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Die Pflanzenmalerin

Titel: Die Pflanzenmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Davies
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davon ab.«
    »Ich verstehe nicht.«
    Sie neigte den Kopf leicht in meine Richtung und sah mich durchdringend an.
    »Ich würde damit an Ted Staest herankommen, Fitz. Karl ist denkbar großzügig, aber Staest spielt in einer anderen Liga. Im Moment interessiert er sich nur für seine DNA-Arche, aber wenn wir ihm mit dem Vogel helfen können, wenn ich ihn für unser Projekt interessieren kann... Er vergibt Fördermittel, da würde dir das Wasser im Mund zusammenlaufen, Fitz. Ohne so etwas können wir nicht mehr lange durchhalten. Geld von Staest würde das Projekt auf Jahre hinaus sichern. Allen Ernstes. Fünf Jahre gute Arbeit. Das könnte das Überleben von einem Dutzend Arten bedeuten, Fitz. Überleg mal!«
    Plötzlich war es zu heiß in der kleinen Küche. Ich stand auf und ging ans Fenster, legte meine Hände auf die Wasserhähne und versuchte, deren Kühle aufzusaugen. Ihr helfen, Anderson helfen, dem Projekt helfen... Ich wurde da in ein verwirrendes Netz hineingezogen.
    Und dann fiel mir ein, dass das Ganze auf einem Irrtum beruhte.
    »Es gibt ein Problem bei der Sache, Gabriella: Ich weiß nichts. Ich habe nichts, womit ich euch weiterhelfen könnte.«
    »Du hast doch so viele Beziehungen. Und deine Notizen... Da muss es doch etwas geben...«
    Ich schüttelte den Kopf. Sosehr ich es mir auch gewünscht hätte: Meine Notizen enthielten nichts Brauchbares über den Ulieta-Vogel. Ich stand auf und ging wieder ans Waschbecken, sodass Gabriella mein Gesicht nicht sah.
    »Tut mir Leid«, sagte ich. »Sei vernünftig, geh zu Anderson zurück, und sei recht nett zu ihm, bis er den Vogel findet.«
    Es war wohl nicht gerade das Einfühlsamste, was ich je gesagt hatte, aber ich fühlte mich in dem Moment ziemlich mies.
    Gabriella erhob sich. Ich sah ihr Spiegelbild im Küchenfenster. Sie schaute mich nicht an.
    »Morgen fliege ich nach Deutschland«, sagte sie in neutralem Ton. »In ein paar Wochen komme ich wieder. Ich habe Karl versprochen, dass wir uns dann wieder treffen. Er meint, er könnte einen Monat hier bleiben, bis alles geklärt ist.« Sie zog ihre Jacke an. »Wenn ich in der Zwischenzeit irgendetwas Verwertbares finde, sag ich dir Bescheid. Du kannst dann damit machen, was du willst.«
    Sie ging zur Tür, aber nicht hinaus. Ich drehte mich um und sah, dass sie mich anschaute. Sie wirkte plötzlich traurig.
    »Weißt du noch, wie wir uns kennen gelernt haben, John? Erinnerst du dich an den Vogel?«
    »Ja. Ein Spix-Ara.«
    »Und weißt du, wie es weiterging?«
    Ich nickte. Der Vogel, den Gabriella sterbend in einem Käfig auf einem Markt entdeckt hatte, war einer der letzten seiner Art gewesen. Bis vor zehn Jahren war die Zahl aller frei lebenden Spix-Aras auf drei gesunken, acht Jahre später gab es nur noch einen, ein einzelnes, schon älteres Männchen. Die Experten hatten seinen baldigen Tod infolge von Alter oder Einsamkeit erwartet, doch soviel wir wussten, gab es ihn noch; ganz allein ging er unbeirrbar dem Geschäft des Lebens nach. Nach seinem Tod würden nur noch etwa dreißig Exemplare in Gefangenschaft existieren. Brutpaare waren nicht darunter.
    Gabriella und ich sahen uns einen Moment an.
    »Ich ruf dich an, wenn ich zurück bin, John. Ich würde gern noch mal mit dir reden.«
    Ich blieb an der Spüle stehen, bis sie die Tür hinter sich zugezogen hatte. Erst als ich die Gläser wegräumte, sah ich ihren Regenmantel an dem Haken an der Tür hängen. Wie ein Versprechen, dachte ich. Oder auch ein gleichgültiger Abschiedsgruß.
     
    Damit hätte mein Tag zu Ende sein sollen, aber er war es nicht. Ich musste mich erst einmal hinsetzen und über alles nachdenken. Ich brauchte Schlaf, doch die Bücher an der Wand ließen mir keine Ruhe. Was hatte Anderson gesagt? Irgendetwas von den richtigen Büchern, die ich gelesen hätte. Ich versuchte mir vorzustellen, was ich tun würde, wenn ich mich erstmals über den Ulieta-Vogel informieren wollte. Wo würde ich suchen? Zwei Bücher boten sich unmittelbar an, und ich besaß sie beide, staubfrei, direkt vor mir. Nachdenklich nahm ich sie aus dem Regal. Das erste war mit Abstand das maßgeblichste: Ausgestorbene und vom Aussterben bedrohte Vögel der Erde von James Greenway. Ich schlug es behutsam auf und blätterte zu der Seite über den Ulieta-Vogel. Das wenige, was man über ihn wusste, war dort mit bewundernswerter Klarheit dargelegt. Ich inspizierte die Seite genau, suchte nach Spuren auf dem Papier, irgendwelchen Anzeichen dafür, dass am vergangenen

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