Die Pflanzenmalerin
bisschen Schnippeln und Kleben und fertig. Vor allem wenn man weiß, dass andere sowieso nur Kopien zu sehen bekommen.«
Sie schaute mich an, die Augen vor Staunen geweitet.
»Und beide Kopien sind so grau und körnig, dass sie eine Menge Unfug verbergen können«, sagte ich.
Katya sah wieder auf die Seiten hinab. »Also haben wir am falschen Ort nach der falschen Person gesucht. Wir hätten nach einer Familie Stamford in Ainsby fragen müssen.«
»So ist es. Deswegen gab’s in Stamford auch kein Old Manor. Aber jede Wette, dass wir in Ainsby eins finden.<
»Ich fürchte nein, Mr. Fitzgerald«, ertönte eine Stimme hinter mir. »Das Old Manor in Ainsby ist im Krieg abgebrannt.<
Vertieft, wie wir waren, hatten wir gar nicht bemerkt, dass noch jemand in die Bar gekommen war. Ich blickte auf und sah Potts’ massige Gestalt auf uns zukommen. Mit seinem breiten, schleppenden Akzent stellte er sich Katya vor.
»Ich bin Potts«, sagte er und hielt ihr die Hand hin. »Wir haben uns noch nicht kennen gelernt, aber in Stamford habe ich Sie schon gesehen. Als man uns alle zum Narren gehalten hat.<
Katya nannte ihm ihren Namen, und er zwinkerte vergnügt - der andeutungsweise flirtende Lieblingsonkel. Er trug wieder Tweed, sah wieder aus wie ein Landarzt der Dreißigerjahre und war wieder ziemlich faszinierend.
»Ich wollte ja nicht lauschen«, sagte er, »aber wenn ich mich nicht irre, haben Sie gerade herausgefunden, dass Ainsby ein Dorf ist. Ich gehe mal rasch an die Bar, dann trinken wir darauf.« Er tappte zur Bar und kam mit einer Flasche Rotwein und drei Gläsern zurück. »Denken Sie jetzt aber nicht, ich sei weiter als Sie«, erklärte er, während er einschenkte. »Ich bin auch erst gestern draufgekommen. Glauben Sie an Zufälle? Ich habe ein paar Tage ohne irgendwelche erhellenden Ideen in London herumgesessen, und als ich den Bettel schon hinschmeißen und in die Staaten zurückwollte, stieß ich auf einen Laden in Covent Garden, in dem es Landkarten und all so was gibt. Stamford’s heißt er. Kennen Sie ihn?«
Ich nickte. »Ein ziemlich berühmter Laden. Er heißt Stanford’s. Mit n.«
»Ach ja? Na, der Name war jedenfalls ähnlich genug, um mir den Schubs zu geben, den ich brauchte. Die Leute, die an mir vorbeigingen, müssen sich gewundert haben, wieso dieser dicke alte Amerikaner da steht und sich an die Stirn schlägt. In dem Moment, als ich den Namen an dem Geschäft sah, wurde mir klar, wie dumm ich gewesen war. Ich bin direkt rot geworden. Wird wohl Zeit, dass ich mich zur Ruhe setze.«
Er hob sein Glas und sah uns über den Rand seiner Brille hinweg lächelnd an.
»Aber wie auch immer: Da es ein Kartenladen war, bin ich rein und hab mir ein paar Karten angeschaut. Und da war’s auch schon: Ainsby, Lincolnshire.« Er schüttelte bekümmert den Kopf. »Anderson lacht bestimmt jetzt noch.«
Ich wusste nicht, wie weit ich ihm glauben sollte. »Und was führt Sie in dieses Hotel?«, fragte ich. »Sagen Sie nicht, das ist auch wieder Zufall.«
»Nein, nein, ganz und gar nicht. Ich kenne Andersons Hotelgeschmack. Ich habe einfach alle sehr teuren Hotels in Lincolnshire angerufen, bis ich ihn hatte. Weiß er, dass Sie auch hier sind?«
»Wir haben den gestrigen Abend mit ihm verbracht. Er rechnet damit, dass er den Vogel heute bekommt.<
»Ach ja?« Potts schaute nachdenklich drein. »Na, wir können ihn ja gleich fragen. Ich habe ihn gestern Abend angerufen und mich für acht Uhr hier mit ihm verabredet.« Er zog eine Taschenuhr hervor und ließ sie aufschnappen. »Während wir auf ihn warten, können wir ja noch was trinken, und Sie erzählen mir etwas über die Stadt. Das Lincolngrün kommt doch sicher von hier...«
Es wurde wieder ein merkwürdiger Abend. Anderson erschien zwanzig Minuten später mit Gabriella im Schlepptau, und sie waren wohl beide etwas überrascht über das Empfangskomitee, das sich zu ihrer Begrüßung versammelt hatte. Anderson reagierte wie üblich locker und gelassen und bestand darauf, noch Wein zu bestellen, teuren französischen. Gabriella und ich tauschten ein Lächeln, aber es gelang mir kaum, ihren Blick einzufangen, während die Unterhaltung um den Tisch lief.
Wir waren eine seltsame Gruppe. Anderson, makellos gekleidet und weltmännisch, und neben ihm Gabriella, die unwillkürlich das landläufige Bild einer guten Gesellschafterin wachrief. Sie trug ihr Cocktailkleid mit solcher Selbstverständlichkeit, besaß eine so natürliche Eleganz, dass man sie
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