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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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entfernt davon waren, sie mit Willen auf andere zu übertragen, daß sie ihren eigenen Kindern verboten, ihnen nahezukommen, in der Hoffnung, sie so zu bewahren, und die sogar hingeschieden sind, ohne ihre nächsten Angehörigen noch einmal zu sehen, damit sie ihnen nicht die Seuche übertrügen und sie infizierten oder sie auch nur in Gefahr brächten. Wenn es also Fälle gegeben hat, da die Befallenen sich nicht um das Leid bekümmerten, das sie auf andere brachten, so verhielt es sich sicherlich so und wahrscheinlich gar nicht anders, als daß nämlich Menschen, die befallen waren und aus ihren verschlossenen Häusern ausgebrochen waren, in der Sorge um ihren Lebensunterhalt so zum Äußersten getrieben wurden, daß sie ihren Zustand zu verbergen trachteten und auf diese Weise, ohne es zu wollen, die Ansteckung anderer verursachten, die nichts davon ahnten.
    Dies ist einer der Gründe, warum ich damals glaubte und immer noch glaube, daß das gewaltsame Verschließen der Häuser und die Einengung oder vielmehr Gefangenhaltung von Menschen in ihren eigenen Häusern, wie ich oben schon sagte, im ganzen gesehen wenig oder gar keinen Wert hatte. Ja, ich bin der Meinung, daß es eher schädlich gewesen ist, indem es diese unglücklichen Menschen nötigte, mit der Pest am Leibe im Lande umherzuirren, während sie sonst friedlich in ihrem Bett gestorben wären.

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    Ich erinnere mich an einen Zeitgenossen, der aus seinem Haus in der Aldersgate Straße oder daherum ausgebrochen war und die Straße nach Islington entlangging; er hatte versucht, im Gasthof Zum Engel unterzukommen und darauf im Weißen Roß, zwei Gastwirtschaften, die immer noch unter den gleichen Namen bekannt sind, war aber abgewiesen worden; danach kam er zum Gescheckten Bullen, einem Gasthaus, das ebenfalls noch unter der gleichen Bezeichnung fortbesteht. Er bat um Unterkunft für nur eine Nacht, vorgebend, er sei auf dem Weg nach Lincolnshire hinein, und versicherte, er sei ganz gesund und frei von der Ansteckung, die zu der Zeit auch in diese Gegend noch nicht weit vorgedrungen war.
    Sie sagten ihm, sie hätten keine Unterkunft übrig als ein Bett in der Dachkammer, und auch das könnten sie nur für eine Nacht entbehren, da sie am nächsten Tag ein paar Viehtreiber mit ihrer Herde erwarteten; wenn er also mit solcher Unterkunft zufrieden sei, könne er sie haben, und er nahm an. Es wurde also zu seiner Begleitung eine Hausmagd mit einer Kerze hinaufgeschickt, um ihm das Zimmer zu zeigen. Er war sehr gut gekleidet und sah aus wie jemand, der nicht gewohnt war, in einer Dachkammer zu schlafen; und als er in das Zimmer trat, holte er tief Atem und sagte zu der Hausmagd:
    »Ich habe selten in einem Quartier wie diesem geschlafen.«
    Jedoch, da die Hausmagd ihm wieder versicherte, etwas Besseres hätten sie nicht, sagte er: »Gut, ich werde mich eben behel-fen müssen; dies ist eine fürchterliche Zeit; aber es ist ja nur für eine Nacht.«
    Er setzte sich also auf den Bettrand und hieß das Mädchen, ihm einen Krug mit, ich glaube, warmem Bier bringen. Das Mädchen ging, wie geheißen, nach dem Bier, aber irgend etwas Eiliges im Hause, da ihr wohl anderes aufgetragen wurde, ließ sie es wieder vergessen, und sie ging nicht mehr zu ihm hinauf.
    Am nächsten Morgen, als von dem Herrn nichts zu sehen war, fragte jemand im Hause die Magd, die ihn hinaufgebracht 94

    hatte, was aus ihm geworden sei. Sie sprang auf.
    »Ach«, rief sie, »ich habe nicht mehr an ihn gedacht. Er hieß mich, ihm etwas warmes Bier bringen, aber ich habe es vergessen.« Daraufhin wurde nicht die Magd, sondern jemand anders hinaufgeschickt, nach ihm zu schauen, und als dieser den Raum betrat, fand er den Mann tot und schon fast kalt, quer über das Bett gestreckt. Die Kleider hatte er sich vom Leibe gerissen, seine Wangen waren eingefallen, seine Augen in schreckenerregendem Ausdruck geöffnet, eine Hand hatte sich fest ans Bettuch geklammert, und so konnte man deutlich sehen, daß er bald nachdem das Mädchen ihn verlassen hatte gestorben war; und man kann annehmen, daß, wäre sie mit dem Bier hinaufgegangen, sie ihn schon ein paar Minuten nachdem er sich auf dem Bettrand niedergelassen hatte, tot aufgefunden haben würde. Das Entsetzen war groß in dem Haus, wie jeder sich denken kann, zumal sie dort bislang von der Seuche frei waren; und nun brachte dieser Unglücksfall die Ansteckung ins Haus und verbreitete sie sofort auf die anderen Häuser in der Umgebung. Ich kann mich nicht

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