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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Martin-le-Grand-Viertel, war dafür ein typisches Beispiel; ich meine für die übereilte Rückkehr der Leute, als die Pest nachzulassen begann. Dieser John Cook hatte die Stadt mitsamt seiner Familie verlassen, hatte sein Haus verschlossen und war aufs Land gegangen, wie viele andere; und als er vernahm, die Pest sei im November so weit zurückgegangen, daß nur noch 905 in der Woche an allen Krankheiten zusammen gestorben waren, wagte er sich wieder auf den Weg nach Hause. Er hatte in seiner Familie zehn Personen; das heißt er selbst, seine Frau, fünf Kinder, zwei Lehrlinge und eine Dienstmagd. Er war noch keine Woche wieder im Hause, hatte die Werkstatt wieder in Betrieb und sein Geschäft im Gang, als die Seuche in seiner Familie ausbrach, und innerhalb von ungefähr fünf Tagen waren sie alle tot, außer einem; das heißt, er selbst, seine Frau, alle fünf Kinder und die beiden Lehrlinge waren gestorben, nur die Dienstmagd blieb am Leben.
    Aber das Erbarmen Gottes war größer, als wir für die übrigen Grund hatten zu erhoffen; den die Bösartigkeit der Seuche hatte sich, wie ich schon sagte, verbraucht, die Pest hatte sich erschöpft, und außerdem kam das Winterwetter nun mit Rie-senschritten heran, und die Luft war klar und kalt infolge einiger scharfer Fröste; und da die Kälte sich noch steigerte, wurden die meisten Erkrankten wieder gesund, und die Stadt fing an, ihre Gesundheit wiederzuerlangen. Zwar gab es noch einige Nachzüglerfälle der Pest, bis sogar in den Dezember hinein, wo die Registerzahlen sich wieder um nahezu 100
    vermehrten; aber das ging vorüber, und nach kurzer Zeit fing alles an, in sein altes Geleise zu kommen. Und wundervoll war es zu sehen, wie die Stadt plötzlich wieder voller Menschen war, so daß es einem Fremden nicht aufgefallen wäre, wie viele fehlten. Und was die Wohnungen angeht, so mangelte es 290

    nirgends an Bewohnern, leere Häuser waren wenig oder gar nicht zu sehen, und wenn es sie gab, so gab es dafür genug Mieter.
    Ich wünschte, ich könnte sagen, daß so wie sich das Angesicht der Stadt erneuert hatte, auch die Lebensart der Leute eine Auffrischung erfuhr. Zweifellos gab es viele, die ein aufrichtiges Gefühl für ihre Befreiung behielten und der hoheitsvollen Macht, die sie in einer so gefahrvollen Zeit beschützt hatte, von Herzen dankbar waren; es wäre sehr unfreundlich, wollte man in einer so volkreichen Stadt anders urteilen, in der die Leute gewiß noch so fromm waren, wie sie es zur Zeit der Heimsuchung bewiesen hatten; doch abgesehen von dem, was man innerhalb bestimmter Familien oder an einzelnen von solcher Haltung antreffen konnte, muß man sagen, daß die allgemeine Übung des Volkes die gleiche war wie zuvor und kaum einen Unterschied erkennen ließ.
    Einige meinten sogar, es sei schlimmer geworden; die Moral des Volkes sei von dem Zeitpunkt an gesunken; die Leute, von der Gefahr, die sie durchgemacht hatten, verhärtet, seien seither, wie Seeleute nach dem Sturm, böser, stumpfsinniger, unbedenklicher und in ihren Lastern und Sünden verhärteter denn je; aber so weit möchte ich nicht gehen. Es würde einen Geschichtsband von nicht geringer Dicke anfüllen, wolle man im einzelnen berichten, welche Stufen die Entwicklung durch-lief, bis alles wieder in die alte Ordnung und ins gewohnte Fahrwasser zurückkam.
    In manchen Gegenden Englands herrschte jetzt die Seuche mit der gleichen Heftigkeit, wie es in London gewesen war; die Städte Norwich, Peterborough, Lincoln, Colchester und andere Orte wurden jetzt heimgesucht; und die Behörden in London begannen Vorschriften zu erlassen, wie man sich im Verkehr mit diesen Städten zu verhalten habe. Allerdings konnte man nicht einfach den dortigen Leuten verbieten, nach London zu kommen, weil es unmöglich war, sie zu unterscheiden, und so 291

    mußten, nach vielen Beratungen, der Lordbürgermeister und die Stadträte die Sache fallen lassen. Alles, was sie tun konnten, war, die Bevölkerung zu warnen und ihr einzuschärfen, mit Leuten, von denen bekannt sei, daß sie aus solchen befallenen Orten kämen, keinen häuslichen Umgang zu pflegen.
    Aber sie hätten ebensogut in die Luft reden können, denn die Londoner glaubten sich nunmehr so immun gegen die Pest, daß sie über alle Ermahnungen erhaben waren; sie schienen sich darauf zu verlassen, daß die Luft wieder rein war und daß die Luft wie ein Mensch war, der, nachdem er die Pocken gehabt hat, nicht mehr angesteckt werden kann.
    Dies brachte die

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