Die Philosophen der Rundwelt
differenziert, wie sich die Hunderassen aus einer Art Wolf herausbildeten (oder vielleicht war es ein Schakal).
Diese Art rascher Differenzierung ist eine Standardgeschichte der Evolution und heißt »adaptive Radiation«. »Radiation« bedeutet Ausbreitung, und »adaptiv« bedeutet, dass sich die Organismen während der Ausbreitung verändern , indem sie sich an neue Umwelten anpassen – und insbesondere an die Veränderungen, die ihre eigene adaptive Radiation mit sich gebracht hat. Das geschah mit den »Darwinfinken«, als eine kleine Gruppe von Finken einer einzigen Art auf die Galapagos-Inseln gelangte und sich binnen weniger Millionen Jahre in dreizehn verschiedene Arten aufspaltete, plus eine vierzehnte auf den Cocos-Inseln. (Wir fragen uns, wie die Legende vom Vierzehnten Finken aussehen könnte.) Ein weiteres, wohlbekanntes Beispiel ist das breite Spektrum von Buntbarschen, die sich im Laufe der letzten halben Million Jahre im Victoriasee diversifiziert hatten. Sie brachten Varianten für die Welsnische hervor, für den Plankton-Filterer, für den allgemeinen Abfallfresser; sie entwickelten sich zu Arten mit großen Brechzähnen, um Muschelschalen zu knacken, Arten, die sich darauf spezialisierten, die Schuppen oder Flossen anderer Fische abzufressen, und Arten, die darauf spezialisiert waren, die Augen anderer Fische zu fressen. Ja, wirklich: Als Fische dieser Art gefangen wurden, hatten sie nichts im Magen als lauter Augen. Diese Buntbarsche wiesen Größen von ein paar Zentimetern bis zu einem halben Meter auf. Die ursprüngliche, in Flüssen lebende Art Haplochromis burtoni , von der sie alle abstammten, erreicht eine Länge von 10 bis 12 Zentimetern.
Merkwürdigerweise war die genetische Streubreite dieser Fische ziemlich gering, wenn man das Spektrum ihrer Morphologie und Verhaltensweisen bedenkt: etwa ebenso breit wie bei den aus Afrika gekommenen Menschen, aber schmaler als bei den Menschen in Afrika. Zumindest erhält man dieses Ergebnis anhand einiger plausibler Methoden, die genetische Vielfalt abzuschätzen.
Zum zweiten Teil dieser Geschichte gehört fast immer die Ausrottung: Mitunter kommt es vor, dass eine der neuen Arten einen neuen und erfolgreichen Trick entwickelt hat und überlebt, während die anderen untergehen. Üblicherweise naht das Ende jener spezialisierten, durch adaptive Radiation entstandenen Fische dann, wenn ein spezialisierter Profi – etwa ein Wels, dessen Vorfahren sich seit zwanzig Millionen Jahren von Abfall ernähren – die Bühne betritt und den als Amateur-Wels agierenden Buntbarsch verdrängt. In diesem Fall war es leider kein friedlicher Wels, sondern der Nilbarsch, ein spezialisierter Raubfisch von alter Abstammung. Der Nilbarsch hat inzwischen mit der Artenexplosion der Buntbarsche im Victoriasee nahezu vollständig aufgeräumt, weshalb die vorangehende Passage in der Vergangenheitsform steht.* [* Im Malawi- und im Tanganyika-See gibt es noch die Buntbarscharten; Ihr Laden für tropische Fische dürfte Vertreter davon haben.] Die meisten Überreste jener glorreichen Radiation der Buntbarsche sind jetzt bei ein paar Hobby-Aquarianern zu finden, die ein paar seltsame Buntbarscharten halten, und im Geoffrye-Museum in London, welches zufällig eines der breitesten Spektren von Buntbarschen besitzt und jetzt von öffentlichen Institutionen unterstützt wird. Wir wissen aber noch nicht, ob nicht vielleicht eine der Buntbarsch-Varianten im Victoriasee einen Trick gefunden hat, sogar den Nilbarsch zu überleben.
Es ist schwer vorauszusagen, welcher Nilbarsch kommen wird, um die gegenwärtige Vielfalt des Homo sapiens zurückzustutzen. Mit etwas Glück wird es unsere eigene Neigung zur Rassenmischung sein, von Fluglinien unterstützt und entgegen den Ratschlägen unserer Priester. Vielleicht werden wir uns alle zu einem ziemlich vielfältigen Typus vermischen. Oder vielleicht werden es Außerirdische wie in »Independence Day« sein, darauf aus, die Galaxis zu erobern. Oder auch tüchtigere, die elementare Virenschutz-Software besitzen.
Waren wir der Nilbarsch für die Neandertaler? Was war das Besondere an uns, womit sie nicht konkurrieren konnten? In einem Leitartikel in Astounding Science Fact and Fiction hat John W. Campbell die Hypothese dargelegt, dass wir uns seit frühester Zeit selbst selektiert haben, ziemlich nach Art der Elfen. Campbell schrieb seine Idee dem Anthropologen des 19. Jahrhunderts Lewis Morgan zu, doch der größte Teil der Geschichte
Weitere Kostenlose Bücher