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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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wissend, dass ihnen im Fall ihrer Verhaftung der Tod oder die Sklaverei drohten. Für die Hauptleute der Milizen aus Córdoba konnte nur Hernando der dreiste Flüchtling gewesen sein. Schließlich waren es seine Pferde, und weder sein Name noch der seiner Kinder tauchten auf den Passagierlisten auf. Hernando entschied sich für die Alpujarras als Ziel ihrer Flucht. Dort waren ganze Ortschaften entvölkert. Miguel war, als er El Arenal auf dem Maultier verließ, auf keinerlei Schwierigkeiten gestoßen und konnte sich ihnen jenseits der Stadtmauern wieder anschließen. Die prächtigen Pferde mussten sie allerdings zurücklassen. Aber kam es darauf noch an?
    Der Weg von Sevilla in die Alpujarras war lang und beschwerlich. Sie mussten die Hauptstrecken meiden und sich vor den Bewohnern der Dörfer verbergen. Von den winterlichen Feldern stahlen sie etwas für ihre spärlichen Mahlzeiten, oder sie versteckten sich außerhalb der Ortschaften, während Miguel dort um milde Gaben bettelte. Schließlich fanden sie in Viñas Unterschlupf, einem Dorf in der Nähe von Juviles, das nach der Vertreibung seiner Bewohner aufgegeben worden war.
    Es war bitterkalt, und die Gipfel der Sierra Nevada waren noch mit Schnee bedeckt, doch sie durften tagsüber kein Feuer machen. Hernando blickte zu den eisigen Bergeshöhen und betrachtete dann seine Kinder. Sie richteten sich in einem verfallenen Haus ein, in dem Rafaela mithilfe der Kinder ohne jegliche Gerätschaften – und mit entsprechend geringem Erfolg – um Sauberkeit und Wärme kämpfte. Hernando und Miguel beobachteten sie dabei: Sie sahen wie Bettler aus.
    Die beiden Männer verließen das Haus und traten auf die schmale, gewundene Gasse, die von eingestürzten Ruinen gesäumt war. Rafaela bemerkte ihre Abwesenheit, wies die Kinder an weiterzumachen und folgte ihnen.
    Und nun? Sollten sie hier, in diesem Versteck, ihr gesamtes Leben zubringen?
    »Miguel, ich muss dich noch einmal um einen Gefallen bitten«, sagte Hernando schnell, ohne seinen Freund anzusehen. Dabei hielt er dem Blick seiner Gattin stand und reichte ihr die Hand.
    »Was immer du willst.«
    Hernando begleitete Miguel bis kurz vor die Tore von Granada, dann ritt er auf dem Maultier in die Alpujarras zurück. Ein Bettler durfte so ein Tier nicht besitzen. Nach einem längeren Streit mit den Wächtern, die vor seiner scheinbar unendlichen Worttirade schließlich kapitulierten, betrat Miguel die Stadt durch die Puerta del Rastro und begab sich vom Stadttor direkt zur Casa de los Tiros.
    Solange Miguel fort war, verbrachte Hernando viel Zeit mit seinen Kindern. Unter anderem versuchte er ihnen beizubringen, wie man Vögel fängt. Er nahm ein kurzes Stück Strick, dröselte die Fäden auseinander, und unter dem aufmerksamen Blick seiner Kinder fertigte er daraus einige kleine Schlingen, die sie gemeinsam an Baumäste hängten. Sie erlegten zwar keine Beute, aber die Kinder hatten etwas zu tun. Hunger brauchten sie zum Glück nicht zu leiden, denn Hernando kannte sich in der Gegend bestens aus, und abgesehen von Fleisch hatten sie endlich wieder genug zu essen.
    Als sie nach einer Woche noch immer keine Menschenseele in Viñas gesehen hatten, verkündete Hernando seiner Frau, dass er mit Amin und Muqla für ein paar Tage das Dorf verlassen würde.
    »Wohin geht ihr?«
    »Ich muss meinen Söhnen etwas zeigen.« Rafaelas Angst war nicht zu übersehen. »Keine Sorge. Niemand wird hierherkommen. Und wenn du doch etwas Merkwürdiges siehst, versteckst du dich mit den Kindern. Dort, wo wir versucht haben, Vögel zu fangen, sind einige Höhlen. Laila kennt den Ort.«
    Das alte Kastell von Lanjarón thronte erhaben auf der Felsenanhöhe. Hernando hatte es so eingerichtet, dass ihr Ausflug bei Vollmond stattfand, der nun silbern am wolkenlosen Sternenhimmel leuchtete. In Begleitung seiner beiden Söhne steuerte er die Bastion im südlichen Bereich der Festung an.
    »Es gibt keinen Gott außer Gott, und Mohammed ist der Gesandte Gottes«, flüsterte er in die Nacht.
    Dann kniete er nieder und begann zu graben. Schließlich stieß er im gefrorenen Erdreich auf das Gesuchte und zog es an die Oberfläche. Ehrfürchtig schlug er das Tuch zur Seite und präsentierte seinen Söhnen den Krummsäbel aus Mohammeds Besitz.
    »Dieser Säbel«, verkündete er feierlich, »ist eine der Waffen, die einst dem Propheten gehörten.«
    Er zog den Krummsäbel aus der kostbaren Scheide mit den leise klirrenden Metallplättchen. Hernando erschauerte,

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