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Die Pestglocke

Die Pestglocke

Titel: Die Pestglocke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Sie schob mir die Tasse hinüber. »Teilweise habe ich sogar den Verdacht, er hat sich an sie herangemacht, weil er wusste, dass kein Mann im Haus ist, der ihn das Fürchten lehrt.«
    »Männer ...«, sinnierte ich. »Wir brauchen sie halt doch noch, was?«
    »Was hast du auf dem Herzen, Illaun?« Für Fran war ich wie ein offenes Buch. »Überlegt Finian immer noch, wann er einen Hochzeitstermin einschieben kann?«
    »Nein, das ist es nicht. Ich habe da einen Typ kennengelernt .« Ich beschrieb Groot und unsere beiden Begegnungen.
    »Tja, wie heißt es so schön: Wenn die Liebe zuschlägt, bist du machtlos.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es hatte mehr damit zu tun, dass ich mich ihm ebenbürtig fühlte. Oder anders gesagt: Finian neigt dazu, mich zu behandeln, als wäre ich weniger … ich weiß auch nicht … reif oder erwachsen als er. Ich weiß, das klingt lächerlich, weil es in gewisser Weise natürlich stimmt. Aber ich nehme es zunehmend wahr, und es gefällt mir nicht.«
    »Komisch. Unser Gespräch neulich hat mich an meine eigene Teenagerzeit zurückdenken lassen, und ich habe mich gefragt, ob ich so war wie Daisy – und ich war es. Ich hatte eine Phase, da war ich absolut grässlich zu meinen Eltern, und ich weiß, ich habe meinen Vater zu Tode geängstigt. Aber mir ging auch durch den Kopf, dass du immer ein Hippiemädchen warst, wie Daisy bis vor ein paar Monaten. Du warst der Traum jedes Vaters – mädchenhafte Kleidung, kein Make-up, eifrig studiert ... In diesem Sinn warst du eigentlich nie rebellisch.«
    »Sich in einen zwölf Jahre älteren Geschichtslehrer zu verlieben – glaubst du, das wünscht sich ein Vater?«
    »Aha. Das ist genau der Punkt, verstehst du? Damals fanden wir anderen es sehr wagemutig -einen Lehrer nicht einfach nur anzuhimmeln, sondern zu beschließen, dass man ihn kriegen wird, komme was wolle. Aber das war genau die Zeit, in der dein Vater sechs Tage in der Woche nicht zu Hause war, oder manchmal Monate am Stück, wenn er auf Tournee ging.«
    »Und?«
    »Finian bot dir eine Art väterliche Kontinuität. Ihr habt lange Spaziergänge gemacht, ihr habt über Geschichte gesprochen, ihr habt auf Festen zusammen gesungen, wie du es mit deinem Vater getan hattest. Er hat dich ermutigt, Archäologie zu studieren, er hat dein Latein aufgefrischt – und vor allem ist er nie mit dir ins Bett gegangen. Verstehst du, was ich sagen will?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Also gut. Als dein Vater die Rolle in dieser Fernsehserie bekam, hast du ihn plötzlich sehr viel mehr gesehen – und Finian sehr viel weniger. Du bist mit Jungs in deinem Alter ausgegangen – und mit ein paar davon sogar ins Bett. Und in den letzten Jahren, als dir dein Vater wegen seiner Krankheit wieder entglitt, was passiert? Auf einmal ist Finian wieder da. Denn weißt du was? Du hast nie diesen Bruch mit deinem Zuhause vollzogen, der einem erlaubt, sich selbst zu finden und erwachsene Beziehungen mit seinen eigenen Leuten aufzubauen. Du lebst mit deiner Mutter zusammen, du arbeitest in der Stadt, in der du aufgewachsen bist, und sogar ich bin immer noch deine beste Freundin, Herrgott noch mal! Und weil ich gerade dabei bin, weißt du, was diese Chamäleon-Geschichte mit deiner Kleidung auf sich hat? Das ist, weil du dich unbewusst anpasst. Du benutzt die Sachen, um die Tatsache zu verschleiern, dass tief in dir drin ein Vulkan darauf wartet, auszubrechen – oder gewartet hat. Weiß der Himmel, wie tief unten dieses ... wie nennt man es ... Magma inzwischen ist. Aber eins sag ich dir, wenn du Finian heiratest, wirst du es nie herausfinden.«
    »Du meinst also, ich muss mit achtunddreißig anfangen, rebellisch zu werden?«
    »Ich sage nur, dass die Begegnung mit diesem Groot ein Fenster zu dir selbst geöffnet hat. Die Frage ist jetzt, willst du wirklich sehen, was dahinter liegt?«
    »Himmel, Fran. Ich bin froh, dass du alles sagst, wie du es dir denkst.« Ich zitterte.
    »Ich kann nicht anders als offen zu dir sein, Illaun. Nicht in diesem Punkt.«
    »Die ganze Zeit hast du …« Die Stimme versagte mir: »So hast du immer von mir gedacht?«
    »Ach, tu doch nicht so, als würdest du das alles zum ersten Mal hören«, sagte sie in scharfem Ton. »Manches davon habe ich erst in letzter Zeit deutlich gesehen, aber ich habe immer rundheraus gesagt, was ich von der Sache zwischen Finian und dir hielt. Du hast es nur einfach darauf zurückgeführt, dass ich ihn nicht mag. Aber damit hat es überhaupt nichts zu tun –

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