Die Pforten der Ewigkeit
wollte ich sagen.«
Johannes bewegte sich unruhig und entdeckte, dass Constantia sich immer noch am anderen Ende des Tisches zu schaffen machte. »Raus«, sagte er grob.
»Sofort, Vater, ich muss nur noch …«
»Raus!«
Constantia stolzierte hinaus. Die Stube hatte einen rückwärtigen Ausgang, der früher zu einem kleinen offenen Hinterhof, der gemauerten Feuerstelle und dem Abtritt geführt hatte. Johannes Wilt hatte ihn überbauen lassen, um sein Haus zu vergrößern. Der Erfolg war, dass sich nun zwei Schlafräume statt einem im Obergeschoss des Hauses befanden, in die zu den Essenszeiten die Abwärme des hastig gemauerten Kamins und die Kochgerüche zogen und zu den anderen Zeiten die Düfte aus dem fleißig frequentierten Abtritt. Irgendwo musste die Überernährung, die Johannes Wilt seinen Eingeweiden zumutete, schließlich hin. Das Obergeschoss bestand aus Holz, und die Bodendielen waren nicht sonderlich teuer gewesen. Sie hatten sich schon nach kurzer Zeit verzogen und Spalten geöffnet, durch die man, wenn schon nicht in die darunterliegende Kammer spähen, so doch alles hören konnte, was dort vor sich ging. Sie schlich in den dunklen Raum, sah sich vorsichtig um und legte sich dann auf den Boden. Ein Ohr auf eine der Spalten gepresst, konnte sie das Gespräch belauschen, als wäre sie neben den beiden Männern stehen geblieben.
»Ich weiß, ich weiß«, hörte Constantia die aufgeregte Stimme des Bürgermeisters. »Er hat es mir selbst gesagt.«
»Na also«, sagte Johannes. »Da hast du’s. Ich hab nix falsch gemacht. Ich hab ihn gefragt, wie es sich gehört.«
»Du brauchst es nicht zu wiederholen. Meffridus hat mich nicht deinetwegen … äh … gebeten zu kommen.«
»Sag ich doch.« Constantia hörte überrascht, dass die Stimme ihres Vaters weniger selbstzufrieden als vielmehr erleichtert klang.
»Die Sache ist die … äh … äh … Rudeger war noch nicht bei ihm.«
»Was? Zum Henker, ich hab’s ihm doch ans Herz gelegt … er muss es doch wissen, verdammt noch mal.«
»Na ja … äh … äh … vielleicht denkt er ja … du kennst doch Rudeger, der glaubt schnell mal, dass er der wichtigste Mann weit und breit ist.«
Johannes stöhnte. »Scheiße! Ausgerechnet …!«
»Rede mit ihm, Johannes. Wir wollen hier doch keinen Unfrieden. Alles läuft so gut …«
»Reden? Mit Meffridus?«
Constantia versuchte durch den Spalt hinunterzuspähen, aber dafür war er zu eng. Sie hatte das Gefühl, als habe ihr Vater sich soeben bekreuzigt. Hastig drückte sie das Ohr wieder an die Öffnung.
»Nein, mit Rudeger. Meffridus erwartet, dass er kommt und ihn fragt.«
Johannes Wilt grunzte und murmelte ein paar Flüche vor sich hin. Constantia starrte ratlos in die Düsternis ihrer Kammer. Welche Frage wollte Meffridus Chastelose, der Notar, von ihrem Bräutigam Rudeger hören? Und was hatte ihr Vater Meffridus gefragt? Ob sie und Rudeger heiraten durften? Was ging es den Notar an? Er war noch nicht einmal Wizinstener – er lebte seit höchstens fünf Jahren in der Stadt.
Nach einer längeren Pause hörte Constantia den Bürgermeister weitersprechen. »Äh … Johannes … stimmt das, was ich gehört habe? Du und Rudeger, ihr wollt euch der Gerberzunft in Nuorenberc anschließen?«
»Das is’ nich’ die Gerberzunft, sondern die Zunft des lederverarbeitenden Handwerks. Gerber, Ledermacher, Schuster, alles schließt sich da zusammen … Das is’ ganz neu und verdammt nötig wegen dem Monopol, das die Muselmanen auf den Lederhandel haben. Wenn wir uns zusammentun, könn’ sie uns die Preise nich’ mehr so leicht vorschreiben.«
Constantia blinzelte. War es das, wozu ihr Vater und Rudeger die Erlaubnis von Meffridus Chastelose hätten einholen sollen? Doch auch das ging den Notar nichts an, höchstens die Zunft hier in Wizinsten; da Johannes und Rudeger zusammen das Gerbereiwesen in ihrer Heimatstadt beherrschten, hätte ihnen in dieser Hinsicht niemand Vorschriften machen können.
»Aber …«, wandte der Bürgermeister ein.
»Mann, Everwin, ich hab’s natürlich mit Meffridus besprochen. Er hat gesagt, es is’ in Ordnung.«
»Und?«
Constantias Vater kratzte sich hörbar am Kopf. »’n Viertel.«
»Das ist ja ganz anständig von ihm.«
»Nich’ für ihn, für mich. ’n Viertel für mich – und Rudeger.«
Everwin seufzte. »Das hört sich schon eher nach ihm an.«
Johannes lachte unlustig. »In unserer schönen Stadt gibt’s eben nix umsonst.«
»Äh …
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