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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Lodewig ein schneidiger Bursche ist«, konterte Konstanze mehr verteidigungsbereit als angriffslustig.
    »Entschuldige! Du hast ja recht. Ich mag Lodewig doch auch … und wenn er Sarah glücklich macht, soll es mir recht sein. Es ist nur so plötzlich gekommen.«
    »Von wegen«, lächelte Konstanze wissend und zeigte unverhohlen ihre Freude darüber.
    »Was? Das geht schon länger?«, platzte es aus der Jüdin heraus, bevor sie besonnen sagte: »Wir werden es unseren Männern schon noch beibringen. Aber zuerst muss ich Sarah schimpfen, dass sie es mir noch nicht anvertraut hat«, drohte sie, vermochte dabei aber nicht, ein ernstes Gesicht zu machen.
    Obwohl die Bombergs einem anderen Glauben angehörten, ließen sie sich von Konstanze auf die Schnelle die Weihnachtserzählung der Geburt Jesu aus Diederich II., woher der jüngste Spross der Dreylings von Wagrain seinen Vornamen hatte, erzählen.
    »… Es war nur schade, dass sie heuer nicht mit der früher üblichen Vorführung eines Krippenspiels veranschaulicht werden konnte, da einige der Darsteller an der scheußlichen Seuche verstorben sind«, bedauerte die religiöse Kastellanin.
    »Aber auch die Predigt des Pfarrherrn hatte es in sich gehabt:
    ›Alle Menschen sind vor Gott gleich!‹, hat er von der Kanzel herunter gerufen und dabei die Bevölkerung Jerusalems, die nicht nur aus Christen, sondern auch aus Juden und Moslems bestanden hat, als Beispiel genannt. In diesem Zusammenhang hat er sogar eine Lanze für Menschen mit anderer Hautfarbe gebrochen, von denen hier – außer den Kindern des Kastellans in der Immenstädter Krippe – noch nie jemand welche gesehen hat. Stell dir vor: Er ist sogar so weit gegangen, den einfachen Bauern mit einem Fürsten zu vergleichen«, berichtete Konstanze freudig erregt.
    »Eine fürwahr merkwürdige Einstellung für einen katholischen Priester«, hatte der Schuhmacher seinem Nachbarn auf der anderen Seite während der Predigt ins Ohr getuschelt. »Im Mittelalter hätte er sich wohl der Ketzerei schuldig gemacht und wäre der Inquisition zugeführt worden.«
    Aber Johannes Glatt mochte sein wie er wollte, die meisten Staufner liebten ihren eigensinnigen Pfarrer. Sie wussten, dass er aufgrund seiner Intelligenz eigentlich ein höheres Kirchenamt bekleiden sollte oder sogar nach Rom an die Seite des Papstes gehören würde. Auch wenn er oft eine knorrige Art an den Tag legte, hatte sich der Kirchenmann während der heutigen Christvesper derart feinfühlig gezeigt wie selten zuvor. So wünschten die Menschen auch ihm eine gesegnete Weihnacht. Es war ihm vergönnt, dass er sich im Gegensatz zu ihnen noch einen guten Tropfen Wein und ein deftiges Mahl schmecken lassen konnte.
    Als sich die Menschentraube aufzulösen begann, fragte Konstanze die Bombergs, ob sie nicht doch mit ins Schloss hoch kommen möchten. »Wir haben genug zu Essen!«, betonte sie, respektierte aber Judiths Absage, weil sie anderen Glaubens waren und nicht ausgerechnet an diesem Tag stören wollten. Also eilten die Dreylings von Wagrain ohne die Bombergs, die von Konstanze schon vor Wochen eingeladen worden waren, nach Hause. Dabei konnte sie nicht an sich halten und äußerte ihrem Mann gegenüber den innigen Wunsch, gleich morgen zu den Opsers gehen zu dürfen.
    »Das kommt nicht in Frage! Du geduldest dich gefälligst bis nach den Feiertagen. Du kannst jetzt sowieso nichts ändern, und ich lasse nicht zu, dass du dir – und womöglich uns allen – Weihnachten verdirbst. Denk bitte auch daran, dass Eginhard schon nach Dreikönig in Bregenz sein muss. Und außerdem bist du ständig am Husten«, untersagte Ulrich das Vorhaben seiner Frau in energischem Ton, während er das Kopftuch enger um ihr Gesicht zog und ihren Kragen hochschlug.
    »Aber ich möchte wenigstens wissen, was mit unseren Buben los war. Wo sind sie gewesen?«
    Der Kastellan legte einen Arm um seine Frau und drückte sie an sich.
    »Sag nicht immer ›Buben‹ zu unseren Söhnen. Selbst du dürftest längst gemerkt haben, dass auch aus Lodewig ein Mann geworden ist … Wir sprechen später darüber.«

    *

    Wieder im Schloss zurück, klopften sie sich den Schnee von den Gewandungen, bevor sie sich in alle Richtungen verteilten. Während der Kastellan und Eginhard in den Stall gingen, um den Pferden eine Sonderration Heu in die Futterkrippe zu legen und sie mit geweihtem Wasser zu bespritzen, zog Diederich Lodewig in die Wohnung zum Weihnachtsbaum.
    Konstanze eilte in die Küche und band

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