Die Pforten der Ewigkeit
Durchlässen und blockierten Abläufen vollkommen verändert!«
»Du meinst, der Schatz ist nur durch Glück nicht schon längst fortgespült worden?« Er blinzelte. »Oh, Meffridus – wir müssen etwas tun!« Sie sah sich, wie sie ihm ein imaginäres Messer in den Rücken stieß: »Es geht doch um Federicas Zukunft!«
Selbst als er nicht gewusst hatte, ob Dudo die Wahrheit sprach und sie ihn zu hintergehen versucht hatte, war er nicht so fassungslos gewesen wie jetzt. Es kostete sie alle Kraft, keinen Triumph in ihren Augen aufblitzen zu lassen, als sie ihn sagen hörte: »Was mach ich jetzt, zum Henker!?«
Sie hatte den Plan längst gefasst. Nun eröffnete sie ihn dem Mann neben sich, als sei er ihr gerade eingefallen. Sie hörte sich reden, und sie sah ihn nicken und wusste, dass sie nun endgültig auf der Seite der Dunkelheit angekommen war, denn sie hatte es geschafft, den Meister der Finsternis zu übertölpeln.
19.
IN DER ALTENBURG
Der Stammsitz von Graf Rudolf von Habisburch, die Altenburg auf ihrem Felssporn nördlich von Brugg, war auf den Resten eines römischen Kastells erbaut worden. Erdgeschoss und Kellerräume waren unverändert römischer Bau: wuchtige portici , aus großen, rechteckigen Steinen zusammengefügt, ein Bau für die Ewigkeit. Die römischen Festungsbauer hatten ihr Handwerk verstanden. Es war kein großer Trost, wenn man in einem Keller unterhalb des alten Turms hockte und langsam verrottete.
Die Gegenwart von Rogers’ Zellengenossen trug auch nicht zu seinem Wohlbefinden bei. Das Ding, das an seinem Gürtel an einem der eisernen Wandringe hing, hatte sich anhand seines Waffenrocks als jemand aus dem Hause Staleberc identifizieren lassen. Rogers hatte den Verdacht, es handle sich um Hertwigs Vater. Gesichtszüge ließen sich an der Horrorgestalt keine mehr erkennen. Wer der andere Unselige war, wusste Rogers hingegen nur zu gut. Bevor der Mann gestorben war, hatte er etwas in die Zellenwand zu ritzen versucht; auch er hatte dazu seinen Gürtel verwendet, in seinem Fall die metallene Spitze am Ende des Dupsing. Es schien, dass den Gefangenen hier bewusst der Gürtel gelassen wurde, damit sie ihren Wächtern die Mühe ersparten, ihnen beim Lebendigbegrabensein zuzusehen. Rogers hatte nicht vor, seinen in der Weise zu benutzen, wie es der alte Staleberc getan hatte. Guilhelm de Soler hatte es nicht tun können .
Herr Gott, Licht des Himmels, vergib mir! , hatte Guilhelm in Occitan in die Wand geritzt. Er hatte den Ausweg des Selbstmords nicht genommen, weil seine Beine ihn nicht hatten tragen können. Auch sein totes Gesicht erinnerte kaum mehr an den Mann, der Rogers in seinem Zelt an der Straße in Terra Sancta gegenübergesessen und das Entsetzen über seine eigene Korruption mit Zynismus bemäntelt hatte. Die trockene, zugige Luft in der Zelle hatte beide Leichname mumifiziert. In Guilhelms Fall war all sein Körperfett geronnen wie Wachs und hatte sich nach unten abgesetzt. Er hatte auf dem Rücken gelegen, als Rogers ihn in einer Ecke des geräumigen Verlieses gefunden hatte; aus einem strahlenförmigen Netz von Längsfalten hatten die Gesichtszüge eines jüngeren, schlankeren Guilhelm herausgeblickt, als hätte jemand dünnes Wachstuch auf sein Gesicht gelegt und dann straff nach unten gespannt. Der alte Staleberc war schwarz geworden; Guilhelm war fast weiß, ein Gespenst, dessen Leichentuch die eigene überdehnte Haut war. Es hatte keinen Aasgeruch gegeben. Nicht einmal in dieser Hinsicht schien das Schicksal geneigt, irgendetwas von Graf Staleberc oder Guilhelm de Soler als Erinnerung in der Welt zurückzulassen.
Rogers hatte den Erhängten abgenommen und zu Guilhelm in dessen Ecke gelegt. Der Leichnam war erschreckend leicht gewesen. Danach hatte er sich vorgenommen, auf keinen Fall so zu enden. Er bekam zu essen; er bekam zu trinken. Beides war genießbar, und dass die Wachen wie sonst üblich in den Haferbrei gespuckt oder gewichst hätten, war zumindest vom Augenschein her oder am Geschmack nicht zu erkennen. Er saß nicht im Dunkeln – der Raum war ursprünglich nicht als Verlies gedacht gewesen und besaß hoch oben angebrachte Fensteröffnungen; allerdings zu klein, als dass er mehr hätte tun können, als den Kopf hinauszustrecken, selbst wenn er irgendwie an der Wand entlang nach oben gelangt wäre. Rogers war klar, dass man ihn aufsparte, bis jemand Bestimmter eintraf, auch wenn al-Mala’ika – Hochwürden Gabriel – sich nicht mehr bei ihm
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