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Die Pestglocke

Die Pestglocke

Titel: Die Pestglocke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Castleboyne befand, wurde öffentlich verbrannt und die Gaben der Pilger von dort entfernt. Der Wert der vielen Vasen, Edelsteine, Glocken, Teller, Broschen und anderen Gold- und Silberschmucks aus dem Schrein betrug 186152 Pfund. Die Abtei wurde durch das Parlament abgeschafft und dem König zugeschlagen.«
    Die Anhäufung von Reichtümern mittels Statuen und Reliquien war für viele Angehörige der Kirche ein Quell der Sorge gewesen, ehe Heinrich seine Chance sah, die Schreine mit der einen Hand in selbstgerechter Weise zu zertrümmern, während er mit der anderen ihre Erträge einsteckte. Erst jetzt dachte ich zum ersten Mal über diesen Aspekt des Schreins von Castleboyne nach. Wie viele Schätze hatte er angehäuft? Es hieß, die kostbaren Gegenstände, die man dem Schrein von Walsingham vermacht hatte, hätten die Fläche eines Tennisplatzes bedeckt.
    Und was war mit dem Schicksal des Bildnisses selbst? »Öffentlich verbrannt« ließ wenig Raum für Zweifel – die Muttergottes von Castleboyne war tatsächlich zerstört worden. Worum handelte es sich dann bei der Schnitzerei, die im Heritage Centre stand? Keiner der Einträge in den beiden Jahrhunderten wies auf die Existenz eines Konkurrenten oder Nachfolgers des wundertätigen Bildnisses hin. Wir würden zeitlich weiter zurückgehen müssen. Und ehe jemand vom Nationalmuseum kam und die Statue abholte, würde ich sie noch einmal untersuchen, um ihre Funktion zu ergründen.
    Mortimers Frage, ob die Statue hohl gewesen sei, brachte erneut die Möglichkeit ins Spiel, dass es eine Art Behälter war – ein Gefäß für eine Reliquie, vielleicht. Hohlräume in Statuen wurden häufig zu diesem Zweck benutzt. Oder manchmal wurden Reliquienschreine auch so geformt, dass sie aussahen wie das Körperteil, das sie beherbergen sollten, oder für die gesamte Person standen, die mit der Reliquie verknüpft war.
    Das Telefon im Flur läutete. Ich sah auf die Uhr. 1.20 Uhr. Als ich abnahm, hörte ich eine männliche Stimme, die reines Gift verspritzte: »Stephen Bolton ist tot. Und du bist es auch, Schlampe.«
    Ich knallte den Hörer auf die Gabel und wich zurück, als wäre der Anrufer in der Lage, mich durch die Leitung zu packen. Ich musste schnell handeln. Verschwinde aus dem Haus, Illaun. Egal wohin, Hauptsache weg!
    Ich hatte ein Sommerkleid an und war barfuß. Ich lief ins Schlafzimmer, riss Unterwäsche aus einer Schublade und ein T-Shirt aus einer anderen, klaubte die Jeans und den Pullover zusammen, die ich auf dem Wäschekorb hatte liegen lassen, und holte meine Turnschuhe unter dem Bett hervor. Boo, mein Kater, war wahrscheinlich draußen auf Streifzug – ich hatte jetzt keine Zeit, mir den Kopf über ihn zu zerbrechen. Natürlich sollte ich die Polizei anrufen, aber das konnte ich unterwegs von meinem Handy aus tun .
    Ich rannte durchs Haus und schloss die Fenster, stolperte über meine Sandalen und schlüpfte hinein. Zeit, zu verschwinden. Ich machte das Außenlicht an und schaute mich um; da ich niemanden sah, lief ich zu meinem Wagen.
    Ich warf meine Reservekleidung auf den Beifahrersitz, und während ich den Zündschlüssel ins Schloss fummelte, fiel mir ein, dass ich wahrscheinlich noch über der Promillegrenze lag. Ich nahm mir vor, es langsam angehen zu lassen, sobald ich die unmittelbare Nachbarschaft des Hauses hinter mir gelassen hatte. Ich fuhr links aus der Einfahrt, in Richtung Dublin; ich würde bei Tante Betty übernachten. Finian wäre vermutlich nicht allzu erfreut über mein Erscheinen gewesen, und außerdem war ich in Brookfield leicht zu finden. Ich rief die Vermittlung an und ließ mich zur Polizeistation von Castleboyne durchstellen, aber das Telefon läutete und läutete, ohne dass sich jemand meldete. Was war da los?
    Die Frage wurde beantwortet, als ich mich Oldbridge näherte. Ein Streifenwagen blockierte halb die Kreuzung der Brücke mit der Straße nach Dublin. Ein junger Polizist stellte Markierungskegel auf, um die restliche Fahrbahn dichtzumachen, während auf der anderen Seite ein Kollege von ihm gerade ein Auto anhielt, das sich aus Richtung Dublin näherte.
    Ich verlangsamte, und der Beamte beugte sich zu dem offenen Fenster herab – die Nacht war immer noch warm. Es war derselbe Mann, der vorhin am Krankenhaus Dienst gehabt hatte.
    »Sie werden umkehren müssen«, sagte er.
    »Was ist los? Hat es einen Unfall gegeben?«
    »Nein, nichts dergleichen. Wir sperren alle Straßen. Niemand darf rein oder

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