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Die Pflanzenmalerin

Titel: Die Pflanzenmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Davies
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sich nach ihr, und man nannte ihm ihren Namen. Am Abend auf dem Heimweg dachte er wieder daran, wie sie am Waldrand entlanggegangen war, und Neugier regte sich in ihm. Die Nacht war warm und hüllte ihn in betäubenden Sommerduft. Im Gehen dachte er an sie.
    Wenn sie von seiner Ankunft wusste, so nahm sie keine Notiz davon. Ihr Sommer und ihre Zuflucht waren die Wälder. Tag für Tag zeichnete sie mit flinken Fingern, was sie dort fand, und scharte mit diesen kleinen Rettungsversuchen die Dinge um sich, die sie am besten kannte. Sie erwartete nicht, bemerkt zu werden. Entdeckung ist keine Wissenschaft; zu viel Zufall ist dabei im Spiel.

3
    Die Gen-Arche
    Anderson hatte sich kundig gemacht. Er wusste alles, was es über den Vogel von Ulieta zu wissen gab. Was allerdings nicht eben viel war. Im Mai 1774 war Kapitän Cook mit seinem Schiff, der Resolution , auf der Insel Ulieta gelandet. Ulieta war klein, eine der verstreuten Inseln im blauen Pazifik, die später unter dem Namen Gesellschaftsinseln bekannt wurden. Cook hielt sich einige Tage dort auf, um Reparaturen durchzuführen und mit den Eingeborenen Tauschhandel zu treiben. Am 1. Juni bestand Johann Forster, der Naturforscher des Schiffs, ein schwieriger Mensch, trotz brütender Hitze und einer durch Magenbeschwerden geschwächten Mannschaft darauf, dass eine Expedition an Land geschickt wurde, um Tier- und Pflanzenexemplare zu sammeln. Viele Vögel wurden an diesem Tag geschossen, aber nur einer war Forster unbekannt. Nachdem er eine Beschreibung des Vogels festgehalten hatte, reichte er ihn an seinen Sohn Georg weiter, einen der mitreisenden Künstler, der eine Farbzeichnung davon anfertigte. Gleich anschließend wurde der Vogel gereinigt und sein Balg zum Präparieren vorbereitet.
    Das war kein ungewöhnliches Tagewerk für Vater und Sohn. Sie hatten auf dieser Reise zahlreiche neue Arten entdeckt, zahlreiche Lebewesen beschrieben, gezeichnet und präpariert. Der Tag auf Ulieta wäre für niemanden weiter von Interesse gewesen, gäbe es da nicht einen besonderen Umstand: Jenes von Forster entdeckte Exemplar blieb bis heute der einzige Vogel dieser Art, der je registriert wurde. Andrew Garrett fand keine Spur mehr von ihm, als er 1850 nach Ulieta kam. Später versuchten es noch andere, ebenfalls ohne Erfolg. Wir werden nie erfahren, ob es sich einst um eine weit verbreitete Art gehandelt hat; ihr Gesang, die Form ihrer Nester, ihre Paarungsrituale werden im Dunkeln bleiben. Alles, was wir wissen, ist, dass Forsters Exemplar eines der allerletzten seiner Art war. Hätte die Expedition an jenem Morgen einen anderen Weg eingeschlagen oder hätte ein einzelner Matrose nicht so genau gezielt, wäre ohne unser Wissen eine ganze Spezies ausgestorben, wäre von der Menschheit unbemerkt vom Erdball verschwunden.
    Wir können uns nicht einmal über ihren Namen einig werden. Forster nannte sie Turdus badius , Latham, ein anderer Naturforscher, der die Art in London studierte, bezeichnete und registrierte sie präziser als Turdus ulietensis . James Greenway schrieb zweihundert Jahre später, er sei keineswegs überzeugt, dass es sich bei dem Vogel überhaupt um eine Drosselart handle. Er verzeichnete sie schlicht als den »Rätselhaften Vogel von Ulieta«. Ein Name so gut wie jeder andere.
    Als die Forsters im Jahr darauf nach England zurückkehrten, konnten sie über die Objekte, die sie von Cooks Expedition mitgebracht hatten, frei verfügen. Johann Forster steckte ständig in finanziellen Schwierigkeiten und wandte sich um Hilfe an Joseph Banks, den Naturforscher, der auf Cooks vorhergehender Fahrt dabei gewesen war. Banks war ein junger Mann mit Geld und Zukunft und zeigte sich Forster gegenüber großzügig. Als Gegenleistung machte Forster ihm seine Funde zum Geschenk. Einer davon war der Vogel von Ulieta - das wissen wir, weil ein Mann namens Latham ihn irgendwann in den Siebzigerjahren des achtzehnten Jahrhunderts in Banks’ Sammlung entdeckte und in sein Werk Allgemeine Übersicht der Vögel aufnahm. Er tat gut daran, denn seitdem wird das Exemplar nirgendwo mehr erwähnt. Es verschwand - so wie die ganze Spezies.
    Es wäre verlockend, Lathams und Forsters Beweise anzuzweifeln und darüber zu spekulieren, ob es sich bei dem Vogel nicht einfach um eine Spielart einer anderen, verbreiteteren Art handelte - aber so leicht können wir ihn nicht wegdiskutieren, denn Forsters Zeichnung existiert noch, wohl verwahrt im Londoner Museum of Natural History. Man kann

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