Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pestglocke

Die Pestglocke

Titel: Die Pestglocke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
Vom Netzwerk:
sowohl auf Personen wie auf Orte verwies. Auch die mittelalterliche Vorliebe für Symmetrie und Gegensätze war zu berücksichtigen: Der Schlüssel zum Himmel und das Schwert des Märtyrertums ließen sich in Kontrast zum Tod bei lebendigem Leib der Leprakranken setzen, und die Jungfrau Maria konnte man mit Maria Magdalena vergleichen.
    Ich grübelte eine Weile über die beiden Letzteren nach. Maria, die reine Jungfrau; Maria, die gefallene Frau. Die eine Maria stand für Mutterschaft, die andere für weibliche Sexualität. Wenn Maria Milch war, war Magdalena Blut. Aber da man dachte, das Menstruationsblut werde im Körper der stillenden Mutter zu Milch, wurde beides zu untrennbaren Aspekten der Weiblichkeit. War das der entscheidende Punkt? Hatten die Schöpfer der Statue diese beiden Elemente vereinigt – die bar-brüstige Mutter mit dem einladenden Blick? Und hatte das einen Skandal verursacht, weil es manche Betrachter annehmen ließ, Maria Magdalena sei beim Stillen des Jesuskinds abgebildet worden? Hatte man die Statue wegen der verwirrenden Signale versteckt, die sie aussandte?

25. Kapitel
TÖDLICHER AUSBRUCH VON IMMIGRANTEN VERURSACHT! EINE INVASION SOGENANNTER ASYLSUCHENDER BRINGT EUCH UND EURE KINDER IN GEFAHR. VIELE EINWANDERER SIND TRÄGER VON KRANKHEITEN, DIE UNSERE BEVÖLKERUNG VERNICHTEN KÖNNTEN. DIE EINZIGE MÖGLICHKEIT, UNS ZU SCHÜTZEN, BESTEHT DARIN, AFRIKANER, ASIATEN UND ANDERE AUSLÄNDER AUS CASTLEBOYNE ZU VERTREIBEN. WIR WURDEN SCHON EINMAL KOLONIALISIERT. LASST ES NICHT NOCH EINMAL GESCHEHEN. IRLAND DEN IREN!
    Der Zettel steckte an meiner Haustür. Ich fragte mich, wie der Ausbruch der Krankheit zu einem Rassenthema geworden war.
    Als ich kurz nach 9.00 Uhr durch Castleboyne gefahren war, hatte ich zwar gesehen, dass eine Art Flugblatt an Telefonmasten und in Schaufensterscheiben klebte und unter den Scheibenwischern der parkenden Autos steckte, aber ich hatte angenommen, es habe mit der Quarantäne zu tun – eine Mitteilung der Stadtverwaltung, vielleicht. Die meisten Läden waren geschlossen, die Straßen menschenleer, und es herrschte so gut wie kein Verkehr. Als ich am ehemaligen Friedhof in den Maudlins vorbeikam, sah ich drei Gestalten in weißen Schutzanzügen mit gelben Kanistern auf dem Rücken, die den eingezäunten Bereich oben auf der Wiese besprühten. Trotz des Laborbefunds gingen die Behörden auf Nummer sicher. Es handelte sich wahrscheinlich um eine Vorsichtsmaßnahme, ehe sie irgendwelche Arbeiten auf dem Gelände gestatteten. Ich dachte, die Flugblätter könnten damit zu tun haben. Ich schaltete das Radio ein, aber die Nachrichten waren eben zu Ende. Im Wetterbericht hieß es, dass der Umschwung, den das Gewitter der letzten Nacht angekündigt hatte, in vollem Gang war: Die lange, heiße Periode ging zu Ende, und typisch irische Sommerbedingungen würden die Oberhand gewinnen. Wir mussten uns nicht nur mit der Quarantäne abfinden, sondern auch mit schlechtem Wetter.
    Draußen in Brookfield war von den Zetteln nichts zu sehen gewesen, aber als ich in meine Einfahrt fuhr, klebte einer an meinem Haus. Er stammte jedoch nicht von der Stadtverwaltung.
    Ich riss ihn ab und knüllte ihn zu einer Kugel, dann ging ich durch das Haus und rief nach Boo. Er ließ sich nicht blicken, womit er mich oft bestrafte, wenn ich ihn allein gelassen hatte, auch wenn er gut mit Essen und Wasser versorgt war. Aber wenn ich es am wenigsten erwartete, war er dann immer plötzlich um meine Füße, oder ich sah, wie er sich von einem unmöglichen Schlafplatz erhob – aus dem Bücherregal, zum Beispiel -, wo er die ganze Zeit unbeobachtet gelegen hatte, wie das Wesen in der Schlussszene von Alien.
    Während ich duschte, hörte ich das Telefon im Haus läuten. Dann läutete es auch im Büro. Wo war Peggy?
    Als ich in den Flur kam und mir die Haare abtrocknete, war eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Ich spielte sie ab und lauschte einem sehr müden Groot, der offenbar gerade auf dem Weg ins Bett war. »Hallo. Ich hab's auf Ihrem Handy versucht, aber das ist ausgeschaltet. Es ist sehr spät geworden, und ich bin zu müde, um jetzt auf alles ausführlich einzugehen. Aber bei unserem letzten Gespräch habe ich vergessen, Ihnen von einem weiteren Ergebnis der Laboruntersuchung im CRID zu erzählen – etwas, das sie in der Leichensuppe gefunden haben. Es hat sie total verblüfft und ist ein Grund, warum es so lange dauerte, bis wir von ihnen hörten. Zunächst einmal lag mehr als ein Kadaver in

Weitere Kostenlose Bücher