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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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in Alexanders Nähe gewesen.
    „Wer weiß?“, fuhr Ephippos fort. „Vielleicht ist der König
sogar schon tot, und die Offiziere verschweigen es. Das würde auch erklären,
warum so verdächtig wenig Nachrichten aus dem Sommerpalast kommen.“
    Der lange Korridor lag in Dunkelheit. Nur vereinzelt
loderten Fackeln an den Wänden, deren Eintönigkeit hin und wieder durch Nischen
unterbrochen wurde. In ihnen verbargen sich die Hintereingänge zu einigen der
geräumigsten und komfortabelsten Suiten des Neuen Palasts. Tagsüber herrschte
hier reger Verkehr, die Dienerschaft kam und ging, Küchen und Vorratskammern
wurden beliefert. Jetzt, mitten in der Nacht, war alles verlassen. Paruschjati
schlich mit ihren Begleitern zu der Tür, die in ihre Küche führte. Petisaka,
der Türsteher, war eingeweiht, er wartete auf das verabredete Zeichen, um sie
einzulassen. Sie hatten nur noch wenige Schritte zu gehen, als Farnakia abrupt
stehen blieb und das Visier seiner Lampe schloss.
    „Schritte“, wisperte er kaum hörbar.
    Paruschjati huschte zur nächstgelegenen Nische, gefolgt von
Ischna und den beiden Eunuchen, und drückte gegen die Tür, denn sie wusste, die
Räume dahinter standen leer, doch sie öffnete sich nicht. Sie pressten sich in
die Nische, verhielten sich vollkommen still und lauschten angestrengt. Nichts.
Paruschjati blickte vorsichtig um den Mauervorsprung. Der Gang wirkte
verlassen.
    „Bist du sicher, dass da jemand war?“, flüsterte sie.
    „Ja, und zwar mehr als nur einer. Und es klang, als ob sie
sich eilig versteckt haben.“ Farnakia spähte ebenfalls um den Vorsprung. „Sie
müssen in dem Seitengang dort sein.“
    Die Einmündung des Ganges war nur wenige Schritte vom
Eingang zu Paruschjatis Gemächern entfernt, die einzige Stelle weit und breit,
wo sich jemand verborgen halten konnte. In den Schatten dort war nichts zu erkennen,
doch in Paruschjati stieg ein ungutes Gefühl hoch. Sie blickte zum Eingang. Die
rettende Tür war zum Greifen nahe, der Drang, hinüberzulaufen und hinter ihr
Schutz zu suchen, wurde fast übermächtig. Doch sollte tatsächlich jemand in dem
Gang warten, würden sie ihm geradewegs in die Hände laufen. Die Schatten
wirkten immer bedrohlicher, schienen beinahe zu atmen. Je länger Paruschjati
hinüberstarrte, umso überzeugter war sie, dass dort jemand lauerte.
    Plötzlich, weiter vorn im Korridor, öffnete sich eine Tür.
Paruschjati und Farnakia fuhren zurück und pressten sich in die Nische. Dann
das Schließen einer Tür. Schritte, die näher kamen, ein Lichtschein, der durch
den Korridor tanzte. In ihrer Nische waren sie nur notdürftig verborgen, wenn
jemand den Gang herunterkam, musste er sie früher oder später entdecken.
    Doch dann schienen die Schritte sich von ihrem Versteck zu
entfernen. Paruschjati riskierte wieder einen Blick. Der Gang war leer, die
Neuankömmlinge mussten den Seitengang genommen haben. Falls dort wirklich
jemand gewesen war, hatten sie ihn vertrieben. Der Weg zur Tür war frei,
Paruschjati setzte sich in Bewegung.
    Als Farnakia an der Tür kratzte, huschte Paruschjati weiter
zur Einmündung und spähte um die Ecke. Drei Gestalten gingen den Gang hinunter,
mit dem Rücken zu ihr, zwei Männer, beide groß und breitschultrig, und eine
Frau. Einer der Männer hatte eine Lampe. Trotz der Dunkelheit und obwohl die
Frau einen Schleier trug, erkannte Paruschjati sie an ihrer Selbstsicherheit
und an der Energie, mit der sie vorwärtsstrebte.
    Was hatte Atalante um diese Zeit im Palast zu suchen, fragte
sich Paruschjati, während sie zur Tür zurückschlich. Warum bewegte sie sich in
den Gängen, die sonst nur das Personal benutzte? Und wo war sie gewesen? Bei
Statira? Raukschana? Die Gemächer der beiden Frauen hatten ihren Hinterausgang
in der Richtung, aus der Atalante gekommen war. Hatte sie einer von ihnen das
gleiche Angebot unterbreitet wie zuvor Paruschjati?
    Einen winzigen Augenblick lang fragte sie sich, ob es ein
Fehler gewesen war, nicht darauf einzugehen. Wenn Ephippos und sein
geheimnisvoller Informant recht hatten und der König langsam vergiftet wurde,
dann hatte der Machtkampf um seine Nachfolge bereits begonnen. Perdikkas hätte
ein wertvoller Verbündeter sein können. Doch nein, der Unbekannte hatte auch
ihn unter den Verschwörern genannt! Und Paruschjati hatte zu viele Könige
sterben sehen, um gemeinsame Sache mit Königsmördern zu machen.

9
    Mit ausgebreiteten Schwingen jagten
die Vögel über die glitzernde blaue Fläche,

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