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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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nickte.
    »Ja, Frau Lucia. Einen Herrn im dunklen Talar, sah fast aus wie ein Priester. Wir haben ihn der Herzoginmutter gemeldet.«
    Lucia fragte nicht weiter. Sie musste Frau Margarethe und den Medikus schnellstens finden. Dabei versuchte sie, sich eine Geschichte zurechtzulegen. Doch ihr fiel beim besten Willen nichts ein, das sie mit einem verwundeten Ritter in Seligenthal in Verbindung bringen konnte. Dabei war dies die einzige Möglichkeit, Elisabeth zu retten. Sie musste zuerst Frau Margarethe und dann den Herzog glauben machen, Adrian sei ihre Liebe.
    Die Herzoginmutter pflegte Bittsteller in einem Gemach etwas abseits der Wohnungen ihrer Damen zu empfangen. Dieses Gemach gehörte zu den Kemenaten und war im Winter heizbar. Allerdings war es nicht so persönlich eingerichtet wie die Zimmer der Damen, und es war auch nicht damit zu rechnen, dass irgendwelche Bediensteten oder Hofdamen unangemeldet eintraten.
    Lucia hielt sich jetzt allerdings nicht an diese Regel. Sie wollte die Tür aufstoßen, beherrschte sich dann aber und öffnete sie langsam und so leise sie es vermochte. So konnte sie zwar nicht unbemerkt bleiben, aber vielleicht gelang es ihr ja wenigstens, ein paar Worte der Unterhaltung aufzuschnappen, an denen sie ihre Strategie ausrichten konnte.
    Die Herzogin thronte auf einem fein gedrechselten, mit weichen Polstern versehenen hohen Stuhl vor einem Wandteppich. Sie wirkte majestätisch und unnahbar; die Bittsteller mussten vor ihr auf niedrigeren Schemeln Platz nehmen. Ihr heutiger Besucher, ein großer, sehr schlanker Mann, hatte jedoch darauf verzichtet und stand vor ihr. Er war offensichtlich aufgebracht.
    »Herzogin, ich bestehe darauf, sie zu sehen!«, sagte er mit fester Stimme - eine Stimme, bei der Lucia fast das Blut in den Adern gefror. »Und wenn sie diejenige ist, von der ich vermute, dass sie es ist, habe ich alles Recht der Welt darauf!«
    Lucia wollte ins Zimmer stürzen, doch sie war wie gelähmt.
    »Das Mädchen ist verlobt. Ich werde sie nicht ohne Not den Blicken fremder Männer aussetzen!« Die Herzogin sprach bestimmt und selbstbewusst. »Und nun setzt Euch, und befleißigt Euch eines anderen Tonfalles, Herr von ...«
    »Treist«, sagte der Mann, machte aber keine Anstalten, sich zu Füßen der Herzogin zu setzen.
    »Clemens ...« Lucia schaffte es endlich, den Namen zu flüstern. Dabei stieß sie die Tür vollständig auf.
    Der Blick der Herzogin fiel auf das Mädchen. Der Mann wandte sich um. Lucia bemerkte dabei sein leichtes Hinken. Und sie sah sein schmales, durchgeistigtes Gesicht mit den sanften, leuchtenden Augen, seine fein geschnittenen Lippen und die kleinen Falten, die zu viel Leid und zu viele durchwachte Nächte an Krankenbetten in sein Antlitz geschnitten hatten.
    Lucia verstand die Empfindungen der alten Anna beim Anblick des »Geistes« der Beatrix von Oettingen.
    »Ich dachte, du wärest tot«, brachte Lucia hervor und machte zwei zögernde Schritte auf ihn zu.
    Clemens hielt ihr die Hände entgegen. Auch ihn brachte das Wiedersehen beinahe aus dem Gleichgewicht, obwohl er vermutlich damit gerechnet hatte.
    »Ich wusste, dass du es bist«, sagte er leise. »Es konnte nicht anders sein. Eine so genaue Schilderung der Symptome und der Krankengeschichte ... und dann der Name Lucia. Aber wie bist du ...? Ich sah das Pesthaus brennen, und es hieß, man habe eine Hexe gerichtet. Ich dachte, du wärst tot.«
    Lucia wollte die Hände ergreifen, die sich ihr entgegenstreckten. Aber jetzt erwachte die Herzogin aus ihrer Verblüffung.
    »Ihr kennt das Mädchen also tatsächlich, Herr von Treist. Vielleicht verratet Ihr mir etwas über die Umstände Eurer Bekanntschaft in Mainz. Ich hoffe, es war nichts Unzüchtiges. Und du, Lucia, verabschiedest dich jetzt. Es gehört sich nicht, hier einfach hereinzuplatzen. Und mit einem fremden Mann zu reden geziemt sich erst recht nicht.«
    Lucia war noch zu überwältigt, um irgendetwas zu antworten.
    Clemens jedoch trat nun auf sie zu, legte ihr leicht, aber besitzergreifend die Hand auf die Hüfte und schob sie sanft neben sich vor die Herzogin. Lucia hatte das Gefühl, zu schwanken. Sie nahm Clemens' Worte und die Antworten Margarethes wie durch einen Nebel war. Es war schlichtweg unglaublich, dass sie hier neben Clemens stand, seine Hand auf ihrem Körper fühlte und seine Stimme hörte!
    »Wir sind einander nicht fremd. Lucia ist mein mir angetrautes Weib«, erklärte er ruhig. »Wir haben einander Eide geschworen ...«
    »Im

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