Die Peststadt
einen neuen Angriff entgegenwerfen. Du musst hinein, ehe sie das Tor zumauern. Caer-Soldaten werden gegen dich kämpfen, aber sie werden dich nicht töten. Den Bestienhelm darfst du nicht verlieren, während du so tust, als wärest du ein tapferer Krieger. Geh!«
Fürst-Richter Carbell drehte sich um und lief auf das Tor zu. Sein Plan war perfekt, aber in Wirklichkeit kannte er nur einen einzigen Schritt, dann wieder einen - die Gesamtheit existierte nur in seiner Einbildung. Caer überholten ihn; ein neuer, ausgeruhter Trupp rannte in den Kampf. Und hinter sich hörte er auch die schweren Hufschläge des braunen Pferdes, auf dem
der mächtige Anführer ritt und seine Befehle gab.
*
Die unterste Reihe der Quader war aufgeschichtet worden. Kniehohe Steine, die zwanzig Männer kaum bewegen konnten, bildeten die Basis. In der zweiten Reihe fehlte noch der mittlere Stein, die dritte wurde dort bereits aufgetürmt, wo die Holzflügel an die Mauern angestoßen waren. Da erfolgte der nächste Angriff.
»Diesmal, sage ich euch«, keuchte Dhorkan und wuchtete den hölzernen Hebel nach unten, »werden sie einen anderen Zauber anwenden.«
Hunderte von Caer rückten gegen das Tor vor. Wieder ritt in der zweiten Reihe Coerl O'Marn auf seinem schweißnassen Pferd. Als die Angreifer näher kamen, fingen sich Sonnenstrahlen auf dem Metall ihrer Waffen. Das Blinken breitete sich aus, bis jeder Metallgegenstand Tausende von unerträglich grellen Funken, Strahlen und Blitzen aussandte, als würden riesige Spiegel unaufhörlich bewegt. Die Verteidiger schlossen die Augen, blinzelten und hoben die Finger vor die Stirn. Aber das unerträgliche Funkeln blieb.
»Sie haben diesmal keinen Rammbock!« schrie Mythor. »Schließt die Lücke, bringt Öl und Stroh, und macht euch auf einen schlimmen Kampf gefasst!«
Die ersten Pfeile zischten von der Mauer. Einige Caer fielen, aber diejenigen, die den Zusammenbrechenden nachfolgten, traten nur zur Seite und drangen weiter vor. Je näher sie kamen, desto unerträglicher wurde die funkelnde Helligkeit.
Schon Herzog Krude hatte ihm erklärt, erinnerte sich Mythor, wie schnell die Caer weite Teile Tainnias erobert hatten. Die Bewohner, tapfer, wie sie auch sein mochten, hatten der Schwarzen Magie dieser Art nur aufopfernden Kampf und schließlich ihr Leben entgegenzusetzen. Mythor nickte, hob den Schild und sprang durch die Lücke hinauf auf die obere Kante der Quader. Sie war nicht breiter als zwei Ellen, aber von hier blickte Mythor auf die Köpfe der Caer, auch wenn er sie wie durch ein unendliches Gewitter sah. Er starrte geradeaus und glaubte zu wissen, dass dies einer der letzten entscheidenden Kämpfe werden würde.
Als die schreienden, schwerterschwingenden Caer die Mauer erreichten, schien unter dem Torbogen eine neue Sonne aufgegangen zu sein. Im Schutz dieser Lichtflut sprangen die Caer an den Steinen hoch, quollen über die Kante und schoben sich durch die Lücke. Mythor sagte sich, dass hinter jedem Blitz ein Gegner sein musste, und er kämpfte wie ein Blinder. Aber er spürte, wie sein Schwert durch einen Schild schnitt, wie sich die nadelfeine Spitze in einen Körper bohrte, wie eine Waffe an der Schneide klirrend zersprang. Ein Hieb traf sein Knie.
Er sprang von der Mauer, stützte sich an der Schulter eines Verteidigers ab, den er schattenhaft erkannte. Zwischen den Seitenmauern tobte ein wilder Kampf. Ein Speer traf seinen Helm und schrammte mit der Schneide über dem Ohr entlang. Neben ihm schrie jemand grell auf. Überall waren Stöhnen, Keuchen, Schwertklirren. Seltsamerweise sah Mythor jenseits der blitzenden Helligkeit einen Teil einer brandgeschwärzten Hausmauer. Er hob schützend den Schild vor seine Schultern und drang in diese Richtung vor. Je mehr er sich von der Barriere entfernte, desto weniger schlug er um sich - er könnte einen Verteidiger tödlich treffen.
Er sprang aus dem blitzenden Gefunkel heraus, drehte sich um und hörte das Geräusch von Schritten, die sich in verdächtiger Eile entfernten.
»Feigling«, knurrte er und bemerkte im gleichen Moment einen Caer, der wie er aus der Lichtwolke herauskam. Aber der Fremde zeigte nicht die geringste Unsicherheit: Er war nicht blind oder geblendet wie die Städter. Mythor griff schweigend und unvermittelt an.
Wieder wehklagte das Gläserne Schwert, schnitt durch den Schild und zerfetzte das Kettenhemd des Caer. Eine breite Blutspur besudelte die Rüstung des Fremden, aber er schlug zu. Sein Schwert
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