Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
Vom Netzwerk:
Paruschjati ihre Opfergaben natürlich nicht auf den
Altären im Hof darbringen wie die gewöhnlichen Sterblichen, sondern wurde ins
Allerheiligste selbst vorgelassen.
    Das Bild der babylonischen Göttin kam ihr fremdartig vor,
wie zuvor schon das Relief in dem verlassenen Heiligtum unter Apamas Haus.
Dennoch spürte sie Anahitas Nähe, spürte ihren Schutz wie einen umhüllenden
Mantel. Vielleicht hatte Apama recht, und alle Göttinnen waren eine einzige
oder zumindest Schwestern. Mit erhobenen Händen stand Paruschjati vor der
Göttin und betete für die Zukunft ihres Kindes, was immer sie bringen mochte.
    Als Paruschjati in den Neuen Palast zurückkehren wollte, war
der Andrang auf der Prozessionsstraße womöglich noch größer geworden. Sie
beschloss, nicht den Weg durch das Ischtar-Tor zu nehmen, sondern einen Umweg
durch den Alten Palast zu machen. Eine krasse Fehlentscheidung. Die Palasthöfe
waren von Menschenmassen überlaufen und die Tore, die einen Hof vom anderen
trennten, verstopft. Paruschjatis Eunuchen sorgten für Platz und gingen dabei
nicht eben zimperlich vor, sodass sie einigermaßen unbehelligt durch die beiden
östlichen Höfe gelangte. Doch vor dem großen Torbau, der zum Zentralhof mit dem
Thronsaal führte, ging nichts mehr. Die Menge staute sich vor dem einzigen
Durchgang, sie drängelte und lärmte und schubste. Paruschjati sah viele
Griechen darin, doch sie bemerkte auch Dutzende von exotischen Trachten und
hörte ebenso viele unbekannte Sprachen – Gesandtschaften, die aus allen Teilen
der Welt nach Babylon gekommen waren. Nun, da es dem König offenbar wieder
besser ging, hofften sie auf eine Audienz.
    Abgeschirmt durch ihre Eunuchen, drängte sich Paruschjati an
einer Gruppe dunkelhäutiger Männer vorbei, Libyer wahrscheinlich, denn ihre
Köpfe waren mit Pfauenfedern geschmückt. Auch die Gesandten, die sie bei ihrem
Besuch im Sommerpalast gesehen hatte (wie hieß ihre Stadt noch mal? Rom?)
standen eingekeilt in der Menge – ihre blütenweißen Gewänder hatten in dem
Gedränge sichtlich gelitten, und ihre Mienen waren womöglich noch
sauertöpfischer geworden. Paruschjati schloss zu einer griechisch gekleideten,
besonders geräuschvollen Gesellschaft auf, die es bis unmittelbar vor den
Durchgang geschafft hatte.
    „Warum lässt man uns in der prallen Sonne schmoren?“,
nörgelte einer der Griechen mit schriller Stimme. „Wir sind Athener! Als
Bundesgenossen des Königs bestehen wir darauf, empfangen zu werden!“
    „Ich bedaure, aber der König ist noch nicht eingetroffen“,
erwiderte Leonnatos, der Königliche Leibwächter, der offenbar die schwierige
Aufgabe übernommen hatte, zusammen mit einem Trupp Königspagen vor dem Tor für
Ordnung zu sorgen.
    „Wir haben gehört, er ist wieder im Alten Palast!“
    „Eine Fehlinformation. Der König wird im Laufe des Tages aus
dem Sommerpalast zurückkehren. Man wird euch Bescheid geben, wann er Zeit
findet, euch zu empfangen. Bis dahin solltet ihr in eure Unterkünfte
zurückgehen, statt hier den Durchgang zu versperren.“
    „Wir lassen uns nicht abwimmeln!“, brüllte einer der
Gesandten, und ein anderer fügte hinzu: „Wir gehen hier nicht weg!“
    „Wie ihr meint“, meinte Leonnatos achselzuckend. „Allerdings
können wir nicht zulassen, dass ihr den ganzen Verkehr aufhaltet.“ Er schnippte
mit den Fingern, und die Pagen schwärmten aus, um Platz zu schaffen.
    „Eine Unverschämtheit, wie wir hier behandelt werden!“,
brüllte jemand, als die Menge Schritt für Schritt vom Tor zurückgedrängt wurde.
    Paruschjatis Eunuchen stemmten sich dem Andrang entgegen,
damit sie nicht davongespült wurde. Leonnatos gab den Pagen ein Zeichen.
„Schafft Platz für die Königin Parysatis!“ Zwei oder drei der jungen Männer
halfen Paruschjati aus dem Gedränge heraus auf den freien Platz, der inzwischen
vor dem Tor entstanden war.
    „Königin Parysatis!“ In einer schwungvollen Geste warf
Leonnatos seinen Mantel über die Schulter und verbeugte sich. „Du kannst mit
deinem Gefolge natürlich passieren.“ Er war ein entfernter Verwandter des
Königs und neigte ein wenig zur Großspurigkeit, doch im Gegensatz zu vielen
seiner Landsleute war er zumindest nicht herablassend. „Ochos!“, brüllte er.
    Aus der Kette der Pagen, die immer noch damit beschäftigt
waren, die Menge zurückzudrängen, löste sich ein junger Mann. Es war Vahauka,
und Paruschjati wunderte sich nicht zum ersten Mal, was Griechen und Makedonen
manchmal aus

Weitere Kostenlose Bücher