Die Pestärztin
Ich bringe Euch Grüße von Eurer Familie. Der Herzog von Sizilien hat mich an seinem Hof aufgenommen.«
Elisabeth strahlte. »So hat meine Empfehlung wirklich genutzt! Aber ich denke, Ihr habt Euch auch auf dem Weg in den Süden tapfer geschlagen und Euch einen Ruf geschaffen, bevor Ihr meinem Vater vor Augen tratet.«
Herr Bernhard nickte. »Ich tat mein Bestes«, sagte er bescheiden. »Zu Ehren der Ritterschaft und meiner Dame.« Er wagte nicht, Gunhild mehr als einen raschen Blick zu schenken. Vielleicht erkannte er sie nicht einmal, verschleiert, wie sie war. Aber nein, dieser Ritter hätte seine Liebste auch unter tausend Schleiern wiedererkannt.
Gunhild schien kurz davor, in Ohnmacht zu fallen.
»Sie hat sich für ihn eingesetzt«, flüsterte das Mädchen schließlich, als der Ritter gegangen war. »O Gott, wenn er ein Lehen erhielte ...«
Theoretisch konnte er dann heiraten. Aber ob Gunhild von Hälsingborgs Vater einem Mann von so niederem Adel die Hand seiner Tochter gewährte? Zudem war die ja längst vergeben. Gunhild würde in zwei oder drei Tagen in dieser Halle Eide schwören. Und Bernhard musste zusehen und stark sein. Lucia mochte gar nicht daran denken.
Andererseits waren all diese Ritter und Edelfrauen auf solche Situationen vorbereitet. Lucia bewunderte Gunhilds Haltung, als Birger Knutson schließlich eintraf. Sie brach nicht zusammen, nicht einmal in Tränen aus. Kühl und bleich wie eine nordische Göttin küsste sie ihren versprochenen Gatten.
Lucia dankte dem Himmel, als der Abend endlich vorüber war. Sie war hungrig und freute sich über die Speisen, die in den Frauengemächern aufgetragen waren. Auch die anderen Mädchen machten sich aufgeregt darüber her; sie konnten gar nicht aufhören, über all die Ritter zu schwatzen, die sie an diesem Abend endlich einmal aus der Nähe hatten sehen können.
Gunhild aß keinen Bissen, doch als sie endlich mit Lucia allein war, machte sie Anstalten, sich herauszuschleichen.
»Halte mich nicht auf, ich muss ihn sehen! Wenn man uns ertappt, kann ich nichts tun. Aber ich kann Birger nicht heiraten, ohne wenigstens noch einmal seine Stimme zu hören, seine Hände zu spüren, seine Küsse ...«
Lucia nickte und suchte ihren alten Mantel aus der äußersten Ecke ihrer Truhe.
»Wirf den über, dann hält man dich für eine Köchin oder andere Bedienstete. Und sieh zu, dass du den richtigen Ritter triffst! Hier streicht genug Gesindel herum!«
Am nächsten Morgen wirkte Gunhild glücklich, beinahe verklärt. Sie schien die Wirklichkeit um sich her gar nicht wahrzunehmen und beteiligte sich weder am Klatsch der Mädchen noch an ihren Klagen, als die Morgenmesse ewig zu dauern schien. Die Messfeier zur Schwertleite der Knappen zog sich hin, und in der Kapelle war es kalt. Paradoxerweise fand das Turnier zwar diesmal später im Jahr statt, aber das Wetter war schlechter als im Jahr davor. Lucia war es allerdings ganz recht, dass sich ein Regenvorhang vor dem Ehrenbaldachin auftat, unter dem sie diesmal gemeinsam mit den anderen Frauen Platz nahm. Schließlich hatte Moses von Kahlbach seinen Stand wieder am gewohnten Platz aufgebaut. Lucia sah ihn mit den Herolden plaudern, und wenngleich ihr »Aufstieg« sich bestimmt zu den Juden von Landshut herumgesprochen hatte, wollte sie doch auf keinen Fall, dass er sie bemerkte.
Das Turniergeschehen wurde durch das schlechte Wetter jedoch stark beeinträchtigt. Die Wimpel und Fahnen der Ritter, ihre stolze Helmzier und die Fähnchen an ihren bunten Zelten hingen nass und traurig herab, statt fröhlich im Wind zu wehen. Die Pferde waren unwillig und mochten nicht durch den Schlamm galoppieren, in den sich Kampfbahn und Abreiteplatz bald verwandelten. Damit hatten vor allem die Jungen zu kämpfen, die erst seit heute Morgen die Ehre hatten, sich Ritter zu nennen. Sie waren mit ihren neuen Streitrossen noch nicht vertraut, und manch einer landete schon im Schlamm des Abreiteplatzes, noch ehe es zum ersten Waffengang gekommen war. Ehrenfried hielt sich immerhin tapfer und gewann seinen ersten Kampf. Zu Gerlinds unbändigem Stolz mit ihrem Zeichen an der Lanze! Beim zweiten Mal unterlag er, nachdem es beiden Rittern gelungen war, ihre Holzschwerter zu zerschlagen. Die Jungen balgten sich daraufhin wie junge Hunde im Morast, bis der Herold sie auseinandertrieb und den zum Sieger erklärte, der am Anfang den Tjost für sich entschieden hatte.
Erst am Nachmittag - nachdem die aufgeregte Gisela den »Sieger des
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