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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Befehle erhalten: Die
höheren Ränge sollen sich im Alten Palast bereithalten, die anderen haben
Order, sich zu ihren Truppen draußen vor der Stadt zu begeben. Es sieht ganz so
aus, als ob das Heer und die Flotte nun endlich doch noch aufbrechen.“
    Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Palast.
Paruschjati fiel eine Last vom Herzen, denn das musste bedeuten, dass es dem
König endlich wieder besser ging. Ephippos und sein mysteriöser Gewährsmann
hatten Gespenster gesehen. Es gab keine Verschwörung, niemand hatte versucht,
den König zu vergiften. Er hatte einfach nur zu viel getrunken und sich danach
ein Fieber eingefangen.
    Beruhigt beschloss Paruschjati, in dem Buch zu lesen, das
ihr die Schwester des griechischen Schriftstellers geschenkt hatte – wie war
ihr Name noch? Ach ja, Nikobule. Wie sich herausstellte, war das Buch eine
Chronik ihrer Heimatstadt. Paruschjati hatte nicht die geringste Ahnung, wo
dieses Kolophon lag, und offenbar hatte sich dort noch nie etwas Weltbewegendes
zugetragen. Andererseits musste Paruschjati zugeben, dass Nikobules Bruder
durchaus Talent zum Schreiben hatte.
    Am Vormittag tauchte überraschend der Arzt Philippos auf, um
sich nach Paruschjatis Wohlbefinden zu erkundigen. Sie hatte ihm gegenüber ein
schlechtes Gewissen, weil sie ihn als Giftmischer verdächtigt hatte. Deshalb
versuchte sie diesmal nicht, ihn abzuwimmeln, sondern ließ sich bereitwillig
von ihm untersuchen.
    „Gegen die morgendliche Übelkeit solltest du weiter die
Medizin nehmen, die ich dir gegeben habe“, sagte er schließlich. „Sie beruhigt
den Magen und ist zugleich unbedenklich im Hinblick auf eine eventuelle
Leibesfrucht.“
    „Was willst du damit sagen?“, fragte Paruschjati bestürzt.
    „Das, was ich gesagt habe. Es ist noch zu früh, um sich
festzulegen, aber ich sehe auch keinen Grund, warum du nicht ein gesundes Kind
erwarten solltest.“
    „Ist das alles?“, raunzte Mannuja ihn an. „Was ist mit Ruhe
und Schonung?“
    „Nicht nötig. Ich halte nichts davon, wenn Schwangere sich
zu sehr verhätscheln lassen. Das ist nur schlecht für die Kondition, und die
brauchen sie bei dem, was vor ihnen liegt.“ Er blinzelte Paruschjati zu. „Keine
Bange, von mir erfährt niemand etwas! Ärzte sind von Berufs wegen zum Schweigen
verpflichtet, und ich verdiene zu gut, um mich bestechen lassen zu müssen.“
    Paruschjati konnte kaum fassen, dass sie den freundlichen
alten Mann noch vor ein paar Stunden verdächtigt hatte, in eine Verschwörung
gegen das Leben des Königs verwickelt zu sein. Überhaupt sah die Welt mit einem
Schlag ganz anders aus. Sogar die drückende Hitze schien etwas nachgelassen zu
haben. In ihrer Euphorie entschloss sich Paruschjati, Mannujas Drängen endlich
nachzugeben und den Ninmach-Tempel zu besuchen. Sie wollte Anahita ein Opfer
darbringen und sie um eine problemlose Schwangerschaft und eine leichte Geburt
bitten. Möglicherweise würde das wieder die Gerüchteküche befeuern, aber im
Moment gab es für den Palastklatsch ein interessanteres Thema. Außerdem schien
ohnehin schon alle Welt Bescheid zu wissen, Apama, Atalante, Thais, Philippos
und nicht zuletzt Barsines große Familie. Und für den Fall, dass sich später
herausstellen sollte, dass Paruschjati doch nicht schwanger war, konnte sie der
Göttin auf jeden Fall dafür danken, dass es dem König wieder besser ging.
    Seit Tagen hatte Mannuja ihr in den Ohren gelegen, den
Tempel zu aufzusuchen, doch nun, wo es endlich so weit war, wollte sie
plötzlich nicht mitkommen. Eine wichtige Inventur, behauptete sie, doch hinter
ihrem scheinbar gleichmütigen Gesicht witterte Paruschjati Besorgnis.
Vielleicht gab es wieder einmal Streit mit Hofmeister Aspamithra.
    Der Tempel der Göttin lag bei der Stadtmauer, in der Nähe
des Ischtar-Tores, gleich gegenüber vom Alten Palast. Auf der
Prozessionsstraße, die durch das Tor mit seiner Fassade aus blau glasierten
Ziegeln führte, herrschte an diesem Tag womöglich noch mehr Betrieb als
gewöhnlich. Offiziere und Boten strömten in beiden Richtungen hindurch,
Schreiber transportierten Unterlagen, Hofbedienstete hasteten mit geschäftiger
Miene umher.
    Die wuchtigen, weiß gekalkten Mauern des Tempels gleißten im
Sonnenlicht, seine mit Bronze beschlagenen Torflügel waren weit geöffnet,
bewacht von Greifen und Stieren, die einst ein babylonischer König dem
Heiligtum gestiftet hatte. Menschen drängten sich im Innenhof, doch als
Gemahlin des Königs musste

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