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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Holzbohle stieß. Er hob sie an einem Ende an und bückte sich, um einen in Stoff gehüllten Gegenstand darunter hervorzuholen. Hernando erriet aufgrund der länglichen, leicht gekrümmten Form, was es war.
    Hamid wickelte den im schwachen Schein der Öllampe schimmernden Krummsäbel langsam aus und zeigte ihn dem Jungen.
    »Das hier. Das hier konnten sie mir nicht nehmen. Auch wenn die Notare, Büttel und Sekretäre alle Seidengewänder, Edelsteine, Tiere und die ganze Getreideernte an sich rissen, gelang es mir, den wertvollsten Besitz meiner Familie vor ihnen zu verstecken. Diese Waffe hat schon der Prophet in seinen Händen gehalten … Friede und Gottes Segen mögen ihn begleiten«, fügte er andächtig hinzu. »Mein Großvater erzählte meinem Vater, dass dieser Säbel eine der Waffen ist, die Mohammed als Lösegeld von den Quraisch erhalten hatte, die er bei der Einnahme von Mekka gefangen nahm.«
    An der kostbaren Scheide des Krummsäbels funkelten Metallplättchen mit arabischen Inschriften. »Eine Waffe aus dem Besitz des Propheten!« Hamid zog die glänzende Klinge aus der Scheide.
    »Du wirst die Wiedereroberung der Stadt miterleben, die niemals hätte fallen dürfen«, sagte er feierlich und blickte auf die Waffe in seinen Händen. »Du wirst mit eigenen Augen sehen, wie sich die Prophezeiungen erfüllen und in al-Andalus wieder die Gläubigen herrschen werden.«

4
    Juviles, Freitag, 24. Dezember 1568
    Die Gerüchte im Dorf wurden schließlich von einem Trupp Monfíes bestätigt, der auf dem Weg nach Ugíjar durch Juviles zog.
    »Alle Männer der Alpujarras im kriegsfähigen Alter müssen sich in Ugíjar einfinden«, befahlen sie den Bewohnern von Juviles. »Der Aufstand hat begonnen. Wir werden unser Land zurückerobern! In Granada wird wieder der Islam herrschen!«
    Trotz der Geheimhaltung, mit der die Morisken des Albaicín-Viertels den Aufstand in Granada behandelten, verbreitete sich die Losung »Zum Jahreswechsel wird es eine neue Welt geben« in den Bergen wie ein Lauffeuer. Doch die Monfíes und die Bewohner der Alpujarras wollten den Neujahrstag nicht mehr abwarten. Sie überfielen einige Beamte, die auf dem Weg nach Granada waren und unterwegs die Bergdörfer gnadenlos und ohne Angst vor Strafen ausraubten. Die Monfíes brachten diese Beamten auf bestialische Weise um. Andere Aufständische legten sich mit einem Trupp Soldaten an, und auch die Morisken in Cádiar erhoben sich in großer Zahl: Sie plünderten die Dorfkirche und die Häuser der Christen und richteten unter den Bewohnern ein Blutbad an.
    Als die berittenen Monfíes weitergezogen waren und sich die Christen in ihren Häusern verschanzten, schloss sich auch die muslimische Bevölkerung von Juviles dem Aufstand an: Die Männer bewaffneten sich mit Dolchen, Stichmessern, sogar mit dem ein oder anderen alten Schwert oder einer ausgedienten Arkebuse, die sie vor den christlichen Bütteln hatten verstecken können. Die Frauen holten ihre Schleier hervor und ihre farbenfrohen, mit Gold- und Silberstickereien verzierten Gewänder aus Seide, Leinen oder Wolle. Sie schmückten ihre Hände und Füße mit Henna und staffierten sich mit ihren traditionellen Gewändern aus, die sich so sehr von der christlichen Kleidung unterschieden. Einige trugen ihre hüftlangen Marlotas, andere lange hemdartige Gewänder, die am Rücken spitz zuliefen. Wadenlange, plissierte Pluderhosen wölbten sich über grobe Strümpfe. Die Füße steckten meist in Holzschuhen, die mit Lederriemen festgeschnürt waren. Das ganze Dorf war eine einzige Farbexplosion, überall leuchteten die verschiedensten Grün-, Blau- und Gelbtöne … aber alle Frauen bedeckten ihr Haupt: einige nur das Haar, die meisten aber das ganze Gesicht.
    Hernando half Andrés seit den frühen Morgenstunden in der Kirche. Sie bereiteten die Christmette vor. Der junge Sakristan überprüfte gerade ein wertvolles Priestergewand, als die verriegelte Tür des Gotteshauses mit brachialer Gewalt aufgestoßen wurde und ein Pulk Morisken unter lautem Geschrei hereinstürmte. In der Menschenmenge befanden sich auch der Pfarrer und der Pfründenbesitzer, die man aus ihren Häusern gezerrt und hierher geschleppt hatte. Sie konnten sich kaum noch aufrecht halten, aber sobald sie zu Boden fielen, wurden sie mit Fußtritten wieder auf die Beine geholt.
    »Was soll das?«, rief Andrés entsetzt. Aber schon verpassten die Morisken ihm ein paar Fausthiebe und warfen ihn zu Boden. Der Sakristan fiel Don Martín

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