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Die Pfanne brät nicht!

Die Pfanne brät nicht!

Titel: Die Pfanne brät nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Diestel
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entblättert sich, nachdem er den Trimm-dich-Pfad im Wald absolviert hat, und erschreckt scharenweise Passanten. Aber hier in unserem THEO sieht man ihnen das natürlich nicht an, hier verhält man sich ganz normal. Oder, nun ja, so normal man halt kann.
    Da loben wir uns doch die Kameraden, die geistig zwar etwas eingeschränkt, aber eben dadurch ganz besonders sind. Da haben wir ganz weit vorn Albert! Der Hit in Dosen! Albert ist geistig behindert und hat es sich zum Sport gemacht, in jeder freien Minute alle THEO s im Umkreis von 25  Kilometern mit dem Fahrrad zu besuchen und in jedem einzelnen die Mindesthaltbarkeitsdaten des Diät-Joghurts Sorte Heidelbeere miteinander zu vergleichen. Die Ergebnisse seiner weltbewegenden Forschungsarbeiten bekommen wir dann – ob wir wollen oder nicht – ins Ohr gedrückt. Ob im Laden oder an der Kasse im dicksten Gewühle. Stotternd und kaum zu verstehen klärt er uns auf, dass bei dem Filialleiter Herr Meyer in Hintertupfingen der Joghurt aber einen Tag länger haltbar sei als bei uns.
    Auch die Tagesausflüge der Behinderteneinrichtung sind immer sehr einzigartig. Heute auf dem Programm: «Wir lernen einkaufen», also ab zu THEO ! In Schulklassenstärke stürmen sie den Laden. Da kommt der Verkehrsfluss an den Kassen schon mal zum Erliegen. Man bekommt Sachen erzählt, da fällt einem nix mehr zu ein!
    Vom strahlenden «Ich habe Frikadellen gekauft!» über ein stolzes «Ich habe gestern Kartoffeln geschält!» bis hin zu «Ich hab meine Freundin geküsst. Jetzt sind wir verlobt!» ist jeder Kommentar dabei.
    Meist bereitet es uns echte Freude, wenn sie hereingeschneit kommen, denn an Freundlichkeit, Ehrlichkeit und aufrichtiger Dankbarkeit mangelt es diesen Leuten wirklich nicht. Da könnte sich so mancher psychisch einigermaßen gesunde Mensch eine dicke Scheibe von abschneiden.
    Als es hart auf hart kommt, es ans Zahlen geht, sagt die Betreuerin zu ihrem Schützling: «Jetzt musst du den 10 -Euro-Schein abgeben!» Er schaut mich beinahe ängstlich an. Reicht mir dann langsam und zögernd den Schein. Als ich ihn nehmen will, hält er ihn jedoch fest, will ihn nicht herausrücken. Aufmunternd nicke ich ihm zu: «Du schaffst das!» Aber krampfhaft umklammert er seinen Schatz und lässt ihn einfach nicht los. Dann fängt er auch noch an zu jaulen: «Nein, nein, nein!» Auch die Betreuerin beginnt nun an dem wertvollen Schein zu zerren und auf ihn einzureden, bis er ihn schließlich freigibt.
    Die Betreuer leisten ganze Arbeit, um ihre Schützlinge ins normale Leben zu integrieren. Bei den psychisch Kranken, die schon seit Jahren zu uns kommen, kann man den Erfolg dieser Bemühungen sofort sehen. Viele kaufen inzwischen völlig auf sich allein gestellt ein und meistern das ohne Probleme.
    Manche Kunden werden auch in keiner solchen Einrichtung behandelt, obwohl es vielleicht besser wäre! Bestes Beispiel ist Helga!
    Die Stimme von Helga, 50 , ist schrill und laut, wenn sie von irgendwo aus der Kassenschlange nach vorne kreischt: «Warum haben Sie mir gestern gesagt, es gebe keine Margarine mehr, und heute steht sie da?»
    Tja, da kam wohl über Nacht das Raumschiff Orion vorbeigeflogen und hat die hier abgeworfen. Einfach so! Nicht zu fassen! Ist ja eine Frechheit! Seufzend kläre ich sie auf: «Na, weil sie gestern ausverkauft war und heute wieder geliefert wurde!»
     
    Oder sie gellt von hinten aus dem Laden nach vorn: «Warum haben Sie denn jetzt die Kasse zugemacht?»
    In Zukunft melde ich mich wohl besser bei ihr ab!
    Die Kollegin, die an den Regalen vorbeigeht, um die Bestellung einzugeben, bekommt von Helga jede Menge gute Ratschläge, was genau sie zu bestellen hat. Frei nach Helgas Einkaufszettel und Geschmack natürlich! Und im Befehlston! Der fettarme Joghurt Sorte Birne fehlt, und bei der Aufschnittplatte die Sorte mit dem Paprikarand! Puh! Natürlich können wir ihr da nicht weiterhelfen, denn unser Bestellcomputer schluckt nur Artikelnummern, die dann durch die Leitung gejagt werden, und keine Aufsätze oder Weihnachtswunschzettel.
    Zu den Zeiten, als wir die leeren Pfandflaschen noch von Hand zählen mussten, hatte Helga immer eine Flasche mehr gezählt als wir. Immer! Rotzfrech brüllte sie dann so laut, dass wirklich jeder im Laden es hören konnte, und bezichtigte uns des Betrugs.
    Sie lässt sich auch nichts sagen. Ich wollte eine neue Kiste Kartoffeln in der dafür freien Lücke parken – Helga stand quer davor. Auf dreimaliges Bitten in verschiedenen

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