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Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Frauen.«
    »Ich nicht!«, behauptete Rincewind. »Bei Frauen ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie bewaffnet sind.«
    »Doch, du hast Angst«, beharrte die Königin und kam näher. »Ich frage mich, was du dir tief in deinem Innern wünschst.«
    Zum Beispiel nicht hier zu sein, dachte Rincewind.
    »Und ich frage mich, was ich dir geben könnte«, sagte die Königin. Sie strich ihm über die Wange.
    »Jeder weiß, dass alle Dinge, die man von Elfen bekommt, am nächsten Morgen verschwunden sind«, sagte Rincewind und zitterte.
    »Viele Dinge sind vergänglich und doch sehr angenehm.« Die Königin schob sich noch etwas näher. »Was möchtest du , Rincewind?«
    Er schauderte und konnte nicht lügen.
    »Kartoffeln«, sagte er.
    »Knollenförmiges Gemüse?«, fragte die Elfenkönigin und runzelte verwirrt die Stirn.
    »Ja. Kartoffeln. Es gibt sie auf einem der anderen Kontinente, aber sie sind nicht unbedingt das, was ich ›Kartoffeln‹ nennen würde. Ponder Stibbons meinte, wenn wir den Dingen ihren Lauf lassen, bringt man sie zwar irgendwann hierher, aber wenn man sie schließlich verbessert und zu richtigen Kartoffeln gemacht hat, steht das Ende der Welt bevor. Deshalb bringen wir die Kreativität der Leute in Schwung.«
    »Das ist alles? Deshalb gebt ihr Zauberer euch solche Mühe mit den Leuten? Um die Weiterentwicklung einer Gemüsesorte zu beschleunigen?«
    »Es ist das Gemüse überhaupt«, betonte Rincewind. »Wenn du’s genau wissen willst: Meiner Ansicht nach ist die Kartoffel die Krone der Gemüseschöpfung. Es gibt Bratkartoffeln, in Schale gebackene Kartoffeln, Pellkartoffeln, Salzkartoffeln, Röstkartoffeln, Kartoffeln mit Curry …«
    »Wegen einer dummen Knolle?«
    »… Kartoffelsuppe, Kartoffelsalat, Pfannkuchen …«
    »All dies für etwas, das nicht einmal Tageslicht sieht!«
    »… Kartoffelbrei, Pommes frites, gefüllte Kartoffeln …«
    Die Elfenkönigin versetzte Rincewind eine Ohrfeige. Truhe stieß ihr von hinten an die Beine. Sie wusste nicht genau, was hier vor sich ging. Manche Dinge, die Menschen anstellten, konnten falsch interpretiert werden.
    »Glaubst du nicht, dass ich dir etwas Besseres geben könnte als eine Kartoffel?«, fragte die Königin.
    Rincewind musterte sie verwirrt.
    »Meinst du vielleicht saure Sahne mit Schnittlauch?«, erwiderte er.
    Etwas fiel aus Rincewinds Manteltasche, als er sich voller Unbehagen bewegte. Die Königin griff danach.
    »Was ist das?«, fragte sie. »Überall zeigt sich Schrift!«
    »Es ist nur ein Skript«, sagte Rincewind und dachte noch immer an Kartoffeln. »Die Geschichte für ein Bühnenstück«, fügte er hinzu. »Nichts Wichtiges. Leute schnappen über und werden getötet, was in der Art. Und ein Glühwürmchen.«
    »Ich kenne das Skript! Es stammt aus der Zukunft dieser Welt. Warum hast du es bei dir getragen? Hat es etwas Besonderes? Ha, kommen vielleicht Kartoffeln darin vor?«
    Die Königin blätterte, als könnte sie lesen.
    »Dies muss wichtig sein!«, schnappte sie. Und verschwand.
    Ein einzelnes Blatt sank zu Boden.
    Rincewind bückte sich und hob es auf. Dann rief er enttäuscht in die Leere: »Ich schätze, eine Tüte Kartoffelchips kommt nicht in Frage, wie?«

SECHSUNDZWANZIG
    Lügen für Schimpansen
    Eine zentrale Eigenschaft der menschlichen Extelligenz ist die Fähigkeit, sich in den Geist einer anderen Person zu versetzen, zu erraten, wie die Welt aus ihrer Sicht aussieht. Ebendaran versucht Rincewind die Elfenkönigin zu hindern. Wir können nicht absolut exakt erraten, was in anderen vorgeht; das wäre Telepathie, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmöglich ist, da jedes Hirn anders geschaltet ist und daher das Universum auf seine eigene Weise darstellt. Doch wir sind im Laufe der Entwicklung ziemlich gut im Raten geworden.
    Diese Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, hat viele vorteilhafte Folgen. Eine davon ist, dass wir andere Menschen als Menschen anerkennen, statt sie als Automaten zu betrachten. Wir erkennen, dass sie einen Geist haben, dass ihnen das Universum ebenso wirklich und lebhaft erscheint wie uns, doch dass die lebhaften Dinge, die sie wahrnehmen, nicht dieselben zu sein brauchen wie die von uns wahrgenommenen. Wenn intelligente Wesen ohne allzu viel Reibung miteinander auskommen sollen, ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass andere Mitglieder unserer Spezies ein inneres geistiges Universum besitzen, das über ihre Handlungen gebietet wie unser

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