Die Pfeiler des Glaubens
wird wiederkommen«, flüsterte er. Aus dem Marstall stürmten immer mehr Männer, ebenso wie aus dem Alcázar. Sie kamen aus dem Tor, unter dem die Gefängniswärter tagsüber die gewaschenen Stoffe verkauften. Hernando blieb verwirrt stehen, als ein halbes Dutzend Männer Volador schließlich gegen die Fassade des Alcázar drängte und dort umzingelte.
So eingekesselt, ließ sich das schnaubende Pferd am Strick führen.
»Das Pferd gehört mir!«
Hernando lief zu den Männern hinüber und verfluchte innerlich die Rattenplage. Wieso hatte er nicht daran gedacht, als ihm der Gefängniswärter genau diesen Ort für die Übergabe seiner Mutter vorschlug?
Die Männer aus dem Marstall stellten sehr bald fest, dass dies Pferd entgegen den äußeren Anzeichen nicht aus dem Besitz des Königs stammte.
»Du musst besser auf dein Pferd aufpassen«, schalt ihn ein Bereiter. »Es könnte in der Dunkelheit noch zu Schaden kommen.«
Hernando schwieg lieber, er streckte nur die Hand aus, um den Strick entgegenzunehmen. Was wussten diese Männer schon?
»Du kommst doch jeden Tag wegen der Irren, oder?«, fragte ihn dann einer der Wärter vom Inquisitionsgefängnis.
Hernando zog die Augenbrauen hoch, gab aber keine Antwort. Wie oft hatte er diesen Mann um Erlaubnis gebeten, seine Mutter zu besuchen, während dieser, anstatt seine Pflicht zu tun, mit dem Stoffverkauf am Campo Real beschäftigt war und sich seine Bitten missmutig angehört hatte, um sie ihm dann abzuschlagen.
»Es war längst überfällig, dass du zu ihr kommst«, meinte dann ein anderer Wärter. »Ein paar Tage länger, und du hättest sie nur noch als Tote angetroffen.«
Voladors Strick glitt Hernando aus der Hand, aber bevor er zu Boden fiel, wurde er von einer Holzstange aufgefangen. Hernando drehte sich zu Miguel um, der ihn mit seinen abgebrochenen Zähnen anlächelte und den Strick über die Krücke in seine Hand schob. Hatte der Wärter soeben gesagt, es sei längst überfällig, dass er seine Mutter besuchte? Was hatte das alles zu bedeuten?
»Was? Warum …?«, stammelte er. »Was ist mit dem Urteil? Und mit dem Autodafé?«
»Das Gericht hat schon vor ein paar Tagen im Audienzsaal ein kurzes Einzelverfahren gegen sie abgehalten und sie zum Büßerhemd verurteilt. Außerdem muss sie ein Jahr lang jeden Tag zum Gottesdienst gehen. In ihrem Zustand kann sie die Strafe aber wohl kaum antreten. Außerdem will niemand, dass so eine Verrückte ein Gotteshaus auch nur betritt«, schimpfte einer der Wärter. »Deshalb gab es das Einzelverfahren. Der Arzt hat bestätigt, dass deine Mutter nicht bis zum nächsten großen Autodafé durchhalten würde. Aber das Gericht wollte sie unbedingt verurteilen, bevor sie stirbt. Sie ist wahnsinnig! Jetzt nimm sie endlich mit!«
»Gebt sie mir!«, brachte Hernando nur heraus, als er endlich begriff, dass der andere Wärter ihn nur hatte betrügen wollen.
Kurz darauf ging er den Weg zur Posada del Potro zurück, diesmal mit seiner Mutter in den Armen.
»Mein Gott, sie ist so federleicht!«, rief Hernando in den sternenklaren Himmel, als sie an der Außenfassade der Mezquita vorbeikamen, hinter der der Mihrab lag.
Hinter ihnen hüpfte Miguel, Voladors Führstrick lag wieder nur locker über seiner Schulter. Das Pferd folgte ihm friedlich, als wollte es den Jungen nicht überholen.
56
D er Trauergottesdienst für den Herzog von Monterreal und seinen Erstgeborenen war ebenso feierlich wie traurig, da ihre Leichname nicht christlich bestattet werden konnten. Der Bischof schmähte in der Kathedrale den Namen des Sheriffs von Clare, Boetius Clancy, der für den Tod von Don Alfonso und dessen Sohn an der irischen Westküste verantwortlich war. Er flehte Gott an, diesen Schurken niemals aus dem Fegefeuer zu lassen. Er verkündete höchst erzürnt, dass er von diesem Tag an alle sieben Jahre den Allmächtigen in gegebener Form daran erinnern werde.
Hernando hatte immer noch keine Antwort von Don Pedro de Granada Venegas, und angesichts des Gesundheitszustands seiner Mutter wagte er nicht, mitten im Winter die lange Reise nach Granada anzutreten. Alle gingen davon aus, dass sie bald sterben werde. Er gab der Frau und der Tochter des Gastwirts in der Posada ein wenig Geld, damit sie seine Mutter wuschen und in saubere Kleider hüllten.
»Sie ist nur noch Haut und Knochen«, stellte die Wirtin fest, als sie aus dem Zimmer ging. »Sie macht es nicht mehr lange.«
Hernando ging jeden Abend Karten spielen, mal mit mehr, mal
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