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Die Pest Zu London

Die Pest Zu London

Titel: Die Pest Zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Verschiedenheit dieser Zahlen ist noch zu sagen und zu berücksichtigen, daß es – und darüber pflegten wir alle, die damals an Ort und Stelle weilten, einer Meinung zu sein – während der Monate August und September nicht ein Drittel soviel Menschen in der Stadt gab, wie es im Januar und im Februar gewesen waren. In einem Wort, eine durchschnittliche Zahl derer, die gewöhnlich an einem dieser drei Dinge starben, und die Zahl derer, die daran, wie ich höre, tatsächlich im Jahre zuvor starben, lautete so:
    1664:
Wochenbett 189 Früh- und Totgeburten 458
647
    Hingegen 1665:
Wochenbett 625
Früh- und Totgeburten 617
1242
    Diese Ungleichheit, sage ich, verschärft sich noch erheblich, wenn man die Bevölkerungszahl in Betracht zieht. Ich maße mir nicht an, eine genaue Berechnung der Zahl der Bevölkerung, die zu der Zeit in der Stadt war, zu unternehmen, aber ich werde in diesem Betreff schrittweise zu einem Wahrscheinlichkeitsüberschlag zu kommen suchen. Was ich jetzt eben sagte, soll nur das Elend jener armen Menschenkinder beleuchten, von denen man wohl sagen könnte, wie es die Schrift tut: »Wehe den Frauen in jenen Tagen, die schwanger sind, und wehe denen, die ein Kind säugen!« Denn fürwahr, ein Wehe war es für sie ganz besonders.
    Ich hatte zu nicht vielen der einzelnen Familien, wo diese Dinge sich zutrugen, Beziehungen, aber die Aufschreie der Bejammernswerten waren weit in der Ferne zu hören. Was die Schwangeren angeht, haben wir eine Berechnung vorliegen; 291 Frauen waren in neun Wochen im Kindbett gestorben, während in einem gewöhnlichen Jahr während der gleichen Zeit bei einer dreifachen Einwohnerzahl nur 84 aus derselben Ursache starben. Der Leser mag sich selbst die Proportion ausrechnen.
    Es kann kein Zweifel bestehen, daß der Jammer für die stillenden Mütter ebenso groß war. Unser Sterberegister konnte darüber nur wenig Licht verbreiten, aber einiges erhellte es doch. Es waren einige mehr als gewöhnlich, die während der Stillzeit verhungerten, aber das war noch nichts. Das Elend fing erst an, als sie aus Mangel an Pflege verhungerten: Die Mutter starb, und dann fand man die ganze Familie und die Kinder mitsammen tot, einfach dem Mangel erlegen; und wenn ich meine Meinung sagen darf, so glaube ich, daß viele Hunderte armer hilfloser Kinder auf diese Weise umgekommen sind. Das nächste war, daß sie nicht verhungerten, sondern sich beim Stillen vergifteten.
    Ja, auch wenn die Mutter selbst stillte, vergiftete sie, hatte sie einmal die Ansteckung, vielleicht ohne es zu wissen, das Kind, das heißt, sie infizierte es mit ihrer Milch; und in solchen Fällen starb dann das Kind gar vor der Mutter. Ich darf nicht vergessen, der Nachwelt diese Mahnung zu hinterlassen: Sollte dieser Stadt wieder eine solche furchtbare Heimsuchung widerfahren, dann sollten alle schwangeren Frauen und stillenden Mütter, wenn sie es nur irgend ermöglichen können, den Ort verlassen, denn ihr Elend wird, wenn sie von der Krankheit befallen werden, das aller anderen Menschen übersteigen.
    Ich könnte hier schaurige Geschichten erzählen, von lebenden Kindern, die man an der Brust ihrer Mutter oder ihrer Amme saugend fand, nachdem diese an der Pest gestorben war. Oder von einer Mutter in meiner Pfarre, die, da ihr Kind nicht wohl war, einen Apotheker rufen ließ, daß er das Kind anschaue; und als er kam, so wird erzählt, gab sie dem Kind gerade die Brust und war allem Anschein nach völlig wohlauf; aber als der Apotheker nähertrat, sah er die Anzeichen auf der Brust, mit der sie das Kind stillte. Er war zwar gewiß sehr erschrocken, aber da er die arme Frau nicht zu sehr beunruhigen wollte, bat er sie, sie möge ihm das Kind in den Arm geben; er nahm also das Kind, ging mit ihm zu einer Wiege, die dort stand, legte es hinein und fand, als er die Windeln öffnete, auch an dem Kind die Anzeichen, und beide starben, bevor er heimgelangen konnte, um dem Vater des Kindes, dem er von ihrem Zustand gesagt hatte, eine vorbeugende Medizin zu schicken. Ob das Kind die stillende Mutter angesteckt hatte oder die Mutter das Kind, war nicht sicher, aber das letzte sehr wahrscheinlich. Oder wiederum von einem Kind, das man von einer Amme, die an der Pest gestorben war, zu den Eltern nach Hause brachte, doch die zärtliche Mutter ließ sich nicht davon abbringen, das Kind an sich zu nehmen, und legte es an ihre Brust, wodurch sie angesteckt wurde, und sie starb, und das Kind in ihren Armen war auch tot.
    Es müßte das

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