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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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bereitete Getränk berauschte rasch; es würde Gundhild beruhigen. Das Mädchen trank es in kleinen Schlucken und schien seine Fassung dabei langsam wiederzufinden. Schließlich erzählte Gunhild mit leiser, verträumter Stimme von ihrer großen Liebe. Bernhard von Paring kam von einem kleinen Hof, gar nicht weit von Landshut entfernt, doch mehr eine Vogtei als eine Festung. Er war der jüngste Sohn, es gab keine Hoffnung auf ein Erbe, aber immerhin hatte er als Knappe bei Herzog Stephan gedient und schließlich die Schwertleite gefeiert. Der junge Ritter hatte sich auch gleich auf seinem ersten Turnier ausgezeichnet - und Gunhild war die Aufgabe zugefallen, ihn als Sieger zu küssen. Danach waren alle Schranken gefallen. Bernhard erwählte sie als Minneherrin; sie tauschten Küsse und Zärtlichkeiten im Rosengarten. Als Elisabeth merkte, dass sie zu weit gingen, schickte sie ihn fort. Aber es war zu spät: Gunhild hatte ihre Jungfernschaft bereits verloren.
    Lucia hörte zu und streichelte dem Mädchen immer wieder über den Rücken.
    »Hör zu, dein Gatte wird dich nicht töten«, sagte sie schließlich nach reiflicher Überlegung. »Im Gegenteil, er wird die Sache verschleiern. Schließlich ist es nicht Gunhild, die er will, sondern ein gutes Verhältnis zu deinem Vater. Ist es nicht so?«
    Gunhild nickte. »Es geht um meine Heimatstadt. Sie soll wieder mit Dänemark verbunden werden.«
    »Da siehst du's! Das wird er doch nicht wagen, indem er dich bloßstellt! Und die Hochzeit soll hier auf der Landshuter Burg gefeiert werden. Die Herzoginmutter wäre also auch betroffen, wenn die Braut sich dann nicht als Jungfrau erweist. Nein, was das angeht, hast du nichts zu befürchten.« Lucia strich dem Mädchen das Haar aus dem Gesicht.
    Gunhild nickte. »Im Grunde weiß ich das«, sagte sie leise. »Aber ich kenne Birger Knutson. Er ist ein harter, stolzer Mann. Ich fürchte nicht den Tod von seiner Hand. Ich fürchte das Leben.«
 
    Gewöhnlich hätte Lucia sich auf die Abwechslung gefreut, die das Turnier im stets gleichen Tagesablauf auf der Burg bot, aber Gunhilds stille Trauer und Elisabeths kaum verhohlene Verzweiflung vergällten ihr das Fest. Für Elisabeth jährte sich damit schließlich der Verlust ihres Liebsten und ihrer eigenen Hofhaltung. Und es führte ihr zu deutlich vor Augen, dass Adrian nun schon bald ein Jahr lang dahinsiechte. Immerhin brachte sie bessere Nachrichten, als sie von einem heimlichen Besuch bei ihrem Ritter zurückkehrte.
    »Die Entzündung der Wunde ist zurückgegangen, und er hat auch kaum noch Fieber. Denk dir, er konnte sich sogar kurze Zeit mit mir im Klostergarten ergehen, und er versucht, die Laute zu schlagen ... die Schwester Apothekerin mag es kaum glauben!«
    Lucia wunderte das nicht so sehr, aber sie lächelte der Freundin ermutigend zu.
    »Heilt die Wunde denn wieder zu?«, fragte sie.
    Elisabeth schüttelte den Kopf. »Nein, sie bleibt offen und nässt nach wie vor. Vor ein paar Tagen hat ein Bader im Gästehaus des Klosters genächtigt, und Adrian hat ihm die Wunde gezeigt. Der Mann hat vorgeschlagen, sie auszubrennen! Adrian will darauf eingehen, aber ich kann den Gedanken nicht ertragen, ihm ein glühendes Schwert in die Schulter zu stoßen. Und die Schwester Apothekerin rät ebenfalls ab.«
    Lucia dankte dem Himmel für so viel Vernunft bei der Klosterfrau, die sie bislang als ziemliche Stümperin eingeschätzt hatte. Die Unterweisungen, die sie den Mädchen bei ihren Besuchen in Seligenthal bot, gingen jedenfalls kaum über das Wissen der Hebammentochter in der Burgküche hinaus. Aber so weit, dass sie dem ohnehin todkranken Ritter auch noch schwerste Brandwunden zufügen wollte, ging der Aberglaube doch nicht.
    »Allerdings rät sie dazu, den Ritter zu schröpfen«, meinte Elisabeth. »Bei Neumond - so riet es Hildegard von Bingen.«
    Lucias neu erworbene Achtung für die Klostermedizinerin sank gleich wieder ins Bodenlose.
    »Verhindere das!«, erklärte sie Elisabeth resolut. »Nach Meinung Ibn Sinas ist Schröpfen nur bei wenigen Krankheiten sinnvoll und auch nur, wenn der Kranke zu viel Blut hat, nicht zu wenig. Dein Gatte zum Beispiel, oder mein Onkel Conrad, da mag es beruhigend wirken ...« Beide Männer entsprachen dem rotgesichtigen, cholerischen Typ, dem die arabische Medizin eine Neigung zu Schlaganfällen bescheinigte.
    Elisabeth musste wider Willen lachen. »Du meinst, ich würde seiner Gesundheit einen Dienst tun, wenn ich ihn beim nächsten Besuch in

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