Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Pflanzenmalerin

Titel: Die Pflanzenmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Davies
Vom Netzwerk:
Erfolgen berichtete, den gewonnenen Scharmützeln gegen eine Flut, die sie irgendwann doch mitreißen würde. Ich hatte mich auf dem Laufenden gehalten, und sie war sichtlich erleichtert, dass ich bei den neuesten Forschungen mitreden konnte - Inselbiogeografie, Schutzkorridore -,Themen, mit denen sich ihr Projekt herumschlug. Das andere Thema mieden wir in stillschweigendem Einvernehmen, das, worüber wir nie geredet hatten: jene letzten Tage, das Foto auf meinem Nachttisch, ein Leben, das wir hinter uns gelassen hatten. Stattdessen redeten wir über Quoten, Tortendiagramme und variable Aussterberaten. Nach und nach näherte sich das Gespräch, wie ich es vorausgesehen hatte, dem Anliegen des vergangenen Abends.
    »Ich wollte dich etwas fragen.« Sie stellte ihr Glas ab, legte die Hände in den Nacken und warf ihr Haar zurück. Es war eine Geste, die ich wiedererkannte. »Du mochtest Karl nicht besonders, nicht wahr, John?«
    »Sollte ich?«
    »Nein, nein. Ich dachte nur, du wärst interessiert.«
    »Interessant war, dass er mir für ein paar Telefonate fünfzigtausend Dollar geboten hat.«
    »Ich hab ihm gesagt, dass das mit dem Geld ein Fehler war. Dass du ihm entweder helfen würdest oder eben nicht.«
    »Genau. Ich helfe ihm nicht.«
    Sie sah mich mit dem vertrauten, eindringlich fragenden Blick an. Es kam mir seltsam normal vor, so mit ihr zu reden, als setzten wir ein Gespräch fort, das wir erst eine Woche zuvor begonnen hatten. Sie stand auf, ging um den Tisch herum und ließ sich auf der Kante des Stuhls neben mir nieder.
    »Ich möchte dir von Karl erzählen«, sagte sie und beugte sich vor.
    Ich schüttelte den Kopf und versuchte, mit fester Stimme zu sprechen, aber es schwang wohl doch eine Spur Panik mit. »Ich weiß nicht, ob ich das hören will.«
    »Lass mich erzählen, Fitz. Er ist nicht der, für den du ihn hältst. Ich hab dir gestern Abend angesehen, was in deinem Kopf vorgeht, und mich gefragt, ob du ihm deshalb nicht helfen willst.«
    »Du kannst denken, was du willst.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du verstehst nicht. Karl ist ein interessanter Mann, ein bisschen ein Unruhestifter, aber das müsste dir doch gefallen. Die Fachwelt legt ihm ständig Steine in den Weg. Man nimmt ihn nicht ernst, weil er kein Akademiker ist, aber er ist immer noch besser darin, Sachen aufzuspüren als sie, und dann stehen sie dumm da. Du und er, ihr solltet an einem Strang ziehen.« Sie schwieg einen Moment und sah auf ihr Glas hinab. »Aber ich hab euch nicht deswegen einander vorgestellt. Du weißt doch, was für eine Art von Arbeit ich schon immer machen wollte, John. Ja, und jetzt ist es so weit. Gute Arbeit. Wertvolle Arbeit. Stellt die ganzen gängigen Auffassungen über Naturschutzgebiete auf den Kopf. Als ich Karl kennengelernt habe, stand das Projekt auf Messers Schneide. Wir sind pleite, Fitz. Alle arbeiten ohne Bezahlung, und die Zuschüsse, die wir aus Europa bekommen, reichen nicht mal für unsere Computer. Karl hat Geld reingesteckt, als wir’s gebraucht haben, und er tut es auch jetzt noch.«
    Mit gesenkter Stimme fuhr sie fort: »Als ich ihn kennen gelernt habe, dachte ich genau wie du. Ich dachte, er ist ein übler Scharlatan - ein Sammler, einer von der Sorte Leute, vor denen wir die Dinge ja gerade schützen. Aber er hat nichts von uns verlangt. Auch von mir nicht. Er bezahlt die Rechnungen, wenn es hart auf hart kommt, das ist alles.«
    »Als Philanthrop ist er nicht gerade bekannt.«
    »Klar, er bekommt natürlich auch etwas zurück. Wir verschaffen ihm Prestige und ebnen ihm den Weg in die Welt des Naturschutzes. Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass er das alles nur meinetwegen tut. Aber ich könnte kaum einen besseren Förderer finden.«
    »Und als Gegenleistung hilfst du ihm, Joseph Banks’ verschollenen Vogel zu suchen?«
    »Er braucht meine Hilfe nicht. Er hat einen Anhaltspunkt, der ihm sagt, wo er suchen muss. Aber er weiß nicht, ob das klappt, und deshalb hätte er dich gern auf seiner Seite statt auf der von irgendjemand anderem. Er ist sich sicher, dass du etwas weißt, verstehst du? Er sagt, du hast die richtigen Bücher gelesen.«
    »Ich weiß zwar nicht, was er damit meint, aber das klingt nicht so, als würde er meine Hilfe wirklich brauchen. Und selbst wenn: Ich würde ihm nicht helfen.«
    »Dann hilf mir.« Sie fasste meinen Arm plötzlich mit festem Griff. »Wenn du ihm nicht helfen willst, dann hilf mir. Ich muss diesen Vogel finden, Fitz. Unsere ganze Arbeit hängt

Weitere Kostenlose Bücher