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Die Pforten Des Hades

Die Pforten Des Hades

Titel: Die Pforten Des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Generäle.«
    Crassus kräuselte die Lippen, als wäre sein Wein sauer geworden. »Die ganze Affäre ist pervers! Die Vorstellung, daß es so weit kommen konnte, daß ich im Streben nach Ruhm gegen einen Sklaven, einen Gladiator, antreten muß. Der Senat wird mir nicht einmal einen Triumph gewähren, wenn ich gewinne, ungeachtet der Tatsache, daß Spartacus eine größere Bedrohung für die Republik darstellt, als es Mithridates oder Jugurthaje gewesen sind. Wenn ich Glück habe, geben sie mir einen Siegerkranz. Und falls ich verliere...« Ein Schatten fiel auf sein Gesicht. Er murmelte ein Bittgebet, tauchte die Fingerspitzen in seinen Weinbecher und spritzte die Tropfen über seine Schulter.
    Es schien ein guter Zeitpunkt, das Thema zu wechseln. »Ist sie wahr, die Geschichte über die Meerhöhle, die Dionysius heute Abend erzählt hat?«
    Crassus lächelte wie zuvor beim Abendessen. »Jedes Wort. Oh, vermutlich hat sie im Laufe der Jahre beim häufigen Wiedererzählen ein paar Ausschmückungen erfahren, einen nostalgischen Glanz. Dabei war es in vielerlei Hinsicht eine schreckliche Zeit für mich, elende Monate des angstvollen Wartens. Und der Trauer.« Er schwenkte den Becher und starrte auf seinen Grund. »Es ist schwer für einen jungen Mann, seinen Vater zu verlieren, vor allem durch Selbstmord. Seine Feinde hatten ihn dazu getrieben. Und einen älteren Bruder, der ermordet wurde, nur weil Cinna und Marius entschlossen waren, die besten Familien Roms zu vernichten. Sie hätten den Adel komplett ausgelöscht, wenn sie gekonnt hätten. Den Göttern und vor allem Fortuna sei Dank, daß sich Sulla erhob, um uns zu retten.«
    Er seufzte. »Weißt du, als ich Tage über Tage und Monate über Monate in dieser erbärmlichen Höhle festsaß, habe ich mir jeden Morgen etwas geschworen: Mich werden sie nicht kriegen, sagte ich mir. Sie haben meinen Vater niedergestreckt und meinen Bruder, doch mich werden sie nicht niederstrecken! Und bisher haben sie das auch nicht.«
    Er schwenkte seinen Becher und blinzelte, kniff die Augen fest zusammen und riß sie dann weit auf. Er sah erschöpft aus, aber alles andere als schläfrig. »Ich habe das Richtige getan, ich habe die Gesetze der Religion befolgt. Ich habe die Götter und die Schatten der Toten geehrt. Ich habe die Schulden meines Vaters bezahlt, obwohl es mich fast ruiniert hätte, und ich habe den Kampf um seine Sache weitergeführt, und als sich die Zeiten wieder beruhigt hatten, habe ich die Witwe meines Bruders geheiratet. Ich habe Tertulla aus Frömmigkeit geheiratet, nicht aus Liebe; und trotzdem habe ich diese Wahl nie bereut. Nicht jeder von uns kann sich in billigen Gefühlen suhlen wie Lucius Licinius. Oder Mummius!« Er schnaubte verächtlich. »Jetzt ist Lucius tot, und ich - ich bin der Mann der Stunde, wie Dionysius dir gerne bestätigen wird, oder aber ein Mann, der festen Schrittes und ohne das leiseste Zögern in seinen Untergang durch die Hand eines Sklaven marschiert. Eher würde ich den Verlust all meines Reichtums verschmerzen, als daß man hinter meinem Rücken auf dem Forum tuscheln würde: >Er wurde von einem einfachen Gladiator erniedrigt.<«
    Während ich verlegen auf meinem Stuhl herumrutschte, hielt er inne, um einen Schluck aus seinem Becher zu nehmen. »Du denkst auch, ich sollte die Sklaven verschonen, nicht wahr, Gordianus?«
    »Wenn ich dir beweisen kann, daß sie nicht sterben sollten.«
    Er schüttelte traurig den Kopf. »Alle Menschen müssen sterben, Gordianus. Warum erfüllt sie die Vorstellung mit solchem Grauen? Reichtum und Besitz, Freud und Leid, selbst der Körper - ja, vor allem der Körper -, das alles verschwindet im Brunnen der Zeit. Am Ende zählt nur die Ehre. Die Ehre ist alles, woran sich die Menschen erinnern. Oder die Schande.«
    Diese Sichtweise machte den Unterschied zwischen Adel und gemeinem Volk aus, dachte ich; sie entschuldigte die schrecklichsten Grausamkeiten und übersah die einfachsten Möglichkeiten, fürsorglich oder gnädig zu sein.
    »Doch dein Kommen hatte bestimmt einen Grund«, sagte Crassus, »es sei denn, du wolltest nur lauschen. Hast du mir etwas zu berichten, Gordianus?«
    »Nur daß wir die Leiche eines der beiden vermißten Sklaven gefunden haben.«
    »Ach ja?« Er wölbte eine Braue. »Welchen von beiden?«
    »Den alten Sekretär, Zeno.«
    »Wo war er? Meine Männer haben angeblich jedes Versteck im Umkreis eines Tagesrittes von hier abgesucht.«
    »Er war ganz offen zu sehen. Oder das, was

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