Die Pestärztin
auf unsere Gastfreundschaft. Wie bereits festgestellt wurde, gehört er dem Adelsstand an, auch wenn er das Schwert wohl an den Nagel gehängt hat! Ihr praktiziert als Medikus wie ein Bürgersohn, Herr Clemens, Euren Vater muss das hart ankommen ... « Der Herzog blickte Lucias Gatten fast strafend an.
Clemens zuckte die Schultern. »Ich bin einer von drei Söhnen, Herr, und wie die Herrin Margarethe früher bereits anmerkte, hat mein Vater kein Herzogtum zu vererben. Zudem bin ich lahm; einem Heer würde ich als Kämpfer wenig nutzen. Als Medikus dagegen kann ich so manchen Ritter vor frühem Tod und Siechtum bewahren.«
Lucia und Elisabeth blickten gleichermaßen furchtsam. Hoffentlich fing er jetzt nicht mit dem Auftrag an, den zu erfüllen man ihn nach Landshut gebeten hatte!
Clemens hielt jedoch inne, und der Herzog nickte. »Wohl gesprochen, Herr Clemens. Wenngleich die meisten Eurer Zunft die Ritter eher schneller vor ihren Schöpfer bringen. Aber lassen wir hier einmal den guten Willen gelten!«
Die Ritter lachten wieder.
Clemens grinste ein wenig schief, erwiderte aber nichts.
»Die Hofdame sei Euch ebenfalls gewährt, Frau Elisabeth. Vielleicht führt sie Euch ja in die Kunst ein, eine Ehe freudig und in gegenseitigem Einverständnis zu vollziehen.«
Elisabeths dunkle Augen schienen Blitze zu schleudern, aber der Herzog sah sie gar nicht. Nachdem er sein letztes Bonmot abgesondert und die Ritter damit noch einmal zu zotigem Gelächter angeregt hatte, stand er endgültig auf und beendete die Sitzung.
Elisabeth kämpfte ihren Zorn nieder und wandte sich mit bemühtem Lächeln an ihre Gäste. »Herr von Treist, ich werde Euch und Eurer Gattin bald geeignete Gemächer zuweisen lassen. Aber vorerst möchtet Ihr vielleicht mit meiner Kemenate vorliebnehmen ...?«
Clemens wirkte peinlich berührt ob Stephans letzter Worte. Lucia nahm das Angebot jedoch gern an.
»Wir danken Euch von Herzen für Eure Unterstützung, Herzogin«, sagte sie leise, als Elisabeth sie ohne weiteres Wort an der indignierten Frau Margarethe vorbeilotste.
»Ich denke, ihr werdet euch tausendfach dafür revanchieren.« Elisabeth lächelte und schob das Paar in ihre Kemenate. »Ich habe bereits Wein und einen Imbiss herbringen lassen, sodass ihr ungestört seid. Später bringe ich euch Leona.«
Sie schloss die Tür hinter Lucia und Clemens. Sie waren allein.
Lucia genoss die Stille. Sie stand Clemens gegenüber, blickte zu ihm auf und konnte sich gar nicht sattsehen an seinem Gesicht. Clemens bewegte sich ebenso wenig.
»Ich hoffe, es ist dir wenigstens recht«, sagte er schließlich. »Ich platze hier einfach in dein Leben und nötige dich, mir neue Eide zu schwören. Dabei scheinst du dich neu gebunden zu haben. Dieser Ritter ...«
»Der Fraunberger?«, fragte Lucia verständnislos. »Du meinst doch nicht etwa, da wäre etwas zwischen uns! Ich habe bislang nicht mal der Verlobung zugestimmt ... obwohl man mich zweifellos dazu gezwungen hätte.«
»Ich denke nicht an den Mann, von dem der Herzog sprach. Es ist der andere Ritter ...« Clemens zog Lucias Brief aus der Tasche.
Lucia lächelte. Sie wollte jetzt nichts erklären, hatte keine Worte mehr. Zaghaft hob sie die Hand, fuhr die Konturen seines Antlitzes nach, streichelte über seine Augenbrauen, seine Lippen, sein feines, aber energisches Kinn.
»Ich hatte kein Leben ohne dich«, flüsterte sie. »Kein Tag verging, ohne dass ich an dich gedacht habe, keine Nacht, in der ich nicht von dir träumte. Unser Kind hat deine Augen, Clemens. In Leona warst du immer bei mir.«
Sie sprach nicht von den furchtbaren Monaten der Schwangerschaft und von ihrer Angst nach der Vergewaltigung am Fischtor. Wenn überhaupt, würde sie es ihm später erzählen, viel später ...
Clemens beugte sich zu ihr hinab und küsste sie so sanft, scheu und forschend wie damals beim allerersten Mal. Lucia legte ihm die Arme um den Hals.
»Ich liebe dich über alles«, flüsterte sie, als er sie aufhob und zum Bett trug. »Und das will ich dir gern immer wieder beschwören, vor Gott und vor den Menschen.«
Clemens und Lucia erneuerten ihr Eheversprechen in Körper und Geist. Alle Zärtlichkeit und Sehnsüchte der letzten Monate und Jahre gingen darin auf. Schließlich lagen sie nebeneinander, tranken Wein und fütterten sich gegenseitig mit dem Brot und dem kalten Braten, den Elisabeth hatte bereitstellen lassen.
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass du am Leben bist«, flüsterte Lucia.
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