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Die Pestglocke

Die Pestglocke

Titel: Die Pestglocke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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da sein.« Er gestikulierte in Richtung Garten. »Bis letztes Jahr bin ich mehr gereist, bekam andere Gärten zu sehen und war auch als Berater tätig. Das ist wieder aufgebrochen, als ich letzte Woche vom National Trust angesprochen wurde.«
    »Hast du den Brief schon bekommen?«
    »Ja, heute Morgen. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich annehmen soll, aber es ist ein faszinierendes Projekt. Pope war ein leidenschaftlicher Gärtner, und bevor er 1744 starb, verfasste er ein fünfhundert Zeilen langes Gedicht, in dem er seinen idealen Garten beschrieb. Er schickte es an einen seiner Gärtnerfreunde, statt an jemanden aus seinem literarischen Zirkel, und es verschwand einfach. Aber vor etwa fünf Jahren tauchte es mit dem Inhalt eines Hauses bei einer Versteigerung wieder auf und wurde vom National Trust erworben. Sie kamen zu dem Schluss, dass es möglich sei, Popes Idealgarten einschließlich der Bepflanzung aus dem Gedicht entstehen zu lassen. Und sie wählten ein Gelände nahe Twickenham dafür aus, wo er gelebt hatte.«
    »Klingt nach einer interessanten Herausforderung. Aber ich hätte nicht gedacht, dass dich diese Epoche interessiert. Ging es damals nicht ausschließlich um Landschaftsgestaltung a la Longwood House?«
    »Nein, das ist ja genau der Punkt: Es war vor dieser Zeit. In seinem Gedicht geht es um einen intimeren Maßstab. Und wenn ich das Angebot annehme, wäre ich außerdem eine Weile dem Einfluss meiner Helden wie Vita Sackville-West entzogen.«
    »Du würdest es also doch gerne tun?«
    »Ja, aber es würde bedeuten, dass ich fast drei Monate lang dort bleiben muss. Ich müsste natürlich meine Schwester Maeve bitten, sich um Dad zu kümmern.«
    »Na, zum Glück ist es nicht unsere Hochzeit, die dich davon abhält«, sagte ich spöttisch.
    »Ich will dich nicht verletzen, aber ich glaube nicht, dass Heiraten ein Hindernis für unsere Karrieren sein sollte. Ich meine, wenn du morgen die Gelegenheit hättest, ein Auslandsprojekt zu leiten, würdest du ablehnen?«
    Ehe ich antworten konnte, hatte Finian einen Arm um mich gelegt. »Das kam ziemlich heftig heraus, tut mir leid. Es ist nur ... in den letzten Tagen nagt noch etwas anderes an mir, und ich überlege schon die ganze Zeit, wie ich es dir sagen soll .«
    Mein Herz klopfte laut.
    »Ich schließe Brookfield auf unbestimmte Zeit für die Öffentlichkeit. Ich meine nicht morgen – am Ende des Sommers. Es macht keinen Spaß mehr. Ich brauche andere Herausforderungen. Es gab auch eine Anfrage, eine Buchreihe zu verfassen. Sie bieten einen anständigen Vorschuss, ich müsste einige Reisen unternehmen – falls ich den Auftrag des National Trust nicht annehme, könnten wir sogar beide zusammen fahren, es vielleicht mit Flitterwochen verbinden .«
    Ich schob ihn fort. Ich bekam kaum Luft. »Tut mir leid, meine Schulter schmerzt«, sagte ich, und das stimmte. Es stimmte aber auch, dass ich bestürzt war über das, was er da erwog, und über die Art und Weise, wie er ganz allein zu seiner Entscheidung gelangt war. Ich stand auf und befühlte Hals und Schultern. »Außerdem habe ich einen blauen Fleck von der Größe eines Kleinstaats im Gesicht, und mein Hals ist steif und tut weh. Ich werde wahrscheinlich die ganze Nacht auf dem Rücken liegen müssen, deshalb würde ich lieber allein schlafen, wenn es dir recht ist.«
    »Natürlich. Das verstehe ich.« Er blickte zur Seite, als ein schwacher Blitz den Himmel erhellte. »Ich verstehe vollkommen«, murmelte er für sich.
    Es war das erste Mal seit Monaten, dass ich nicht bei Finian schlief, wenn ich in Brookfield übernachtete. Und wenngleich es teilweise daran lag, dass meine Empfindungen ihm gegenüber im Augenblick wirklich nicht positiv waren, fühlte ich mich tatsächlich auch körperlich nicht wohl, sodass ich während der Nacht häufig aufwachte. Aus irgendeinem Grund versuchte ich, in diesen Wachphasen auch immer wieder fieberhaft zu ergründen, ob es eine Verbindung zwischen den Symbolen in dem Fenster und dem Grund gab, aus dem die Statue der Heiligen Jungfrau mit dem Kind versteckt worden war. Wir hatten immerhin festgestellt, dass es sich zwar nicht um das wundertätige Bildnis handelte, dass es aber dennoch eine Verbindung zwischen der Statue auf dem Friedhof und der Muttergottes von Castleboyne geben könnte: deren Fenster wies auf das Versteck hin. Mittelalterliche Symbole können auf verschiedenen Ebenen interpretiert werden – wir hatten bereits gesehen, wie das Buntglasfenster

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