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Die Pflanzenmalerin

Titel: Die Pflanzenmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Davies
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Büro zurückkommt und alles durchwühlt vorfindet? Hier ist es genau umgekehrt.«
    Sie sah mich erschrocken an und schüttelte verständnislos den Kopf. Ich wusste nicht recht, wie ich es ihr erklären sollte.
    »Fahren Sie mal mit dem Finger über meinen Schreibtisch. Und?«
    Sie hob den Finger und pustete darüber.
    »Nichts. Nur Staub.«
    »Genau. Und jetzt machen Sie das Gleiche bei den Regalen.«
    Doch das erübrigte sich.
    »Da ist Staub gewischt worden.«
    »Schauen Sie sich um. Sehe ich aus wie jemand, der Staub wischt?«
    Was ich meinte, war nicht schwer zu erkennen. Alles im Raum, was nicht täglich benutzt wurde, war von einer feinen Staubschicht überzogen: die Stühle, die hölzerne Truhe, selbst das Foto auf dem Nachttisch. Nur die Bücherregale waren makellos - aufs Sorgfältigste gereinigt.
    Jemand hatte meine Regale abgestaubt.
    Es war zu absurd, als dass man es ernsthaft glauben konnte. Etwas muss fehlen, war mein erster Gedanke gewesen, irgendjemand hat etwas gestohlen und dann übertrieben gründlich seine Fingerabdrücke beseitigt. Doch in den voll gepfropften Fächern war keine Lücke, und was für Bücher in meinen Regalen standen, wusste ich so genau, dass ich sie fast auswendig hätte aufzählen können. Außerdem war nichts da, was einen Diebstahl gelohnt hätte. Die ganze Sammlung enthielt kein einziges wirklich wertvolles Buch.
    Zu meiner Überraschung fing Katya an zu kichern.
    »Sie glauben also«, begann sie und versuchte sich zu beherrschen, »da bricht jemand ein, um bei Ihnen sauber zu machen? So schmutzig ist es hier doch gar nicht.«
    Das war so ungefähr der Moment, in dem ich merkte, dass ich sie mochte. Es war ihr Lachen, glaube ich, ihre Art, die Dinge nüchtern zu betrachten. Der Einbruch war verwirrend, und ich hatte noch das Gespräch mit Anderson im Kopf. Ich brauchte jemanden, der mir zuhörte, während ich versuchte, einen kleinen Kosmos aus dem Chaos zu fabrizieren. Um sie zum Bleiben zu bewegen, machte ich einen Stuhl für sie frei und begann von dem Abend im Mecklenburg Hotel zu erzählen. Dazu musste ich von dem Buch sprechen, das ich nie geschrieben hatte, dem ultimativen Buch über ausgestorbene Vögel. Ein Buch, das jeden Einzelnen von ihnen in gewisser Weise wieder zum Leben erwecken sollte. Ich berichtete von meinen Entdeckungen in kaum bekannten Sammlungen und unter den gänzlich unbekannten Zeichnungen, die man zwischen den Papieren toter Forschungsreisender gefunden hatte, und schließlich von einigen der Vögel selbst: dem Stephen-Island-Scheinzaunkönig, der von einer einzelnen Hauskatze restlos ausgelöscht wurde; dem Brillenkormoran, den Arktisforscher bis an den Rand der Ausrottung verspeisten, worauf ihm eine russische Walfangflotte im Laufe eines einzigen Nachmittags vollends den Garaus machte.
    Katya hörte zu, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, die Hände um ihre Teetasse gelegt, die sie mit nach oben genommen hatte. Sie schien sich nicht zu langweilen; wenn ich stockte, forderte sie mich auf weiterzureden. Als sie ihren Tee ausgetrunken hatte, holte ich eine Flasche polnischen Wodka aus dem Kühlschrank und zwei Gläser. Ich zog die Vorhänge zu; draußen war es dunkel geworden, und außer Reichweite der Straßenlaternen verdichtete sich die Nacht. Es hatte wieder angefangen zu regnen.
    »Warum haben Sie das Buch nie fertig geschrieben?«, fragte sie, während ich einschenkte.
    Das war schwierig zu erklären. Ich stellte die Flasche zwischen uns. Sie war noch zu vier Fünfteln voll.
    »Also«, sagte ich und zeigte auf das fehlende Fünftel, »als ich anfing, dachte ich, ich müsste nur diese Lücke hier füllen.«
    Sie schaute auf den leeren Teil der Flasche und nickte.
    »Aber nach fünfzehn Jahren war ich weiter von meinem Ziel entfernt als am Anfang. Der Wodkaspiegel in der Flasche sinkt immer weiter und immer schneller. Jahr für Jahr sind mehr Arten vom Aussterben bedroht, und der fehlende Teil wird immer größer. Ab und zu wird zwar noch eine neue Spezies entdeckt, aber die kommt dann sofort auf die Liste der bedrohten Arten. Und es gibt andere leere Flaschen, von denen wir gar nichts wissen; die Vögel sind ausgestorben, bevor wir sie überhaupt entdeckt haben. Irgendwann wurde mir plötzlich klar, dass ich da nie würde Schritt halten können. Es wird nie ein abschließendes Werk über ausgestorbene Vögel geben. Wir können nur die wenigen registrieren, von denen wir zufällig wissen. Die anderen sind für immer verschwunden.«
    Sie

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