Die Pfeiler des Glaubens
Herrn und das ewige Seelenheil …«
Der Lizentiat strich sich über die hohe Stirn.
»Schon gut«, war sein einziger Kommentar.
40
Córdoba, 1581
B ei der portugiesischen Ständeversammlung am 15. April 1581 wurde Philipp II. von Spanien der Treueid geschworen. Damit wurden die beiden Königreiche auf der Iberia unter einer Krone vereinigt. Der König erhielt neben der Macht über die Herrschaftsgebiete auf der Halbinsel zudem auch die alleinige Kontrolle über den Handel mit der Neuen Welt, die seit 1494 durch den Vertrag von Tordesillas zwischen Spanien und Portugal aufgeteilt war.
In Portugal wurde auch zum ersten Mal über eine systematische Ausmerzung der spanischen Morisken beraten. Der König, der Graf von Chinchón und der genesende Herzog von Alba, der keinen Hauch von Altersmilde zeigte, erörterten die Möglichkeit, alle Morisken vorgeblich in die Barbareskenstaaten zu verschiffen, die Schiffe aber zu durchlöchern, damit auf hoher See alle ertranken.
Zum Glück – oder vielleicht auch nur, weil die Armada anderweitig beschäftigt war – kam es jedoch nicht zu dieser geplanten wie perfiden Vernichtung eines gesamten Volkes.
Im Sommer 1581 traf der König eine Entscheidung, die Hernando direkt betreffen sollte. Die Hitze hatte die Felder um Córdoba ausgedörrt: Die Stuten fanden auf ihren Weiden kein Gras mehr, das Geld für das teure Getreide war knapp, und selbst das Bistum Córdoba sah sich gezwungen, Weizen aus dem Ausland zu importieren. Deshalb beauftragte der König seinen Oberstallmeister Don Diego López de Haro und den Grafen von Olivares damit, die Stutenherde zur Weide nach Lomo del Grullo zu bringen, ein königliches Jagdgebiet südwestlich von Sevilla.
Seit Karims Foltertod und Hamids Rache für den Verrat an der Moriskengemeinschaft war etwa ein Jahr vergangen. Für Hernando war diese Zeit eine Phase der stetigen Buße gewesen. Die Erinnerung an Karims hartnäckiges Schweigen in der Folterkammer des Alcázar und das nagende Schuldgefühl wollte er durch Fasten und Beten vertreiben.
»Sein Tod stand von Anfang an fest«, versuchte Fatima ihn zu trösten. Der Zustand ihres Mannes machte ihr Sorgen: Er war abgemagert, seine blauen Augen hatten ihren Glanz verloren und waren tief in die Augenhöhlen eingesunken. »Er hätte sich niemals mit der Kirche ausgesöhnt. Der Scheiterhaufen war ihm ohnehin sicher.«
»Vielleicht«, dachte Hernando laut, »vielleicht aber auch nicht. Wir werden es niemals wissen. Ich weiß nur, dass er qualvoll starb, um meinen Namen geheim zu halten. Ich habe es miterlebt.«
»Nicht nur deinen Namen, Hernando! Karim verschwieg die Namen aller, die an den einzigen Gott glauben.«
Aber die Worte seiner Frau überzeugten Hernando nicht.
»Gib ihm Zeit, Fatima«, riet Aischa immer wieder.
Don Diego teilte Hernando mit, dass er die Stutenherde begleiten und bei ihr bleiben solle, bis sie wieder nach Córdoba zurückkommen könne. Fatima und Aischa hofften insgeheim, die Reise nach Sevilla werde ihn aus seiner Trauer reißen, für die es keinerlei Trost zu geben schien.
Anfang August wurden etwa vierhundert Stuten, die einjährigen Jungtiere und die neuen Fohlen zu den fruchtbaren Weidegebieten im Schwemmland am Unterlauf des Guadalquivir getrieben. Lomo del Grullo lag weit von Córdoba entfernt. Sie mussten zunächst über Écija und Carmona nach Sevilla gelangen, und sobald sie den Fluss überquert hatten, begaben sie sich nach Villamanrique, ein Dorf mitten im königlichen Jagdgebiet. Normalerweise war diese Strecke in vier oder fünf Tagen zu bewältigen, aber Hernando und seine Begleiter mussten bald feststellen, dass sie mindestens doppelt so lange brauchen würden. Don Diego hatte zur Unterstützung der Pferdehirten zusätzliche Männer verpflichtet, die die große Herde zusammenhalten sollten. Denn anders als die Schafhirten, die ihre Herden regelmäßig auf der nahe gelegenen Cañada Real – dem königlichen Triftweg – von den Sommerweiden in Kastilien zu den Winterweiden im Süden führten, waren die Pferde und ihre Begleiter derart lange Strecken nicht gewohnt. Und als wäre dies eine vergnügliche Wallfahrt, schloss sich ihnen zudem eine Gruppe Adliger aus Córdoba an. Sie wollten ihrem König einen Gefallen erweisen, dabei behinderten sie nur die Arbeit der Pferdepfleger und Reiter.
Fatima und Aischa hatten die Lage richtig eingeschätzt: Hernando hatte so viel zu tun, dass er seine Sorgen vergessen konnte. Er galoppierte auf Azirat hin und
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