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Die Pflanzenmalerin

Titel: Die Pflanzenmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Davies
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Fabricius-Papieren. Du weißt schon, der Naturforscher, der Banks kannte. Es gibt in Dänemark ein Archiv mit seinen Sachen - gar nicht weit von da, wo meine Familie wohnt. Ich hab dir nichts davon gesagt, für den Fall, dass alles nur Zeitverschwendung ist. Also pass auf: Es geht um den Vogel.«
    Hastig und akzentuierter als sonst erzählte sie, sie sei nach Schweden gefahren, um ihren Vater zu besuchen. »Der war so was von gönnerhaft«, sagte sie. »Hat es in vollen Zügen genossen, dass ich ihn um Hilfe bitte. Aber er hat mir auch wirklich geholfen und mir Zugang zum Fabricius-Archiv verschafft. Ich war heute den ganzen Tag dort, und ich bin noch ganz am Anfang. Ein paar Tage werde ich hier bestimmt noch brauchen. Ich hab was gefunden. Es stand in einem der ersten Briefe, die ich mir angeschaut habe. Fast hätte ich es übersehen.«
    »Weiter, was hast du gefunden?« Plötzlich war es nicht mehr so wichtig, ihr von dem Einbruch zu erzählen.
    »Einen Brief an Fabricius von einem Mann in Frankreich, aus dem Jahr 1778. Fabricius wollte anscheinend ein paar Zeichnungen von ihm kaufen, und der Brief ist eine Absage. Am Ende kommt noch ein PS. Ich les es dir mal vor. ›Ihrem letzten Brief entnehme ich, dass das Bild des Turdus ulietensis , das Sie aus Lincolnshire erhalten haben, vom selben Künstler stammt. Ich wünsche Ihnen viel Freude damit. Gewiss ist es eine hervorragende Arbeit.‹ Verstehst du? Turdus ulietensis - das ist doch unser Vogel, oder?«
    Doch ich konnte kaum antworten. Katya war über etwas ganz Erstaunliches gestolpert, etwas, das den meisten Leuten nichts gesagt hätte, uns dagegen alles bedeutete: den Beweis, dass unser verschollener Vogel seinen Aufenthalt in Joseph Banks’ Sammlung überlebt hatte. Ungefähr ein Jahr nachdem er dort zuletzt gesehen worden war, hatte jemand eine Zeichnung von ihm angefertigt - irgendwo in Lincolnshire.
    Katyas Telefonkarte war aufgebraucht, ehe ich ihr von meiner eigenen Entdeckung in Lincoln erzählen konnte. Als das Telefon später noch einmal klingelte, hob ich schnell ab, weil ich hoffte, sie würde wieder anrufen. Aber es war nicht Katya; es war Gabriella. Sie hatte ihre Vorträge hinter sich und war auf dem Weg zurück nach London.
     
     
     
    Sie lagen nackt im Bett, bis weit in den Abend hinein. Auf die erste drängende Leidenschaft war ein langes, langsames Entdecken gefolgt: Sie berührten einander, sprachen kaum, ließen dann und wann die Fingerspitzen über die Haut des anderen gleiten, wie um sich eine Linie einzuprägen oder sich zu vergewissern, dass alles, was sie spürten, Wirklichkeit war. Sein Kopf ruhte an ihrer Schulter, seine Wange an ihrem schwellenden Busen, und er sah die Strahlen der Herbstsonne langsam über die Decke wandern, länger werden und schließlich verblassen.
    »Als ich dich damals im Wald sah«, sagte er und ließ seine Finger ganz langsam über ihren glatten Bauch gleiten, »hätte ich dies nicht erwartet.«
    »Ich ebenso wenig«, erwiderte sie, »niemals.«
    Er lächelte. »Da bin ich froh. Ich glaubte schon, du könntest denken...«
    »Nein, das dachte ich nie. Ich habe es gehofft, aber nicht erwartet.«
    Da lachte er, und dann hob er den Kopf und küsste sie auf den Hals.
     
    Es war ein kleines Zimmer mit niedriger Decke, die Vorhänge und Tapeten in Grün- und Rosttönen. Das Licht schwand rasch, legte aber noch einen Hauch von Gold auf ihre Haut. Ehe es ganz dunkel wurde, schliefen sie ein wenig, und er erwachte von der Berührung ihrer Lippen, die mit zupfenden kleinen Küssen langsam über seine Brust wanderten. Er nahm den Duft ihres Haares wahr, spürte die Wärme ihres Körpers, der sanft über den seinen glitt, und für einen kurzen Augenblick konnte er kaum glauben, dass er selbst es war, der dieses Glück empfand. Dann bissen ihre Zähne spielerisch in seine Haut, und im nächsten Moment wanden sie sich wieder in den Armen des anderen.
    Als der Tag vollends geschwunden war, stand sie auf, um die Lampe zu entzünden. Er schaute zu, wie sie sich aufrichtete, den Rücken ihm zugewandt, lang, gerade, schön. Dann stand sie auf, noch nackt, und schritt lautlos durchs Zimmer, das Haar über die Schultern fließend, die blasse Haut im Dunkeln noch hell. Als die Lampe aufleuchtete, sah sie, dass er sie beobachtete, sah seine Augen über ihren Körper wandern.
    »Ich habe nie gelernt, mich zu zieren«, sagte sie nur.
    »Ich würde dich nicht anders haben wollen«, erwiderte er. Dann streckte er die Hand aus und

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