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Die Philosophen der Rundwelt

Die Philosophen der Rundwelt

Titel: Die Philosophen der Rundwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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»Wer ist der Boss?«
    Rincewind sah auf, drehte sich dann halb um und zog seinen Hut aus einer großen Hand.
    »Niemand von ihnen«, sagte er. »Lass die Finger von den Pailletten!«
    »Hast du ihre Sprache gelernt?«
    »Das kann ich nicht! Weil sie gar keine haben! Sie zeigen und treten nur! Das ist mein Hut , herzlichen Dank!«
    »Wir haben gesehen, wie du herumgegangen bist«, sagte Ponder. »Dabei hast du bestimmt etwas herausgefunden, oder?«
    »Oh, ja«, erwiderte Rincewind. »Folgt mir, dann zeige ich es euch – gib mir meinen Hut!«
    Er hielt seinen Hut, der inzwischen einige Pailletten eingebüßt hatte, mit beiden Händen auf dem Kopf fest und führte die Zauberer zu einer großen Lagune auf der anderen Seite des Dorfes. Ein Flussarm reichte hindurch; das Wasser war kristallklar.
    »Seht ihr die Muscheln?« Rincewind deutete auf einen großen Haufen nicht weit vom Strand entfernt.
    »Süßwasser-Miesmuscheln«, sagte Ridcully. »Sehr nahrhaft. Nun?«
    »Es ist ein recht großer Haufen, nicht wahr?«
    »Na und?«, erwiderte Ridcully. »Auch ich esse gern Miesmuscheln.«
    »Seht ihr den Hügel dort drüben am Ufer? Den grasbewachsenen? Und den dahinter, mit den Büschen und Bäumen? Und … Habt ihr gemerkt, dass dieser ganze Bereich höher liegt als die angrenzenden Gebiete? Wenn ihr den Grund dafür wissen wollt … Ihr braucht nur den Boden beiseite zu kratzen. Überall liegen Miesmuscheln, bis ganz nach unten! Diese Leute leben schon seit vielen Jahrtausenden hier!«
    Die großen Leute waren ihnen gefolgt und beobachteten sie mit verständnislosem Interesse – das war ihr normaler Gesichtsausdruck. Einige von ihnen wateten ins Wasser und suchten nach Miesmuscheln.
    »Das sind ziemlich viele Schalentiere«, sagte der Dekan. »Ganz offensichtlich unterliegen sie keinem Tabu.«
    »Ja, und das ist überraschend, denn diese Burschen scheinen mit ihnen verwandt zu sein«, erwiderte Rincewind müde. »Ihre steinernen Werkzeuge taugen nichts, und sie können keine richtigen Hütten bauen. Sie sind nicht einmal imstande, Feuer zu machen.«
    »Aber wir haben doch eins gesehen!«
    »Oh, sie benutzen das Feuer«, sagte Rincewind. »Sie warten, bis ein Blitz in einen Baum schlägt oder das Gras entzündet. Und dann bewahren sie es über Jahre hinweg. Glaubt mir, ich musste viel schnaufen und zeigen, um das herauszufinden. Und sie haben keine Vorstellung von Kunst. Ich meine, ihr wisst schon … Bilder. Ich habe das Bild einer Kuh in den Boden geritzt, und die Leute schienen verwirrt zu sein. Ich glaube, sie sahen einfach nur … Linien.«
    »Vielleicht malst du keine guten Kuhbilder«, vermutete Ridcully.
    »Sieh dich um«, erwiderte Rincewind. »Keine Perlen, keine Farbe im Gesicht, kein Schmuck. Man muss nicht besonders hoch entwickelt zu sein, um eine Halskette aus Bärenklauen anzufertigen. Selbst Höhlenbewohner können malen. Hast du die Höhlen von Überkich gesehen? Büffel und Mammuts, so weit der Blick reicht.«
    »Ich muss sagen, es ist dir erstaunlich schnell gelungen, eine gute Beziehung mit den Leuten herzustellen«, meinte Ponder.
    »Ich bin immer gut darin gewesen, andere Leute zu verstehen – um zu erkennen, wann man besser die Flucht ergreifen sollte«, sagte Rincewind.
    »Aber du musst doch nicht immer fliehen, oder?«
    »Doch, natürlich. Und es ist wichtig, den richtigen Augenblick zu erkennen. Ah, dies ist Ug«, sagte Rincewind, als ihn ein weißhaariger Mann mit einem dicken Finger anstieß. »So heißen auch alle anderen.«
    Der gegenwärtige Ug deutete zu den Muschelbergen.
    »Offenbar möchte er, dass wir ihn begleiten«, sagte Ponder.
    »Vielleicht«, räumte Rincewind ein. »Oder er zeigt dorthin, wo er zum letzten Mal einen sehr zufrieden stellenden Stuhlgang hatte. Siehst du, wie sie uns alle beobachten?«
    »Ja.«
    »Siehst du ihren seltsamen Gesichtsausdruck?«
    »Ja.«
    »Fragst du dich, was sie denken?«
    »Ja.«
    »Nichts. Glaub mir. Der Gesichtsausdruck bedeutet, dass sie auf den nächsten Gedanken warten.«
    Jenseits der Muschelberge gab es einen kleinen Weidenwald, und in seiner Mitte befand sich ein viel älterer Baum, beziehungsweise seine Reste. Er war in zwei Teile gespalten, abgestorben und halb verbrannt.
    Der weißhaarige Ug folgte den Zauberern noch ein wenig, während der Rest des Stammes zurückblieb.
    Etwas knackte unter Rincewinds Füßen. Er senkte den Blick und bemerkte einen gelblichen Knochen, der den Fluchtreflex in ihm stimulierte. Dann sah er die kleinen

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