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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Den Kerl hat's dann bald erwischt. Ließ sich vom Roten Hans für seine Bande anwerben, Leuten aufzulauern und ihnen die Börsen zu stehlen. War aber zu dumm dazu. Sie haben ihn aufgeknüpft, auf dem Platz vor der Stadt ...«
    »Nur wegen einer gestohlenen Börse?«, fragte Rachel erstaunt. Sie tastete Beatrix' Leib ab und suchte nach einem Ansatzpunkt für den Griff, der das Kind durch eine geschickte Bewegung in die richtige Lage für die Geburt befördern sollte. Das gelang nicht immer, doch bei diesem zarten, dünnen Persönchen war Rachel guten Mutes. Die Lage des Kindes war leicht von außen zu ertasten. Wenn sie nur zwei Stunden früher gekommen wäre ...
    »Nein, nicht nur wegen der Börse«, sagte Anna. »Der Rote Hans hatte vorher noch einen Kerl abgestochen. Das hat Beas Stecher wohl arg verwirrt. Konnte offenbar kein Blut sehen. Als die Büttel kamen, ist die ganze Bande weggerannt. Nur er stand noch da und starrte auf die Leiche wie 'n Hase ins Licht, das blutige Messer in der Hand, das der Rote Hans ihm rasch zwischen die Finger gedrückt hatte. Da war jedes Leugnen zwecklos.« Anna zuckte bedauernd die Schultern.
    Beatrix stöhnte unter der nächsten Wehe. Dann aber schien sie das Bewusstsein endgültig zu verlieren. Viel zu viel Blut war geflossen. Rachel glaubte nicht daran, das Mädchen noch retten zu können. Aber das Kind rutschte jetzt mit einem Ruck in die richtige Lage. Rachel richtete sich aufatmend auf - und musste dann auch schon neben der Wöchnerin niederknien, um das Kind in Empfang zu nehmen. Das Köpfchen, das sich nun endlich in die Welt schob, war winzig. Das Mädchen hätte eine leichte Geburt gehabt, wäre da nicht diese Querlage gewesen. Rachel seufzte. Wer kannte die Wege des Ewigen?
    Sanft zog sie am Kopf des neuen Erdenbürgers und beförderte so auch die Schultern des Kindes zutage. Mit einem letzten Schwall Blut und Fruchtwasser glitt das Kind ins Freie.
    »Ein Mädchen«, sagte Rachel.
    »Lebt es?«, fragte Anna beinahe verwundert.
    »Aber ja!« Rachel hob das zerknitterte, blutige kleine Wesen an den Füßen hoch, klopfte ihm energisch auf den Rücken und löste damit einen kräftigen Protestschrei aus. »Da hört ihr's!«
    Selbst Beatrix in ihrer barmherzigen Ohnmacht schien das Kind gehört zu haben. Noch einmal schlug sie die Augen auf. Rachel sah ein beinahe irritierend dunkles Blau, in dem helle Lichter blitzten, als die junge Mutter ihr Kind erkannte.
    Beatrix schien etwas sagen zu wollen, brachte aber kein Wort mehr hervor. Ihre Hände machten eine fahrige Bewegung, die an einen Segen erinnerte. Dann sank ihr Kopf zur Seite. Die junge Mutter war tot.
    Rachel schloss ihr bedauernd die Augen.
    »Es war zu viel für sie«, sagte sie leise. »Armes kleines Ding.«
    Die Hebamme ließ offen, ob sie damit Beatrix oder deren neugeborene Tochter meinte. Mitleid empfand sie für beide. Was würde nun aus dem kleinen Mädchen werden, das im Stall eines Hurenhauses das Licht der Welt erblickt hatte? Sofern man die trübe Tranfunzel überhaupt als Licht bezeichnen konnte.
    Rachel suchte ein paar Tücher aus ihrer Tasche zusammen und säuberte das Kind notdürftig. Dann wand sie den trockensten ihrer Schals um den winzigen Körper.
    »Wer von euch wird sich des Kindes annehmen?«, fragte sie Anna und Lene, die fassungslos auf die Leiche ihrer Freundin blickten. Lene hatte sich bei Beatrix' Tod immerhin bekreuzigt. Anna hingegen schien sich eher um die Folgen ihres Tuns zu sorgen. Der Hurenwirt würde nach Mitwisserinnen suchen, wenn er am Morgen die Tote fand.
    »Von uns?«, fragte sie dann entsetzt. »Ihr glaubt doch nicht etwa, wir könnten hier ein Kind aufziehen? Meiner Treu, dann hätt ich auch meine eigenen drei Bälger zur Welt bringen können, aber ich war nicht so dumm wie die da! Es wäre noch Zeit gewesen, meinte der Engelmacher. Aber nein, sie wollt's ja haben. In Teufels Namen. Das hat sie nun davon. Und das Mädchen ...«
    »Können wir's nicht ersäufen?«, schlug Lene vor. »Wie die kleinen Katzen? Mein Alter hat immer gesagt, die merken da nichts von. Und wenn wir's vorher taufen, kommt's geradewegs in den Himmel.«
    »Und du endest in der Hölle, weil du einen Christenmenschen vom Leben zum Tode gebracht hast!« Anna verdrehte die Augen vor so viel Dummheit. »Wir setzen es aus. Am Dom, da kommt vor morgen früh keiner hin. Dann ist es auch tot.«
    »Die Jüdin könnt's ertränken«, bemerkte Lene. »Bei der kommt's nicht drauf an. Vor dem Dom aussetzen ist

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