander lud uns ein mitzukommen. Ich glaube
nicht, dass die anderen mit unserer Anwesenheit gerechnet haben.“
    „Wer war an dem Abend alles dabei?“
    „Perdikkas. Ptolemaios. Leonnatos“, begann der Unbekannte.
„Nearchos. Eumenes …“
    „Nearchos und Eumenes?“, unterbrach ihn Paruschjati.
Nearchos, der so gern mit Alexanders Freundschaft angab? Sie erinnerte sich,
wie sie mit ihm am Wasserbecken im Sommerpalast gesessen und er von seinen
Abenteuern auf dem Ozean erzählt hatte. Konnte er ein Mörder und Verschwörer
sein? Und Eumenes – auf der Fahrt zum Sommerpalast hatte er auffällig
ungehalten reagiert, als Ephippos ihn über das Bankett bei Medios aushorchen
wollte. Ursprünglich hatte Paruschjati geglaubt, dass Eumenes einfach nur
verärgert war, weil der Schriftsteller den König als Trunkenbold hingestellt
hatte. Doch ihr war von Anfang an nicht wohl gewesen.
    Der Vermummte setzte inzwischen seine Aufzählung fort. Es
waren insgesamt etwa zwanzig Namen. Alle Gäste gehörten zum engsten Kreis um
den König, undenkbar, dass sie alle in eine Verschwörung gegen sein Leben
verstrickt waren. Oder doch nicht?
    Lange nachdem der Unbekannte fertig war, brachte Paruschjati
schließlich hervor: „Warum hast du niemandem etwas von deiner Beobachtung
gesagt?“
    „Wem hätte ich es denn sagen sollen? Den Leibwächtern etwa?
Alle sieben waren an dem Abend anwesend! Außerdem jede Menge anderer hoher
Tiere, darunter einige von Alexanders besten Freunden. Niemand hätte mir
geglaubt. Schlimmer noch: Hätte ich den Mund aufgemacht, wäre ich jetzt mit
Sicherheit tot.“
    „Warum erzählst du es mir dann?“
    „Weil du Einfluss hast. Wenn Alexanders engste Umgebung in
die Verschwörung verwickelt ist, kann nur er selbst etwas dagegen unternehmen.
Jemand muss ihn warnen. Ich selbst komme nicht an ihn heran, ich gehöre nicht
zu den wirklich wichtigen Leuten. Aber du bist seine Gemahlin. Du kannst
zumindest verhindern, dass sie weitermachen.“
    „Weitermachen?“, fragte Paruschjati alarmiert. „Wie meinst
du das?“
    „Sie haben den König vergiftet, aber er ist nicht gestorben.
Der Anschlag ist misslungen. Also werden sie es weiterversuchen.“
    „Denk nach!“, mischte sich Ephippos ein. „Das Fieber ist
mehrere Male zurückgegangen, aber immer kam es kurz darauf wieder. Was, glaubst
du, hat das zu bedeuten?“
    „Willst du damit sagen, dass sie dem König weiterhin Gift
verabreichen?“
    „Ganz genau. Sie geben ihm immer nur eine kleine Dosis,
damit es nach einer normalen Krankheit aussieht. Und wer könnte das besser
bewerkstelligen als der königliche Leibarzt?“
    „Philippos? Du meinst, er war an dem Abend dabei?“
    Der Name Philippos war gleich zweimal auf der Gästeliste
aufgetaucht, aber Paruschjati hätte nie an Alexanders Leibarzt gedacht. Der
alte Mann hatte immer absolut vertrauenswürdig gewirkt. Nun schüttelte es sie
nachträglich, wenn sie an die Medizin dachte, die er ihr gegeben hatte. Ihr
fiel auch der Nachmittag im Sommerpalast wieder ein: An diesem Tag war es
Alexander besser gegangen, doch in der Nacht war das Fieber zurückgekehrt.
Hatte jemand nachgeholfen? Philippos? Oder Nearchos? Eumenes? Medios? Sie alle
waren in diesen Tagen

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