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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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in der Medina von Tetuan einen kleinen Palast, in dem er von zahlreichen Frauen umgeben ein luxuriöses Leben führte. Er suchte nach einer standesgemäßen Ehefrau und heiratete schließlich die Tochter eines Scheichs der Stadt, die ihm zwei Töchter schenkte. Bei den Verhandlungen vor der Eheschließung hatte er der Familie der Braut klar zu verstehen gegeben, dass sie nur seine zweite Frau sein würde. Er sagte ihnen, dass seine erste Frau noch in Spanien festgehalten und eines Tages wieder ihren Platz an seiner Seite einnehmen werde.
    Je reicher, angesehener und mächtiger der frühere Maultiertreiber aus den Alpujarras wurde, desto mehr schmerzte ihn die Erinnerung an die erniedrigende Abreise aus Córdoba. Sein Armstumpf war ein ewiges Andenken, vor allem in den heißen nordafrikanischen Sommernächten, in denen ihn der stechende Schmerz schweißgebadet aus dem Schlaf riss. Je größer sein Einfluss wurde, desto nagender wurde sein Zorn. Was nutzten ihm all die Sklaven, wenn er seine eigene Unterdrückung in Córdoba nicht vergessen konnte? Was hatte er hier und jetzt von all seinem Besitz, wenn man ihm dort seine Frau weggenommen hatte, weil er sie nicht angemessen versorgen konnte? Und jedes Mal, wenn er einen seiner Männer als Dieb überführte und ihm zur Strafe die Hand abhackte, sah er sich immer nur daran erinnert, wie er in der Sierra Morena von den Aufständischen umringt war und wie sie seinen Arm festhielten, damit der Krummsäbel jene Hand abtrennen konnte, mit der er einst Ubaids Strafe vollzogen hatte.
    Dieses ansonsten sorgenlose und angenehme Leben führte bei Ibrahim dazu, dass er von seiner Vergangenheit besessen war. Er horchte jeden gefangenen Christen und geflüchteten Morisken über die Lage in Córdoba aus, über den einarmigen Monfí in der Sierra Morena, über den Morisken Hernando aus Juviles, der » Nazarener « genannt wurde, und über Aischa, vor allem aber über Fatima. Die Erinnerung an ihre schwarzen Mandelaugen steigerte die ohnehin schon krankhafte Neugierde des Maultiertreibers. Jeder in Tetuan kannte den reichen Korsaren, der auch noch die kleinste Nachricht aus Córdoba äußerst großzügig belohnte, und so erfuhr Ibrahim von Sobahets Tod und davon, dass sein Stellvertreter Ubaid seinen Platz eingenommen hatte.
    »Wart Ihr schon einmal in Córdoba?«
    Ibrahim hatte die höfliche Begrüßung der beiden Kapuzinermönche unterbrochen, die Sklaven freikaufen wollten. Was interessierten ihn schon Formalitäten?
    Die Mönche sahen sich überrascht an. Sie hatten sich in der prächtigen Empfangshalle von Ibrahims Palast eingefunden und standen vor ihrem Gastgeber, der bequem auf kostbaren Seidenkissen lag. Nasi saß neben ihm.
    »Ja, Exzellenz«, antwortete Fray Silvestre. »Ich war mehrere Jahre in Córdoba.«
    Ibrahim lächelte zufrieden und forderte die Kapuziner auf, sich zu ihm zu setzen. Fray Enrique tauschte mit seinem Mitbruder einen verschwörerischen Blick aus: Sie mussten unbedingt die Gunst des bedeutenden Korsaren von Tetuan gewinnen, um einen möglichst geringen Preis für den Freikauf der versklavten christlichen Seelen aushandeln zu können.
    In Algier beschäftigten sich vor allem die Karmeliter mit dem Freikauf von Sklaven, in Tetuan war es der Kapuzinerorden. Fray Silvestre und Fray Enrique hatten bereits beim Gouverneur vorgesprochen, der in der Kasbah residierte. Wie üblich hatte die hiesige Obrigkeit die Genehmigungen und komplizierten Absprachen für die Mission der Ordensbrüder missachtet. Stattdessen hatte der Gouverneur für seine Sklaven nicht nur einen viel zu hohen Preis gefordert, sondern auch verlangt, dass sie mehr Sklaven als vereinbart freikauften. Insofern galt es, die Gelegenheit zu nutzen, wenn ein so bedeutender Mann wie dieser Korsarenanführer sie dazu aufforderte, Platz zu nehmen. Sie führten das Geld für den Freikauf der Sklaven mit sich. Die Familienangehörigen der Gefangenen hatten es ihnen persönlich anvertraut, außerdem wurden in allen spanischen Königreichen unaufhörlich Spenden dafür gesammelt, und viele fromme Christen bedachten sie zur Rettung der Seelen mit ihren Vermächtnissen. Aber alles Geld der Welt reichte nicht aus, um die vielen eingesperrten Christen aus den unterirdischen Kalkgängen von Tetuan zu befreien. Gleich neben der Kasbah war ein Zugang zu diesem schier unendlichen Labyrinth, das sich unter der gesamten Stadt erstreckte.
    Die Kapuziner hatten die Gefangenen in den Verliesen besucht und wären beinahe

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