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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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er trotz seiner Kraftlosigkeit ohnehin zu vermeiden, vielmehr bemühte es sich, den Kopf oben zu halten, um nach Ruland Berging Ausschau zu halten.
    Dem holprigen, quietschenden und scheppernden Gefährt folgten wieder zwei Stadtwachen, um den Delinquenten vor der am Ende des Zuges kommenden Bevölkerung zu schützen.

    Unter den wenigen, die das Schauspiel nicht sehen wollten, waren die Bombergs und Konstanze Dreyling von Wagrain. Sie war mit dem kleinen Diederich im Schloss geblieben. Auch wenn der Medicus während der Verhöre nichts vom Totengräber preisgegeben hatte, waren Konstanze und ihr Mann letztlich zu dem Schluss gekommen, dass er der Unbekannte war, den ihre Söhne seinerzeit mit dem Totengräber auf dem Kirchhof belauscht hatten. Allerdings wussten sie, dass sie dies nach Heinrich Schwartz’ Tod niemals mehr würden beweisen können.
    Obwohl vom Medicus jetzt keine Gefahr mehr ausging, fürchtete Konstanze immer noch um das Leben ihrer beiden jüngsten Söhne. Aus Angst wollte sie, dass auch Lodewig zu Hause bliebe. Aber der Vater hatte gemeint, der Bursche sei alt genug, um mit der harten Realität konfrontiert zu werden. Lodewig hatte allerdings hoch und heilig versprechen müssen, mit seinen Freunden aus dem Dorf zusammenzubleiben und sich keinesfalls von ihnen zu trennen. Im Gegensatz zu den anderen interessierten sich die jungen Männer momentan mehr für die Trommler als für den in Ketten Gelegten. Gerade Lodewig war ganz vernarrt in die Schlaginstrumente.
    Eigentlich hätte Lodewig die Zeit nützen und Sarah besuchen können. Von ihr wusste er, dass es ihre Eltern aus religiösen Gründen ablehnten, einer Hinrichtung beizuwohnen. Sie ist also zu Hause, war er sich sicher und erwog, eventuell doch noch zu ihr zu gehen, aber eine andere Stimme in ihm war stärker. Ja, er wollte die Hinrichtung dieses Mannes ansehen, der ihn und seine Familie seit dem Friedhofserlebnis so in Angst und Schrecken versetzt hatte.

    *

    Die Richtstätte in Staufen war früher eine feste Örtlichkeit mit einem hölzernen Galgen auf einem festen Steinfundament. Da im Laufe der Jahre zunehmend humanere Strafen verhängt worden waren und Hinrichtungen meistens in Immenstadt stattfanden, brauchte man den Galgen in Staufen nicht mehr so oft. Dadurch verlor er zwar etwas an Bedeutung, nicht aber seinen Schrecken. Die feste Einrichtung gab es zwar längst nicht mehr, hatte aber bis gestern in mühelos und schnell zusammenbaubaren Einzelteilen in der gräflichen Schranne gelagert.
    Wie oftmals andernorts wurde auch die Staufner Richtstätte unmittelbar an der Gerichtsgrenze errichtet, so dass Reisende bei Betreten des Hoheitsgebietes der Herrschaft Rothenfels die abschreckenden Strafen dieser Region unschwer erkennen konnten. Hugo Graf von Montfort hatte von Kaiser Friedrich III. schon 1447 das Recht der Blutgerichtsbarkeit erhalten und sechzehn Jahre später war Staufen die Hohe Gerichtsbarkeit übertragen worden, was bedeutete, dass hier ›vom Leben zum Tode verbracht‹ werden durfte.
    Zur Abschreckung böser Buben und zur Ahndung kleinerer Vergehen gab es zudem mitten auf dem Marktplatz einen Pranger, der meistens mittwochs zum Einsatz kam, wenn sich dort wegen des Markttages viele Menschen aufhielten. Hier wurden die Sünder gebrandmarkt, indem man ihnen mit einem glühenden Eisen ein ständig sichtbar Zaichen ihrer ruchlosen That auf die Stirn brannte. Oder sie mußten Strafen an Haut und Haar wie das schimpfliche Scheren nur einer Kopf- oder Bartseite erleiden. Bei relativ harmlosen Vergehen mussten die Sünder nur eine gewisse Zeit – mit oder ohne Schandmaske – die Beleidigungen und fauligen Wurfgeschosse ihrer schadenfrohen Mitmenschen über sich ergehen lassen.

    *

    Am Fuße des Staufenberges angekommen, wurde der wimmernde Verurteilte unsanft vom Karren gezogen, da die Strecke bis zum Galgen für Pferd und Wagen zu steil war. Zwei starke Pferde hätten es vielleicht geschafft, den Karren bis zum Richtplatz hochzuziehen. So aber musste der Todgeweihte den letzten Abschnitt seines Lebens zu Fuß gehen. Dabei machten ihm die eisernen Fußketten und die Halskrause schwer zu schaffen. Aber dies störte nur den Kastellan und Melchior Henne, allenfalls auch noch Propst Glatt. Oben angekommen, wartete der Richter geduldig, bis sich die zwölf Beisitzer auf der vorbereiteten Holzplattform postiert hatten und auch die letzten Neugierigen angekommen waren, um sich links und rechts des Galgens zu verteilen.
    »Kommt nur

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